Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz eingangs der Befragung der Bundesregierung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hielt am 29.03.2023 vor dem Deutschen Bundestag in Berlin zu den Ergebnissen der Kabinetts-Klausur im Kanzleramt eine Rede. Der Tenor: „Unser Land braucht mehr Tempo.“ Scholz hob in der Regierungsbefragung des Bundestages auf die Beschleunigung von Verfahren ab. Die Regierung habe sich vorgenommen, das Land zu modernisieren und dafür zu sorgen, dass „Dinge schneller funktionieren als in den letzten Jahrzehnten“. Die notwendigen Entscheidungen seien vorbereitet worden, um Planungs- und Genehmigungsverfahren beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, der Energienetze und Energieerzeugungsanlagen voranzubringen und den Klimawandel aufzuhalten. Scholz nannte das Ziel, dass bis 2030 15 Millionen Fahrzeuge elektrisch fahren. Solarify dokumentiert.
„Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!
Die Regierung hat sich vorgenommen, dieses Land zu modernisieren, dafür zu sorgen, dass die Dinge, die für unsere Zukunft wichtig sind, schneller funktionieren als in den letzten Jahrzehnten. Das ist ein großes Reformprogramm, zu dem wir im letzten Jahr und Anfang dieses Jahres schon viele Gesetze in den Deutschen Bundestag eingebracht haben; weitere werden jetzt folgen.
Deshalb ist es sehr zentral, dass wir die Modernisierung unserer Infrastruktur, die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren insgesamt voranbringen werden und dazu ganz konkrete Verabredungen getroffen haben. Unser Land braucht mehr Tempo, ein Deutschlandtempo, damit das alles gelingt, nicht nur, wenn es darum geht, LNG-Terminals an den norddeutschen Küsten zu genehmigen, sondern auch, wenn es darum geht, all das voranzubringen, was wir für eine gute Zukunft und für wirtschaftlichen Wohlstand brauchen, was wir auch brauchen, damit wir den menschengemachten Klimawandel aufhalten können.
Deshalb ist sehr klar – die erste Entscheidung –: Wir werden die Infrastrukturentwicklung in Deutschland beschleunigen, was den Schienenverkehr betrifft, was Ingenieurbauwerke im Schienenbereich betrifft. Wir haben dazu alle notwendigen Entscheidungen vorbereitet und werden dem Bundestag die entsprechenden Gesetze bald zuleiten, die das möglich machen. Wir tun das auch für die Straßen, für Brückenbauwerke, Ingenieurbauwerke – auch solche, die auf größere Dimensionen ausgerichtet sind als die, die vorher errichtet waren –, aber auch für Projekte zur Beseitigung von Engpässen, die im deutschen Verkehrsnetz als Vordringlicher Bedarf ausgewiesen sind. Sie werden schneller genehmigt und schneller vorangebracht werden können – eine Verständigung, die wir erzielt haben. Entsprechendes gilt für die Energienetze und die Dinge, die damit zusammenhängen.
Insofern geht es schneller voran in Deutschland. Das gilt auch für Erzeugungsanlagen, die uns so wichtig sind, ob das nun Elektrolyseure sind, ob das Solaranlagen sind, ob das Windenergieanlagen sind, die wir brauchen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz wird entsprechend angepasst werden.
Wir nutzen auch die Möglichkeiten, die an Autobahnen existieren, um Solarenergie und Windenergie zu nutzen. Wir werden den Gemeinden mehr Möglichkeiten geben, Windenergie voranzubringen für industrielle und wirtschaftliche Erzeuger – alles eine ganz zentrale Kategorie der Beschleunigung und Modernisierung unseres Landes.
Bis 2030 15 Millionen Fahrzeuge elektrisch
Das Gleiche gilt, wenn es darum geht, die Elektrifizierung unserer Verkehre voranzubringen. Auch das wollen wir möglich machen. Deshalb ist das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung unverändert, dass bis zum Ende dieses Jahrzehnts 15 Millionen Fahrzeuge elektrisch fahren. Wir werden gleichzeitig all das voranbringen, was wir brauchen, um die Technologieoffenheit bei der Verkehrswende tatsächlich zustande zu bringen. Auch dazu sind weitere Entscheidungen getroffen worden im Hinblick auf E-Fuels und Wasserstoff, die wir dazu benötigen.
Da sich die großen Aufgaben im Zusammenhang mit der Klimawende nicht auf das beschränken, was ich gesagt habe, wird es auch im Bereich von Energieeffizienz und Gebäudeenergie pragmatische, sehr zugewandte Lösungen geben im Hinblick auf die Anforderungen, die die Bürgerinnen und Bürger daran haben. Niemand wird mit seinen Problemen alleine gelassen, sondern es wird allen die Möglichkeit gegeben, dass sie das schaffen, was notwendig ist, damit wir als Land insgesamt klimaneutral werden. Aber – das ist der Unterschied zu früher – es wird Tempo, Beschleunigung geben, und diese Aufgaben werden alle zielgerichtet verfolgt. Der Stillstand der letzten Jahrzehnte, den wir konservativer Politik zu verdanken haben, ist endgültig beendet. Jetzt kommt Tempo in Deutschland.
Das gilt im Übrigen auch, wenn wir uns darüber Gedanken machen, wie wir den wachsenden Wohlstand unseres Landes gewährleisten können, indem wir sicherstellen, dass immer genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Deutschland hat eine sehr erfolgreiche Volkswirtschaft, und wir wissen, dass wir viel tun müssen, um all das zu mobilisieren, was in unserer Volkswirtschaft steckt, indem wir zum Beispiel dafür sorgen, dass junge Leute gut ausgebildet werden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit feststellen, dass neue Qualifikationen gefragt sind, weitergebildet werden können, und indem wir die Erwerbstätigkeit von Frauen voranbringen.
Aber gleichzeitig geht es auch darum, dass wir die Fachkräfte, die wir nicht nur aus der EU, sondern auch aus anderen Ländern nach Deutschland holen können, tatsächlich bekommen. Und dazu brauchen wir das modernste Fachkräfte-Einwanderungsgesetz der Europäischen Union, eines, das sich im weltweiten Vergleich sehen lassen kann und ganz vorne steht. Dieses Gesetz haben wir heute auch auf den Weg gebracht. Es ist ein weiterer Schritt zur Modernisierung Deutschlands, ein weiterer Schritt, wirtschaftliches Wachstum auch für die Zukunft zu gewährleisteten, und ein weiterer Schritt, jahrzehntelangen Stillstand zu überwinden.“
Zitate aus der Aussprache
Andreas Jung (stv. Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion) fragte den Kanzler, wie er verantworten wolle, das noch zu Zeiten der Großen Koalition beschlossene Klimaschutzgesetz aufzuweichen. Scholz entgegnete, das Gesetz werde nicht aufgeweicht, sondern jetzt weiterentwickelt. Die Zielerreichung werde jedes Jahr überprüft. Der „Idee von linearen Fortschreibungen“ erteilte er eine Absage, erforderlich sei vielmehr „Dynamik“. Jung wollte wissen, ob in Neubauten künftig Gasheizungen zulässig bleiben, wenn sie mit grünem Wasserstoff oder Biogas betrieben werden. Dazu teilte Scholz mit, die Förderprogramme würden konkret ausgestaltet, niemand werde ausgeschlossen, es könnten verschiedene Wege genutzt werden. Er kündigte zeitnahe und ergebnisorientierte Regelungen an.
Der Unionsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart legte nach und sagte, die Regierung hätte längst ein Klimaschutz-Sofortprogramm beschließen müssen. Scholz warnte davor, „Bürokratismus“ weiter fortzusetzen. „Schlichtes lineares Denken“ führe in die Irre und zu falschen Entscheidungen. Vielmehr müsse alles getan werden, um die Klimaziele zu den jeweiligen Zeitpunkten zu erreichen.
Janine Wissler (Die Linke) meinte, wenn ein Verkehrsminister die Klimaziele nicht erreiche, wäre es angebrachter, den Minister auszuwechseln oder ein Tempolimit einzuführen als das Klimaschutzgesetz aufzuweichen. Scholz lobte hingegen Volker Wissing als „sehr, sehr guten Verkehrsminister“. Er sei „richtig unterwegs“, wenn es darum gehe, das Kernnetz der Eisenbahn voranzubringen. Für den Investitionsbedarf im Verkehr müssten in den nächsten Jahren zusätzliche 45 Milliarden Euro mobilisiert werden. Auf die Lkw-Maut werde es einen CO2-Aufschlag geben.
Auch dem FDP-Abgeordneten Valentin Abel bestätigte der Kanzler, dass die Instandsetzung des Kernnetzes der Bahn eine Herausforderung der nächsten zehn Jahre sein werde. Gleiches gelte auch für Ausbauvorhaben. Von Abel auf die Nutzung synthetischer Kraftstoffe, sogenannter E-Fuels angesprochen, erklärte Scholz, diese spielten für Schiffe, im Luftverkehr und für schwere Transportaufgaben eine große Rolle. Es solle möglich sein, ab 2035 auch Fahrzeuge mit E-Fuels zu betanken. Die Dimension dieser Möglichkeit könne er allerdings nicht ermessen, so der Kanzler. Gegenüber der FDP-Abgeordneten Carina Konrad wies Scholz in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Beschleunigung hin. CO2-neutrale Mobilität werde gebraucht.
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