Endenergieverbrauch soll bis 2030 um 11,7 Prozent sinken

EU-Energieeffizienzrichtlinie: Brüssel entscheidet, Bundesregierung muss liefern – DENEFF: Regierung muss nachschärfen

In den frühen Morgenstunden des 10.03.2023 einigten sich EU-Kommission, Rat und Parlament auf eine gemeinsame Position zur Revision der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED). Kernergebnisse sind ein Energieeinsparziel von -11,57 bis 2030 (gegenüber einer Referenzentwicklung) sowie eine Anhebung der jährlichen Einsparverpflichtungen auf etwa 1,5 %, deren Erfüllung die Mitgliedstaaten durch zielgerichtete Energieeffizienzpolitiken nachweisen müssen. Zudem soll über Kontrollrechte der EU-Kommission sichergestellt werden, dass die Anstrengungen der Mitgliedstaaten ausreichend sind. Andernfalls kann die Kommission weitere Maßnahmen von ihnen einfordern – so eine eine Medienmitteilung der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. – DENEFF.

Aufkleber „Energieeffizienz“ – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Zuvor hatten sich angesichts der gestiegenen Energiepreise und der Lieferkrise zuvor das Parlament und die Kommission für ambitionierte Energieeinsparbemühungen in Europa ausgesprochen. Die Bundesregierung wird nun bei dem am 16.02.2023 von Bundeskanzler Scholz versprochenen Energieeffizienzgesetz nochmal nachschärfen müssen. Es führe für die Bundesregierung laut DENEFF-Vorstand Christian Noll jetzt kein Weg mehr an einem ambitionierten Energieeffizienzgesetz mit verbindlichen nationalen Einsparzielen und zielorientierten Maßnahmen vorbei: „Wenn die Bundesregierung es jetzt nicht endlich hinbekommt, das vom Bundeskanzler vor Monaten angekündigte, ambitionierte Energieeffizienzgesetz auf den Weg zu bringen, wird es peinlich. Die für 2020 gesetzten ambitionierten Ziele wurden hart gerissen. Den Preis dafür zahlen jetzt Bevölkerung und Wirtschaft in Form unnötig hoher Energiekosten. Als größter Energieverbraucher in Europa muss Deutschland sich an die Spitze stellen, damit die EU gemeinsam unabhängiger von Energieimporten wird und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärkt.“

Das EU-Parlament hatte im letzten Herbst mit überwältigender Mehrheit für deutlich höhere Einsparungen und ambitioniertere Maßnahmen als von der Kommission vorgeschlagen votiert. Jeder Prozentpunkt Energie, den die EU bis 2030 einspart, vermeide den Import fossiler Energien im Wert von mehr als 3 Milliarden Euro, senke die Energierechnungen der Haushalte um knapp 10 Mrd. Euro, die Treibhausgasemissionen um jeweils 0,8% und stärke gleichzeitig das Bruttoinlandsprodukt um rund 8 Mrd. Euro, wie das Brüsseler Verbändebündnis Coalition for Energy Savings ausgerechnet hat.

Im Wortlaut: Europäischer Rat – Rat der Europäischen Union – Pressemitteilung vom 10.03.2023: Einigung über Energieeffizienz-Richtlinie

Die Verhandlungsführer der Ratspräsidentschaft und des Europäischen Parlaments haben heute (10.03.2023) eine vorläufige politische Einigung erzielt, um den Endenergieverbrauch auf EU-Ebene bis 2030 um 11,7 % zu senken. Die Mitgliedstaaten werden bei der Erreichung dieses Ziels von einer gewissen Flexibilität profitieren.

Hauptziel: Senkung des Endenergieverbrauchs bis 2030 um 11,7 %

Die Mitgliedstaaten müssen gemeinsam dafür sorgen, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 11,7 % sinkt, verglichen mit den Energieverbrauchsprognosen für 2030 aus dem Jahr 2020. Dies bedeutet eine Obergrenze für den Endenergieverbrauch der EU von 763 Millionen Tonnen Öläquivalent und von 993 Millionen Tonnen Öläquivalent für den Primärverbrauch. Die Verbrauchsobergrenze für den Endenergieverbrauch wird für die Mitgliedstaaten insgesamt verbindlich sein, während das Ziel für den Primärenergieverbrauch indikativ ist. Der Endenergieverbrauch entspricht der von den Endverbrauchern verbrauchten Energie, während der Primärenergieverbrauch auch die für die Energieerzeugung und -versorgung verwendete Energie umfasst.

Nationale Beiträge und Schließung von Lücken

Der Rat und das Parlament haben sich darauf geeinigt, dass alle Mitgliedstaaten zur Erreichung des EU-Gesamtziels beitragen werden, indem sie in ihren integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen (NECP) indikative nationale Beiträge und Zielpfade festlegen. Aktualisierte NECP sind in den Jahren 2023 und 2024 fällig.

Die Formel für die Berechnung der nationalen Beiträge zur Erreichung des Ziels (definiert in Anhang I des Vorschlags) wird indikativ sein, wobei die Möglichkeit besteht, um 2,5 % von ihr abzuweichen. Die Kommission wird berechnen, ob alle Beiträge das Ziel von 11,7 % erreichen, und, falls dies nicht der Fall ist, Korrekturen an den nationalen Beiträgen vornehmen, die niedriger sind, als sie bei Anwendung der Formel gewesen wären (der so genannte Lückenfüllungsmechanismus). Die Formel basiert unter anderem auf der Energieintensität, dem Pro-Kopf-BIP, der Entwicklung der erneuerbaren Energien und dem Energieeinsparpotenzial.

Energieeinsparungen

Der Rat und das Parlament einigten sich darauf, das jährlichen Energieeinsparungsziel für den Endenergieverbrauch von 2024 bis 2030 schrittweise anzuheben. Die Mitgliedstaaten werden in diesem Zeitraum neue jährliche Einsparungen von durchschnittlich 1,49 % des Endenergieverbrauchs gewährleisten, die bis zum 31. Dezember 2030 schrittweise auf 1,9 % steigen sollen.

Die Mitgesetzgeber haben sich darauf geeinigt, dass die Mitgliedstaaten bei der Berechnung des Ziels Energieeinsparungen anrechnen können, die durch politische Maßnahmen im Rahmen der derzeitigen und der überarbeiteten Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, durch Maßnahmen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (für Anlagen sowie für Gebäude und Verkehr) und durch Maßnahmen im Bereich der Notstromversorgung erzielt wurden.

Der öffentliche Sektor geht mit gutem Beispiel voran

Der Rat und das Parlament einigten sich auf eine spezifische Verpflichtung für den öffentlichen Sektor, den Energieverbrauch jährlich um 1,9 % zu senken, wobei der öffentliche Verkehr und die Streitkräfte ausgenommen werden können. Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, jedes Jahr mindestens 3 % der gesamten Nutzfläche von Gebäuden im Besitz öffentlicher Einrichtungen zu renovieren.

Die nächsten Schritte

Die heute erzielte vorläufige politische Einigung wird zunächst dem Ausschuss der Ständigen Vertreter im Rat und dem ITRE-Ausschuss des Parlaments zur Genehmigung vorgelegt. Die Richtlinie muss dann vom Parlament und anschließend vom Rat formell angenommen werden, bevor sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und in Kraft treten kann.

Hintergrund

Der Vorschlag zur Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie befasst sich zusammen mit anderen Vorschlägen mit den Energieaspekten des EU-Klimawandels im Rahmen des Pakets „Fit for 55„. Die Kommission hat das „Fit for 55“-Paket am 14.07.2021 vorgelegt. Dieses Paket zielt darauf ab, den Klima- und Energierechtsrahmen der EU an das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 und an das Ziel der Verringerung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030 im Vergleich zu den Werten von 1990 anzupassen. Das Paket besteht aus einer Reihe von miteinander verbundenen Vorschlägen, die entweder bestehende Rechtsvorschriften ändern oder neue Initiativen in einer Reihe von Politikbereichen und Wirtschaftssektoren einführen.

Darüber hinaus schlug die Kommission im Rahmen des REPowerEU-Plans am 18.05.2022 eine Reihe zusätzlicher gezielter Änderungen an der Energieeffizienzrichtlinie vor, um den jüngsten Veränderungen in der Energielandschaft Rechnung zu tragen. Die Elemente des Vorschlags wurden in den interinstitutionellen Verhandlungsprozess zwischen dem Rat und dem Parlament integriert.

Die aktuelle Energieeffizienzrichtlinie, die seit Dezember 2018 in Kraft ist, setzt das Ziel, sowohl den Primär- als auch den Endenergieverbrauch bis 2030 auf EU-Ebene um 32,5 % zu senken, verglichen mit den Energieverbrauchsprognosen für 2030 aus dem Jahr 2007.

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