Regierung startet Länder- und Verbändeanhörung zum Gebäudeenergiegesetz

Kabinettbefassung noch im April – Verbändekritik

Nach der politischen Einigung auf eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) am 31.03.2023 haben die zuständigen Ressorts, (Bundesbau- und Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium) laut einer Medienmitteilung vom 03.04.2023 die Länder- und Verbändeanhörung zur Gesetzesnovelle gestartet. Nach Abschluss dieser Konsultationsphase folgt dann in einem nächsten Schritt, ebenfalls noch im April 2023, die Kabinettbefassung. Der bne kritisiert H2-ready als „Etikettenschwindel“.

Berlin: Haus mit Wattierung gedämmt – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Mit dem GEG wird die Dekarbonisierung des Wärmebereichs schrittweise umgesetzt. Ab 2024 muss beim Einbau neuer Heizungen konsequent auf Erneuerbare Energie gesetzt werden. Das heißt konkret, dass ab dem 01.01.2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Dieser Fokus auf den Neubau ist angesichts der langen Investitionszeiträume im Gebäudebereich entscheidend. Wer heute eine neue Heizung einbaut, der nutzt diese 20-25 Jahre. Die richtige Weichenstellung beim Einbau von neuen Heizungen muss daher jetzt erfolgen. Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden. Kaputte Heizungen können repariert werden.

Der Übergang auf Erneuerbares Heizen wird in der Gesetzesnovelle – wie von Anfang an vorgesehen – pragmatisch und sozial verträglich gestaltet. Es gelten Übergangsfristen, verschiedene technologieoffene Erfüllungsoptionen und Befreiungsmöglichkeiten in besonderen Situationen. Um das Gesetz noch verbraucherfreundlicher zu gestalten, wurden die Übergangsfristen und Erfüllungsoptionen – vor allem für den Neubau – nochmal erweitert, zum Beispiel um Solarthermie. Auch sind „H2-Ready“ Gasheizungen eine weitere Option, also Heizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Diese dürfen dann eingebaut werden, wenn es einen verbindlichen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze gibt und diese Heizungen schon 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan oder anderen grünen Gasen und spätestens ab 2035 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden.

Die vorgeschlagenen Regelungen auf einen Blick:

  • Die Pflicht zum Erneuerbaren Heizen ab dem 01.01.2024 gilt nur für den Einbau neuer Heizungen; Ausnahmen sind möglich. In Härtefällen können Eigentümer von der Pflicht befreit werden.
    Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden. Kaputte Heizungen können repariert werden.
  • Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel ist (Heizungshavarie), gibt es pragmatische Übergangslösungen und mehrjährige Übergangsfristen, so dass der Umstieg auf eine Erneuerbaren-Heizung nicht ad hoc erfolgen muss.
  • Es gibt umfassende Übergangsregelungen für Gebäude, die sowohl mit Zentral- als auch mit Gasetagenheizungen versorgt werden. Fällt die erste Gasetagenheizung in dem Gebäude aus, haben die Eigentümer
    –  erstens drei Jahre Zeit, um zu entscheiden, wie für das gesamte Gebäude auf Erneuerbare Heizungen umgestellt wird.
    –  Zweitens erhalten sie, wenn sie sich für eine Zentralisierung der Heizung entschieden haben, weitere zehn Jahre Zeit zur Umsetzung.
  • Die vorgesehene Regelung ist technologieoffen. In bestehenden Gebäuden können auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65 Prozent grünen Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Es gibt also mehrere Möglichkeiten mit verschiedenen Technologien die Vorgabe für das Heizen mit Erneuerbaren Energien zu erfüllen.
  • Der Umstieg soll durch gezielte Förderung unterstützt werden. Damit werden auch soziale Härten abgefedert. Zudem gibt es weiterhin Steuermäßigungen.

bne: H2-Ready-Gasheizungen sind Etikettenschwindel

Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne), kommentiert GEG-Entwurf: 

„Wir begrüßen ausdrücklich die erneute Bekräftigung, dass ab dem 01.01.2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden muss.

Allerdings: Wir brauchen Klimaschutz statt Klimaschutz-Readyness. Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes wurde deutlich aufgeweicht. H2-Readyness für Heizungen ist ein Worst-Case-Szenario, da so Gaskessel über viele weitere Jahre schlicht mit Erdgas betrieben werden können. Schon nach eigenem Bekunden der Gaswirtschaft im Rahmen der Debatte zur EU-Taxonomie wurde in Bezug auf die „grüne“ Eigenschaft von Gaskraftwerken überzeugend und unwidersprochen dargelegt, dass Wasserstoff auf mittlere und lange Sicht nicht in ausreichendem Maß für Kraftwerke zur Verfügung stehen könne – und damit erst recht nicht zum Heizen in Privathaushalten. Diese Argumentation der H2-Knappheit hatte die Bundesregierung damals übernommen. Interessant wird es sein zu sehen, wie vor diesem Hintergrund die über 700 Gasnetzbetreiber mit den umfangreichen Vorgaben zur Netzumrüstung umgehen.

Hier drohen nun massive Fehlinvestitionen in Geräte, die in wenigen Jahren wieder ausgetauscht werden müssen. Dem Klimaschutz ist kein Deut damit geholfen, wenn zwar auf dem Papier Transformationspläne vorgelegt werden müssen, der Wasserstoff aber de facto nie in dem Maße kommen kann. Das ist bei der Fernwärme schon sehr optimistisch, bei Gasnetzen ist es schlicht Etikettenschwindel. Wir werden für die Gasheizungen kein 100 Prozent H2-Gasverteilnetz sehen.

Ein weiteres Schlupfloch besteht bei Wärmenetzen. Bis 2030 sind lediglich 50 Prozent Erneuerbare in der Fernwärme vorgeschrieben. Der Transformationsprozess der Fernwärme, wo oft Erdgas-KWK eingesetzt wird, muss viel schneller vorangebracht werden. Jede Förderung der Wärmeerzeugung durch fossile Energieträger ist daher ein Fehlanreiz, auch wenn das in Form von Erdgas-KWK und eingebunden in ein Wärmenetz erfolgt. Auch für KWK-Anlagen muss der Einsatz von mindestens 65 Prozent Erneuerbaren Energien daher zur Pflicht werden. Neue KWK-Anlagen, die dieses Kriterium nicht erfüllen, sollten nicht zugelassen werden. Andernfalls wäre hier für Umgehungen Tür- und Tor geöffnet.

Last, but not least: Anstatt in Scheinlösungen müssen sich die Investitionen auf Wärmepumpen und grüne Wärmenetze konzentrieren. Mit dem künstlichen Festhalten an der Gasheizung schadet man so der eigenen Industrie, den Kunden und dem Klima.”

BWP: „Unzureichende Preispolitik auf der Stromseite“ – Wasserstoff allenfalls Nischenlösung

Seit eineinhalb Jahren bereitet sich die Wärmepumpenbranche auf die 65-Prozent-Vorgabe vor. Sie hat sich längst darauf ausgerichtet, dass die Wärmepumpe bereits ab dem kommenden Jahr die neue Standardheizung wird: „Die Absatzzahlen der Branche brechen immer wieder neue Rekorde und befinden sich voll auf Zielkurs. Hersteller, Fachhandwerk und viele andere machen ihre Hausaufgaben – jetzt ist die Bundesregierung an der Reihe, klare Regeln zu schaffen“, so Dr. Martin Sabel, BWP-Geschäftsführer.

Strompreis muss endlich runter

So sei es nicht verwunderlich, dass sich viele Menschen über das Inkrafttreten der GEG-Novelle zum kommenden Jahr Sorgen machen. Dem herunter subventionierten und auf zwölf Cent gedeckelten Gaspreis steht eine unzureichende Preispolitik auf der Stromseite gegenüber.

„Der vermeintliche Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz darf nicht über die grundsätzlichen Missverhältnisse im Energiesystem hinwegtäuschen. Während auf der einen Seite fossile Energieträger weiter subventioniert werden, zuletzt durch die Absenkung der Mehrwertsteuer für Erdgas, sorgt das Erdgas andererseits im Rahmen der Merit Order für Preisspitzen beim Strompreis – und dies, obwohl der Anteil erneuerbarer Energien beim Strom stetig wächst. Darüber hinaus machen staatliche Preisbestandteile fast die Hälfte des Strompreises aus: Dieser Spielraum sollte für politische Entlastungen genutzt werden.“

Der Bundesverband Wärmepumpe fordert von der Bundesregierung jetzt klare Rahmenbedingungen für den bereits vereinbarten Wärmepumpen-Hochlauf. Neben der zügigen Umsetzung der GEG-Novelle und einer gezielten Aufstockung der BEG-Förderung, sollte eine deutliche Entlastung des Strompreises in den Fokus genommen werden. Über die Absenkung der Stromsteuer auf das zulässige Minimum von 0,1 Cent pro Kilowattstunde und die Absenkung der Mehrwertsteuer für Wärmepumpenstrom auf 7 Prozent steigen Anreize für den Wärmepumpeneinsatz. Maßnahmen beim Strompreis setzen nicht nur direkt bei den Verbrauchskosten an und entlasten auch die Mieter unmittelbar. Diese Form der Entlastung lässt sich zudem zeitlich gut steuern und im Zuge der zu erwartenden Marktpreisentwicklung wieder anpassen.

 Wasserstoff in der Heizung kann allenfalls Nischenlösung sein

Die Politik der falschen Zeichen könnte sich im GEG noch verstärken. Je nachdem wie der Gesetzgeber mit dem Vorschlag weiterverfährt, dass auch Erdgasheizungen als Erfüllungsoption anerkannt werden, wenn sie „H2-ready“ sind und der Gasnetzbetreiber einen Transformationsplan vorlegt. Laut Gesetzentwurf wäre das mit harten Anforderungen verbunden, Gasnetzbetreiber müssten für entsprechende Versorgungsgebiete verbindliche Zusagen machen und massive Investitionen leisten, was angesichts der großen Effizienzvorteile von Wärmepumpen nur in vereinzelten Insellösungen eine Rolle spielen dürfte.

Im Zusammenwirken mit den falsch gestellten Energiepreisen könnte bei Verbrauchern aber die Erwartung entstehen, dass diese Option auch in der Breite des Gebäudebestands eingesetzt werden könnte. Es ist Aufgabe der Politik, falschen Erwartungen entgegenzutreten. Denn überall dort, wo die Umstellung zu Wasserstoff dann nicht gelingt, drohen fehlgeschlagene Investitionen und enorme Kostenbelastungen für die Steuerzahler und all diejenigen, die im falschen Glauben in eine H2-ready-Heizung investiert haben.

Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, hat „nach wie vor Korrekturbedarf“:

„Die Bioenergieverbände begrüßen die gesetzliche Festschreibung der Nutzung von 65 Prozent Erneuerbaren Energien beim Tausch bestehender und beim Einbau neuer Heizungen. Dieser wichtige Schritt hin zur Klimaneutralität ist dringend nötig. Im Gegensatz zum ersten öffentlich gewordenen Entwurf des GEG ist der nun vorliegende Referentenentwurf ein großer Schritt in die richtige Richtung, da eine Reihe unnötiger und klimapolitisch kontraproduktiver Einschränkungen aufgehoben wurde.

Der Wärmesektor weist auch langfristig große Heterogenität auf und kann von Gebäude zu Gebäude bzw. Eigentümer zu Eigentümer stark variieren. Daher sollte Gebäudeeigentümern eine möglichst große technische und wirtschaftliche Freiheit gewährt und ein möglichst breites Spektrum an Optionen zur klimaneutralen Gebäudeheizung zur Verfügung gestellt werden, um das hohe Ambitionsniveau des GEG zu erfüllen. Die Bioenergie, die heute circa 84 Prozent der erneuerbaren Wärme bereitstellt, muss dabei eine wichtige Rolle spielen.

Gleichwohl gibt es nach wie vor Korrekturbedarf. Die Bioenergie darf in Neubauten nicht per se ausgeschlossen werden! Gerade in Quartierskonzepten zur gemeinsamen Versorgung von Neu- und Bestandsbauten macht eine solche Regel keinen Sinn. Ein neu gebautes Wohnhaus, das sich in unmittelbarer Nähe zu einem mit Biomasse betriebenen Gebäudenetz befindet, sollte an das Netz angeschlossen werden dürfen, anstatt zwingend ein eigenes Wärmesystem zu installieren.

Nicht zuletzt sollte die Sicherung der Wärmeversorgung aus biogenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Fokus politischen Handelns liegen. Eben jene Anlagen sind Effizienz-Meister und holen das Maximum an Energie aus der verfügbaren Biomasse heraus. Daher bedarf es zeitnah auch einer Verbesserung der Rahmenbedingungen der Biomasse im Erneuerbare-Energien-Gesetz.“

->Quellen: