Untersuchung von 20 NGO auf investinginclimatechaos.org
„Während zur gleichen Zeit die Vereinten Nationen dringend fordern, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um die Hälfte reduziert werden müssen, verspielen Pensionsfonds, Versicherungen, Investmentfonds und Vermögensverwalter weiter unsere Zukunft, indem sie Geld in die schlimmsten Klimasünder der Welt stecken. Mehr als 6.500 institutionelle Anleger halten Anleihen und Aktien von Kohle-, Öl- und Gasunternehmen im Wert von 3,07 Billionen US-Dollar (umgerechnet 2,76 Billionen Euro)“, so das Fazit der Untersuchung. Die Website https://investinginclimatechaos.org von mehr als 20 NGO soll ein Instrument für Bürgerbewegungen, Kunden und Regulierungsbehörden sein, um institutionelle Anleger zur Rechenschaft zu ziehen.
Zwei Billionen Dollar für Öl und Gas, eine für Kohle
Zwei Drittel der ermittelten Investitionen in fossile Brennstoffe entfielen auf Öl- und Gasunternehmen. Die 685 untersuchten Öl- und Gasproduzenten stammen aus der Global Oil and Gas Exit List (GOGEL) von Urgewald. 95 % dieser Unternehmen sind noch in der Exploration oder Erschließung neuer Öl- und Gasfelder tätig.
Etwa ein Drittel der Gesamtinvestitionen stammt aus Urgewalds Global Coal Exit List (GCEL). GCEL listet über 1.000 Unternehmen und ihre Tochtergesellschaften auf, die in der Wertschöpfungskette der Kraftwerkskohle tätig sind. 38 % der in der Studie ermittelten Gesamtinvestitionen in Kohle gingen an Unternehmen, die noch neue Kohlekraftwerke, Minen oder Kohleinfrastrukturen bauen.
US-Investoren führen diese Rangliste an, da sie Anleihen und Aktien im Wert von 1.975 Milliarden US-Dollar in Unternehmen mit fossilen Brennstoffen halten. Wäre Europa ein Land, so wäre es weltweit die zweitgrößte Quelle institutioneller Investitionen in die fossile Brennstoffindustrie (369 Milliarden US-Dollar). Die größte Summe aus EU- und Nicht-EU-Staaten zusammen, 100 Milliarden US-Dollar, wird von institutionellen Anlegern aus dem Vereinigten Königreich gehalten. Kanada (149 Mrd. USD) und Japan (126 Mrd. USD) liegen auf den Plätzen 3 und 4 der Rangliste.
Die Website Investing in Climate Chaos ist ein Gemeinschaftsprojekt von urgewald und mehr als 20 internationalen NGO-Partnern wie Attac und Greenpeace. Die fossilen Beteiligungen der einzelnen institutionellen Investoren, darunter auch namhafter Vermögensverwalter aus Deutschland, werden hier detailliert aufgeschlüsselt. Die Recherche beruht auf urgewalds Global Oil and Gas Exit List.
„Während die UN mit immer eindringlicheren Worten warnt, dass die Weltgemeinschaft ihre Emissionen bis 2030 halbieren muss, wetten Vermögensverwalter, aber auch Pensionsfonds und Rentenkassen immer noch auf Unternehmen, die unsere Zukunft verspielen. Wir machen dies publik, damit Kunden, Regulierungsbehörden und die Öffentlichkeit diese Investoren zur Verantwortung ziehen können“, sagt Katrin Ganswindt, Energie- und Finanzkampaignerin bei urgewald.
Zwei Drittel der fossilen Investitionssumme – 2,13 Billionen USD – waren in Firmen investiert, die Öl und Gas fördern. Im Jahr 2021 produzierten Öl- und Gasunternehmen insgesamt 56,3 Milliarden Barrel Öläquivalente (mmboe). Bleibt die Produktion auf diesem Niveau, wird das verbleibende CO2-Budget für die Einhaltung der 1,5°-Grenze schon in 15 Jahren aufgebraucht sein. Umso erschreckender ist es, dass 95% der 685 Öl- und Gasproduzenten auf urgewalds GOGEL Expansionspläne für neue Öl und Gasfelder verfolgen.
Zum Recherchezeitpunkt waren weltweit weitere 1,05 Billionen USD in Unternehmen der GCEL investiert. Die Geschäftsaktivitäten der mehr als 1.000 Unternehmen in der urgewald-Datenbank reichen vom Kohlebergbau, Handel und Transport über Kohleverstromung bis hin zur Konversion von Kohle zu Gas. 38% der Kohleinvestitionen (rund 400 Mrd. USD) steckten laut der neuen Recherche in Kohleunternehmen mit Expansionsplänen für die Produktion, Kohlekraftwerke oder Infrastruktur.
„Um die Klimakatastrophe noch zu verhindern, muss die fossile Ära konsequent beendet werden. Doch viele Kohle- und fast alle Öl- und Gasproduzenten bauen ihre Aktivitäten immer noch weiter aus. Weniger als 1% der auf unserer GCEL geführten Kohleunternehmen hat glaubwürdige Transformationspläne. Es ist beschämend, wenn institutionelle Investoren immer noch in Unternehmen investieren, die alle Forderungen von UNFCCC, UNEP, dem UN-Generalsekretär und schließlich der IEA ignorieren. Beteiligungen an neuen Aktien oder Anleihen expandierender Kohle-, Öl- & Gasunternehmen sollten eine absolute rote Linie darstellen“, sagt Ganswindt.
Dieser Finanzforschungsbericht wird von Urgewald veröffentlicht und von über 20 NRO-Partnern mit herausgegeben. Die Finanzforschung wurde von dem gemeinnützigen Unternehmen Profundo durchgeführt.
Ergänzend zu Investing in Climate Chaos wurde die Bankenfinanzierung für die fossile Brennstoffindustrie in Banking on Climate Chaos untersucht, das ebenfalls von Urgewald herausgegeben wird.
Weitere Analysen der Politik der aufgelisteten Finanzinstitute in Bezug auf fossile Brennstoffe finden Sie im Coal Policy Tool und im Oil & Gas Policy Tracker von Reclaim Finance.
Urgewalds Ressourcen
Urgewalds Datenbanken über die fossile Brennstoffindustrie identifizieren die Kohle-, Öl- und Gasunternehmen, die unseren Planeten zerstören. Sie enthalten umfassende Informationen auf Unternehmensebene über die gesamte Kohle-, Öl- und Gasindustrie.
Der Upstream-Teil der Global Oil and Gas Exit List (GOGEL) nennt 685 Öl- und Gasproduzenten, die für 95 % der weltweiten Kohlenwasserstoffproduktion verantwortlich sind. Der Upstream-Teil von GOGEL, der für diese Untersuchung verwendet wurde, gibt Aufschluss über die Expansionspläne der Unternehmen und enthält umfassende Zahlen zur unkonventionellen Produktion und Expansion. Im Midstream-Teil von GOGEL sind auch Unternehmen aufgeführt, die LNG-Terminals und Öl- oder Gaspipelines bauen.
Die Global Coal Exit List (GCEL) umfasst über 1.000 Unternehmen und über 1.800 Tochtergesellschaften. Ihre Aktivitäten reichen vom Kohlebergbau, -handel und -transport bis hin zur Umwandlung von Kohle in Flüssigkeiten, dem Betrieb von Kohlekraftwerken und der Herstellung von Ausrüstung für neue Kohlekraftwerke. GCEL listet 490 Unternehmen auf, die noch neue Kohlekraftwerke, neue Kohlebergwerke oder eine neue Kohletransportinfrastruktur entwickeln.
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