Leipziger Forscherinnen bringen Chemikalienproduktion für Biogasanlagen auf Pilotmaßstab
Wie lassen sich Chemikalien für die Bioökonomie im großen Maßstab aus regionalen Reststoffen erzeugen? Dieser Frage geht ein Forscherteam des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) sowie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zusammen mit Industriepartnern im neu gestarteten Projekt „CapUp“ nach. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Vorhaben soll ein bereits entwickeltes Verfahren zur Gewinnung von Capron- und Caprylsäure für die chemische Industrie an einer Multi-Purpose-Demonstrationsanlage skalieren.
Mittelkettige Carbonsäuren wie Capron- und Caprylsäure sind hochwertige Spezialchemikalien mit einem sehr breiten Anwendungsspektrum im Schmiermittelsektor, in Pharmaka, Kosmetika, Futter- oder Lebensmitteln. Derzeit werden sie vor allem aus Palmkern- und Kokosöl gewonnen, in denen sie jedoch in nur geringer Konzentration enthalten sind. Eine umweltfreundlichere, alternative Herstellungsweise stellt die Produktion mittels anaerober Fermentation aus agroindustriellen Abfällen und Reststoffen dar.
Das vom DBFZ und UFZ gemeinsam entwickelte Verfahren basiert auf einem anaeroben Fermentationsprozess, in dem komplexe Substrate ohne kostenintensive Vorbehandlung eingesetzt werden können. Diesem Prozess folgt eine Abtrennungs- und Aufreinigungskaskade, welche die Gewinnung der mittelkettigen Fettsäuren aus der Fermentationsbrühe zum Ziel hat. Anschließend können die Produkte, je nach Anwendungsfeld, zu unterschiedlichen chemischen Verbindungen (z. B. Estern) weiterverarbeitet werden.
Im vom BMKW (Förderprogramm Industrielle Bioökonomie/Projektträger: VDI Technologiezentrum GmbH) geförderten Vorhaben „CapUp“ soll als nächster Schritt die Demonstration des Verfahrens an einer Multi-Purpose-Anlage des DBFZ auf TRL 5-6 (Technology Readyness Level) skaliert und die erzeugten Mustermengen in umfangreichen Produkttests untersucht werden. Neben dem DBFZ und dem UFZ sind als Industriepartner die GNS – Gesellschaft für Nachhaltige Stoffnutzung mbH (Koordinator) sowie BALANCE Erneuerbare Energien GmbH, VNG AG, FUCHS Lubricants Germany GmbH und die Kelterei Sachsenobst GmbH am Forschungsvorhaben beteiligt. Mit dem vorgestellten Verfahren kann die Produktpalette von Biogasanlagen entscheidend erweitert und eine zusätzliche Wertschöpfung generiert werden. Dies bietet Betreibenden von Biogasanlagen neue Geschäftsmodelle, die helfen, die Anlagen auch in Zukunft wirtschaftlich zu betreiben.
Das zugrundeliegende Verfahren zur Produktion der Fettsäuren Capron- und Caprylsäure aus regionaler Biomasse basiert auf dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Vorhaben „Bio-basierte Capron- und Caprylsäure – Herstellung, Aufreinigung, Vermarktungsstrategie – CapAcidy“ (FKZ: 031B0389). Für ihre Entwicklung des Prozesses wurden die Wissenschaftlerinnen Maria Braune (DBFZ) und Dr. Heike Sträuber (UFZ) im Jahr 2019 bereits mit dem Biogas-Innovationspreis der Deutschen Landwirtschaft ausgezeichnet.
Smart Bioenergy – Innovationen für eine nachhaltige Zukunft
Das Deutsche Biomasseforschungszentrum arbeitet als zentraler und unabhängiger Vordenker im Bereich der energetischen und stofflichen Biomassenutzung an der Frage, wie die begrenzt verfügbaren Biomasseressourcen nachhaltig und mit höchster Effizienz und Effektivität zum bestehenden und zukünftigen Energiesystem beitragen können. Im Rahmen der Forschungstätigkeit identifiziert, entwickelt, begleitet, evaluiert und demonstriert das DBFZ die vielversprechendsten Anwendungsfelder für Bioenergie und die besonders positiv herausragenden Beispiele gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Mit der Arbeit des DBFZ soll das Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen einer energetischen und integrierten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe in einer biobasierten Wirtschaft insgesamt erweitert und die herausragende Stellung des Industriestandortes Deutschland in diesem Sektor dauerhaft abgesichert werden – www.dbfz.de.