CO2 in Stein gegossen

Belgisches Kreislaufprojekt erzeugt CO2-reduzierende Mauerblöcke

Zementherstellung verursacht 2,4 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen im Industrie- und Energiesektor. Deshalb entwickeln vier Unternehmen aus dem Großraum Lüttich gemeinsam ein Produkt, das rund um die Welt handfeste Vorteile für die Industrie und den Kampf gegen die Erderwärmung bringen könnte. Die meisten Betonblöcke werden aus Zement hergestellt, der Treibhausgasemissionen verursacht. Die innovativen Blöcke aus Belgien dagegen werden mit Kohlendioxid produziert, das bei anderen industriellen Prozessen anfällt. Sie „schlucken“ quasi CO2 und verwandeln das Treibhausgas in etwas Nützliches. Mit passgenauer Unterstützung hilft die EIB ausgewählten Projekten auf die Sprünge.

Zementwerk – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

„Unser Projekt ist lokal, hoch innovativ und ein Beispiel praktizierter Kreislaufwirtschaft“, sagt Antoine Gregoire, Development Manager bei Prefer, einem der vier Unternehmen. Und so funktioniert es:

  • Lhoist stellt Kalk (auch Dolomitkalk), Kalkstein und Minerallösungen her für eine wachsende Anzahl von Anwendungen, auch in der Stahlerzeugung. Beim Kalkbrennen entsteht CO2. Dieses CO2 wird künftig nicht mehr in die Umwelt freigesetzt, sondern gelangt über eine zwei Kilometer lange Pipeline, die vom Spezialisten für Erdgastransport Fluxys betrieben wird, zum Betonhersteller Prefer.
  • Orbix – das Unternehmen steht für nachhaltige Materialien für den Bau- und Stahlsektor – übernimmt die Schlacke, die nach dem Einsatz des von Lhoist gelieferten Kalks zur Stahlerzeugung bei Drittunternehmen übrig bleibt. Sie gelangt per Schiff zu Prefer.
  • Prefer wiederum stellt aus der Schlacke unter Zuführung von CO2 Mauerblöcke her. Das CO2 dient zur Härtung der Blöcke, die unter dem Markennamen „CO2ncrEAT“ vertrieben werden – zusammengesetzt aus „concrete“ (Beton) und „eat“ (essen), weil die Blöcke CO2 „schlucken“.

Weil das CO2 nicht aufbereitet oder verflüssigt werden muss, ist das Verfahren effizient. Zudem wird keine Energie für die Herstellung des CO2 aufgewendet. In zwei Jahren wollen die vier Unternehmen mit den CO2ncrEAT-Blöcken aus CO2, das sonst in die Atmosphäre gelangt wäre, voll produktionsfähig sein.

Bank der EU unterstützt belgische Mauerblöcke

Es ist sehr kostspielig, ein innovatives Industrieprojekt zu entwickeln. Die vier Unternehmen veranschlagen 7,5 Millionen Euro. Deshalb beantragten sie Unterstützung aus dem EU-Innovationsfonds, mit dem die Europäische Kommission innovative, CO2-arme Technologien finanziert. Seit dem ersten Antrag beim EU-Innovationsfonds begleiten Fachleute aus dem Innovationsfonds-Team der Europäischen Investitionsbank CO2ncrEAT.

„Wir mussten belegen, dass das Vorhaben wirtschaftlich tragfähig ist – unter Berücksichtigung der Beiträge aller vier Unternehmen“, erläutert Matthieu Banal, der für das Projekt zuständige Finanzierungsberater der EIB. Mit dem Projekt sollen in Europa erstmals „CO2-negative“ Mauerblöcke auf den Markt gebracht werden. „Für Zuschüsse aus dem Innovationsfonds ist nachzuweisen, dass Projekte nicht nur innovativ, sondern auch ausgereift und skalierbar sind und einen echten Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen leisten können“, erklärt Clotilde Rossi di Schio, die das Projekt als technische Beraterin bei der EIB begleitet.

Zweimal im Jahr ruft der Innovationsfonds zur Einreichung von Vorschlägen auf. Die Europäische Kommission leitet bei jeder Runde bis zu 40 Projektanträge an das Innovationsfonds-Team der EIB weiter, dem Fachleute aus der Beratungsabteilung und der Direktion Projekte angehören.

EU-Mittel reduzieren Risiken für belgische Hersteller

Die Europäische Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA), eine Einrichtung der EU, schlug das Projekt vor. Die Generaldirektion Klimapolitik der Kommission gewährte den Unternehmen in der Kategorie für kleinere Vorhaben (Investitionsausgaben unter 7,5 Millionen Euro) einen Zuschuss von vier Millionen Euro – das sind 60 Prozent der Investitionen für die Entwicklung des Verfahrens. Die Zuschussvereinbarung wird derzeit vorbereitet und voraussichtlich im Mai unterzeichnet. „Ohne den Zuschuss wäre es zu teuer, das Herstellungsverfahren für die Mauerblöcke zu entwickeln“, so Gregoire. „Wir könnten nicht das gesamte industrielle Verfahren entwickeln und aufbauen und die Rentabilität gewährleisten. Die Risiken der Innovation und die Investitionen für den Bau wären eine Nummer zu groß.“ Der Zuschuss wird die Kosten für eine Abscheidungs- und Aufbereitungsanlage bei Lhoist, die Pipeline zu Prefer und eine Kammer bei Prefer decken, in der die Blöcke geformt und durch das CO2 gehärtet werden.

Weil alle vier Unternehmen aus dem Großraum Lüttich sind, ist das Verfahren effizient: Weite Transportwege für Schlacke oder Kalk entfallen, das spart CO2-Emissionen. Diese Zusammenarbeit könnte überall auf der Welt funktionieren, wo vergleichbare Unternehmen nicht weit voneinander entfernt sind. „Überall, wo es Schlacke und industrielles CO2 gibt, wird man künftig CO2ncrEAT-Mauerblöcke mit ihrem negativen Fußabdruck herstellen können“, so Gregoire. Das könnte ein großer Schritt zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks im Bausektor sein.

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