PIK: Noch lange zu wenig E-Fuels

Nicht genug für Luftverkehr, Schifffahrt und Chemie

Um die aktuelle Debatte um E-Fuels voranzubringen, haben Forschende vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Daten zum weltweiten Stand von E-Fuel-Projekten analysiert und diese in einem Analyse-Papier zusammengetragen. Dazu PIK-Forscher Falko Ueckerdt: „E-Fuels sind wahrscheinlich noch lange knapp. Selbst wenn der Markthochlauf so schnell passiert wie beim Wachstumschampion Solar-Photovoltaik, würde das globale Angebot in 2035 nicht einmal ausreichen um die unverzichtbaren deutschen Bedarfe für Luftverkehr, Schifffahrt und Chemie zu decken.”

Hier werden E-Fuels gebraucht: Flugzeugbetankung – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

E-Fuels sind heute noch nicht kommerziell verfügbar. Bisher gibt es weltweit nur sehr wenige Demonstrationsanlagen. Bis 2035 sind derzeit etwa 60 neue E-Fuel-Projekte angekündigt, von denen nur etwa 1 Prozent mit einer finalen Investitionsentscheidung gesichert sind. Alle diese weltweiten Projekte entsprächen zusammen nur etwa 10 % der unverzichtbaren E-Fuel-Bedarfe Deutschlands. Die Politik hat mit verpflichtenden Quoten für E-Fuels im Flug- und Schiffsverkehr eine Stellschraube, um den E-Fuel-Markthochlauf zu beschleunigen.

E-Fuels – Aktueller Stand und Projektionen

E-Fuels (auch Elektro-Fuels) sind strombasierte synthetische Kohlenwasserstoffe und nahezu baugleich mit gasförmigen oder flüssigen fossilen Energieträgern. Im Unterschied zu synthetischen Biokraftstoffen, stammt die Energie im E-Fuel aus einer Stromquelle wie einer Windkraft- oder Solar-PV-Anlage. Das Herzstück der Produktion von E-Fuels ist die chemische Reaktion von grünem Wasserstoff mit Kohlenstoffdioxid1 (CO2) unter Druck und Hitze. E-Fuels sind nur dann klimaneutral, wenn der Wasserstoff aus emissionsfreiem Strom hergestellt wurde und das CO2 aus der Atmosphäre stammt, um einen geschlossenen Kreislauf sicherzustellen (Ueckerdt et al., 2021). Atmosphärisches CO22 kann entweder aus biogenen Quellen wie Biogasanlagen kommen oder mit einer Anlage zur CO2-Luftabscheidung (Direct-Air-Capture) direkt aus der Umgebungsluft gefiltert werden.

Aktueller Stand von E-Fuels

Bisher gibt es nur sehr wenige Anlagen zur E-Fuel-Produktion weltweit. Dazu gehören einerseits Forschungsanlagen und Reallabore wie das Energy Lab 2.0 (KIT) in Karlsruhe, in denen die zugrundeliegenden Prozesse weiterentwickelt werden – und andererseits Demonstrationsanlagen wie die im Dezember 2022 eröffnete Anlage „Haru Oni“ in Chile (Patagonien), in der nur bis zu 350 Liter E-Fuels am Tag produziert werden können. Flüssige E-Fuels (Power-to-Liquid, PtL) sind unverzichtbar für den Klimaschutz, da in einigen Sektoren und Anwendungen andere Optionen an technische Grenzen stoßen. Große Teile des Flug- und Schiffsverkehrs lassen sich aufgrund der hohen notwendigen Energiedichten nicht direkt elektrifizieren. Die petrochemische Industrie ist auf Kohlenwasserstoffe als Rohstoff angewiesen – vor allem für die Produktion von Kunststoffen. In Zukunft müssen diese Bedarfe neben Biomasse und Recycling-Kunststoffen auch aus E-Fuels wie synthetischem E-Naphtha oder E-Methanol gedeckt werden. Diese Mengen sind so groß wie die Kraftstoffnachfrage aller Pkw.

Es gibt Unsicherheiten, aber auch Erfahrungen, wie schnell der Markthochlauf von Energietechnologien passieren kann. Historisch war Solar-PV mit globalem Wachstum von 40-65 % pro Jahr die erfolgreichste Energietechnologie (Odenweller et al., 2022). Unter der Annahme, dass E-Fuels über die aktuellen Ankündigungen hinaus genauso schnell wachsen wie Solar-PV, entspräche das gesamte globale Angebot7 in 2035 höchstens etwa 50 % der unverzichtbaren Bedarfe für Deutschland.

Der E-Fuel-Markthochlauf wird durch hohe Kosten und fehlende Investitionssicherheit gehemmt.

E-Fuels aus den ersten Demonstrationsanlagen sind nicht für die kommerzielle Nutzung gedacht. Aus den Investitionen der Pilotanlage in Chile (Haru Oni, ~74 Mio. Dollar) würden sich Kosten von etwa 50 EUR pro Liter E-Fuel ergeben. Sobald sich die Produktion von E-Fuels in industriellem Maßstab mit Direct-Air-Capture etabliert, können sich zunächst Produktionskosten von etwa 2 EUR pro Liter einstellen. Das entspricht dem Vierfachen des typischen Großhandelspreises von fossilem Benzin von etwa 0,50 EUR pro Liter. Für Kostenparität mit fossilen Energieträgern wären dann CO2-Preise in der Größenordnung von etwa 1000 EUR/tCO2 notwendig.

Langfristig werden sich wahrscheinlich Produktionskosten von unter einem Euro pro Liter E-Fuel einstellen können. Es besteht jedoch große Unsicherheit über die zeitliche Entwicklung dieser Kostensenkungen, die stark von der Geschwindigkeit des globalen Markthochlaufs der E-Fuel-Produktion abhängen. Eine Voraussetzung sind starke Kostendegressionen bei den Direct-Air-Capture-Technologien. Aktuell fehlt die Investitionssicherheit, um den notwendigen Schritt hin zu großskaligen Anlagen zu gehen. Es bedarf einer aktiven Politik, um den Hochlauf von Direct-Air-Capture und E-Fuels anzuschieben. Dabei benutzen wir nicht die sehr niedrige aktuelle Produktion als Basis, sondern das Jahr 2026, wobei wir annehmen, dass bis dahin 30% aller Ankündigungen eine Investitionsentscheidung bekommen und gebaut werden können. Ohne Steuern, Abgaben und ohne Gewinnmargen der Produzenten.

Politik hat mit E-Fuel-Quoten im Flug- und Schiffsverkehr Stellschraube, um den E-Fuel-Markthochlauf zu beschleunigen.

Verbindliche E-Fuel-Quoten für Anwendungen, die auf E-Fuels angewiesen sind, können eine gesicherte Nachfrage schaffen. Auf dieser Basis können zum Beispiel langfristige Abnahmeverträge geschlossen werden, die Planungs- und Investitionssicherheit für E-Fuel-Produktionsanlagen schaffen.

Deutschland hat bereits eine E-Kerosinquote für den Flugverkehr von 2 % in 2030 implementiert. Die EU-Kommission plant eine Quote für E-Kerosin von 0,7 % in 2030 und 5 % in 2035 (Fit-for-55-Paket) und das EU-Parlament schlägt eine Erhöhung der 2030-Quote auf 2 % vor. Diese Quoten sind eine politische Stellschraube, mit der das E-Fuel-Angebot auch schneller entwickelt werden kann. Eine Erhöhung und eine Erweiterung auf andere Sektoren wie die Schifffahrt oder die Chemieindustrie, die ebenfalls auf E-Fuels angewiesen sind, können den E-Fuel-Hochlauf zusätzlich beschleunigen.

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