Faktencheck: Verbraucher-, Umwelt- und Wirtschaftsverbände klären auf
Die EU-Parlamentsabstimmung zur europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) hat eine hitzige Debatte über die mit der laufenden Novelle geplanten Mindesteffizienzstandards zur Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude eröffnet. Für große Verunsicherung gesorgt haben in diesem Zusammenhang Behauptungen (vor allem einer kleinen Koalitionspartei [S_Y]) über Kosten und Machbarkeit, die von VZBV, DUH und DENEFF als voreilig, oft unsachlich oder sogar irreführend kritisiert werden. Um die Debatte zu versachlichen, haben die drei Organisationen gemeinsam einen Faktencheck zu diesem zentralen Instrument für den Klimaschutz im Gebäudesektor zusammengestellt.
“Die von der EU geplanten Standards können endlich für klare Leitplanken sorgen, wo es mit dem Gebäudebestand hingehen soll. Das bietet Planungssicherheit und Orientierung sowohl für Immobilieneigentümer und -eigentümerinnen als auch für Handwerk und Industrie. Wir brauchen jetzt schnell Klarheit, weswegen die Richtlinie zügig zu Ende verhandelt werden muss.”, betont Henning Ellermann, Geschäftsführer der DENEFF. Momentan hätten noch nicht einmal die konkreten Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Rat und Parlament begonnen. Haltlose Behauptungen und das bewusste Schüren von Ängsten seien unseriös und grenzten an Desinformation, so Ellermann weiter.
Großteil des Gebäudebestandes fällt kurz- bis mittelfristig gar nicht unter die neuen Vorgaben
Einigkeit zwischen den drei EU-Organen bestehe bisher darin, dass die Einführung von Mindesteffizienzstandards für die schlechtesten Bestandsgebäude sinnvoll und notwendig ist, so die Verbände. Klar sei aber im Umkehrschluss, dass der Großteil des Gebäudebestandes kurz- bis mittelfristig gar nicht unter die neuen Vorgaben fallen werde. Die Idee sei, schrittweise vorzugehen, Vorlaufzeiten und Flexibilität einzuräumen und die Standards in ein System aus ausreichender Förderung und Beratung einzubetten. „Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer müssen keine explodierenden Kosten fürchten, auch da umfangreiche Teilsanierungen gar nicht Teil der Debatte sind. Im Gegenteil könnten Bewohner, die aufgrund rasant gestiegener Energiekosten am stärksten von Energiearmut betroffen sind, von der Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude profitieren. Die staatliche finanzielle Unterstützung muss in jedem Fall aber auskömmlich sein.“, sagt Dr. Thomas Engelke, Leiter des Teams Energie und Bauen beim VZBV.
Aus dem Faktencheck-Papier: Was bedeuten die EU-Pläne konkret für Gebäudeeigentümer?
Konkret erst einmal noch gar nichts. Denn die Europäische Kommission, der Rat (also die Mitgliedsstaaten) und das Europäische Parlament müssen verhandeln, wie die Anforderungen konkret aussehen sollen. Im Anschluss müssen sie von den Mitgliedstaaten noch in nationales Recht umgesetzt werden. Gleichzeitig liegen die Ideen der drei EU-Organe zur Ausgestaltung der MEPS noch relativ weit auseinander, so dass seriöse Aussagen über Details zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sind. Fest steht jedoch: alle drei haben sich für die Einführung von Mindesteffizienzstandards für die schlechtesten Bestandsgebäude ausgesprochen.
Sicher ist auch, dass keinesfalls ein Großteil des Gebäudebestandes kurzfristig unter die neuen Vorgaben fallen wird. Die Idee ist, schrittweise vorzugehen, mit Vorlaufzeiten Planungssicherheit und Orientierung zu geben und niemanden zu überfordern.
Die in Deutschland vielfach genannten, zu erreichenden Energieeffizienzklassen von Bestandsgebäuden lassen sich nicht einfach auf die bestehende deutsche Effizienzklasseneinteilung übertragen, da sich diese Angaben auf den Vorschlag einer neuen, noch gar nicht eingeführten EU-Klassifizierung beziehen. Ob die vorgeschlagene Reform der Energieausweise jedoch überhaupt in dieser Form kommt, ist noch völlig offen.
Die Mindestanforderungen werden aller Voraussicht nach moderat ausfallen und in keinem Fall Vollsanierungen erfordern. Eigentümer der energetisch schlechtesten Gebäude müssen sich jedoch darauf einstellen, diese – je nach Ausgangszustand – um ein bis drei Effizienzklassen aufzuwerten. Dazu reichen Teilsanierungen aus, und es können oft ohnehin notwendige Anlässe genutzt werden.
Kosten
Energetische Gebäudesanierung ist teuer. Es zu lassen wird aber noch teuer. In unsanierten Gebäuden fallen in den nächsten 20 Jahren enorme Kosten für Energie und für Instandhaltung an. Energetische Sanierungsmaßnahmen führen nachgewiesenermaßen zu deutlichen Heizkosteneinsparungen. Dabei sind die nötigen Investitionssummen für einzelne Gebäude sehr unterschiedlich und hängen unter anderem vom Ausgangszustand der Immobilie ab. Zwei Dinge sind zu beachten:
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- Erstens ist gerade bei energetisch unsanierten Gebäuden mit einem Instandhaltungsstau zu rechnen. Zu dessen Behebung fallen ohnehin in den nächsten 10-15 Jahren Kosten an. Werden diese Maßnahmen intelligent mit energetischen Verbesserungen kombiniert, reduzieren sich die Zusatzinvestitionen spürbar.
- Zweitens können bestehende Förderprogramme der Bundesregierung und der Länder weiterhin genutzt werden, um den Investitionsbedarf abzufedern. Speziell für die energetisch schlechtesten Gebäude gibt es aktuell zusätzliche Förder-Boni in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Daneben wird aktuell eine soziale Ausrichtung der Förderprogramme diskutiert, um u.a. selbstnutzende Eigentümer:innen mit begrenzten finanziellen Mitteln stärker zu unterstützen. Eine bedarfsgerechte Aufstockung und verlässlichere Mittelausstattung der Förderprogramme ist hierfür notwendig.
Die Verbände heben zudem hervor, dass ohne eine ambitionierte europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden die Klimaziele der EU nicht zu schaffen seien. Auf den Gebäudesektor entfallen in der gesamten Europäischen Union 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, ist sich sicher: „Die energetische Sanierung der bestehenden Gebäude spielt eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Sie kann den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren. Ein deutlich verringerter Energieverbrauch ist zudem unabdingbar für eine bezahlbare Energiewende.“
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