„Cerberus“ wird noch etwa zwei Wochen dauern
Emma Hill und Ben Vivian von der Universität Coventry fragen am 14.07.2023 im Portal The Conversation nach der Ursache der gegenwärtigen europäischen Hitzewelle, und ob der Klimawandel daran schuld ist. „Hitzewellen können extrem gefährlich sein. Europa hat in der Vergangenheit schon so manche verheerende Hitzewelle erlebt. Im Jahr 2003 zog eine Hitzewelle über Europa und kostete mehr als 70.000 Menschen das Leben. 2022 wurde Europa von einer weiteren Hitzewelle heimgesucht, die fast 62.000 Menschen zum Opfer fielen.“
Die aktuelle Hitzewelle werde durch eine Antizyklone (wanderndes Hochdruckgebiet, in dem der Luftdruck zum Zentrum hin zunimmt) verursacht, die nach dem dreiköpfigen Monsterhund Cerberus benannt sei, der in der griechischen Mythologie die Tore der Unterwelt bewacht habe. Ein Hochdruckgebiet sei ein normales meteorologisches Phänomen, bei dem absinkende Luft aus der oberen Atmosphäre eine Periode trockenen und ruhigen Wetters mit geringer Wolkenbildung und wenig Wind hervorrufe.
„Hochdruckgebiete bewegen sich in der Regel nur langsam, deshalb ziehen sie sich über Tage oder sogar Wochen hin. Oftmals bilden sie sich über großen Landstrichen als semi-permanente Erscheinungen. Wenn sich Hochdrucksysteme über heißen Landstrichen wie der Sahara bilden, führt die Stabilität des Systems zu noch heißeren Temperaturen, da die ohnehin schon warme Luft noch mehr aufgeheizt wird. Schließlich wird sich das Hochdruckgebiet abschwächen oder auflösen, und die Hitzewelle wird zu Ende gehen. Nach Angaben der Italienischen Meteorologischen Gesellschaft wird die Cerberus-Hitzewelle voraussichtlich noch etwa zwei Wochen anhalten.“
Welche Rolle spielt die Klimakrise?
Hochdruckgebiete hätten sich in den vergangenen Jahren immer weiter nach Norden ausgebreitet. Es sei schwierig, ein einzelnes Ereignis wie eine Hitzewelle direkt dem Klimawandel zuzuordnen. Da sich die Temperaturen jedoch weiter erwärmten, seien Veränderungen in den atmosphärischen Zirkulationsmustern zu beobachten, die zu einem verstärkten Auftreten von extremen Temperaturen und Trockenheit in Europa führen könnten.
Untersuchungen des Weltklimarats bestätigten diesen Trend. Seine Daten zeigten eine Zunahme der Häufigkeit und des Ausmaßes von extremen Wetterereignissen seit den 1950er Jahren. Eine gesonderte Analyse der europäischen Hitzewellen ergab, dass die Schwere solcher Ereignisse in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen habe.
Hill und Vivian: „Im Sommer 2022 herrschten in Südeuropa höhere Temperaturen als für diese Jahreszeit üblich. In Spanien, Frankreich und Italien lagen die Tageshöchsttemperaturen über 40 °C. Der Copernicus Climate Change Service der EU führte diese ungewöhnlich heißen Bedingungen auf den Klimawandel zurück und meinte, dass solche Ereignisse in Zukunft wahrscheinlich häufiger und intensiver auftreten und länger andauern werden – ein besorgniserregender Trend, der sich in diesem Jahr fortsetzen könnte.“
Gefahren der extremen Hitze
Hitzewellen und extreme Temperaturen beeinträchtigten die menschliche Gesundheit auf verschiedene Weise. Sie könnten einen Hitzschlag verursachen, der zu Symptomen wie Kopfschmerzen und Schwindelgefühl führe. Eine hitzebedingte Dehydrierung könne auch die Leistungsfähigkeit der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems beeinträchtigen. Während der anhaltenden Hitzewelle habe es in Europa bereits Berichte über hitzebedingte Gesundheitsschäden gegeben. Ein italienischer Straßenarbeiter sei gestorben, und in Spanien und Italien seien zahlreiche Fälle von Hitzschlag gemeldet worden.
„Das italienische Gesundheitsministerium hat den Bewohnern und Besuchern der betroffenen Gebiete geraten, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, wie z. B. sich während der heißesten Tageszeit nicht in der Sonne aufzuhalten, ausreichend zu trinken und Alkohol zu vermeiden.“
Die Auswirkungen von Hitzewellen gingen jedoch über die individuelle Gesundheit hinaus. Sie hätten auch weitreichende soziale und wirtschaftliche Folgen. Extreme Hitze könne Straßenbeläge beschädigen und sogar Eisenbahnschienen zum Verbiegen bringen. Hitzewellen könnten auch dazu führen, dass weniger Wasser zur Verfügung stehe, was die Stromerzeugung, die Bewässerung von Pflanzen und die Trinkwasserversorgung beeinträchtige. 2022 hätten die französischen Kernkraftwerke aufgrund der sengenden Hitze nicht mit voller Leistung betrieben werden können, da höhere Flusstemperaturen und niedrige Wasserstände ihre Kühlkapazität beeinträchtigt hätten.
„Untersuchungen zeigen, dass sich extreme Hitze bereits negativ auf das Wirtschaftswachstum in Europa ausgewirkt hat, das in den letzten zehn Jahren um bis zu 0,5 % gesunken ist. Wenn die Temperaturen weiter steigen, werden die Hitzewellen noch heftiger werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Regierungen weltweit rasch und entschlossen handeln, um die Treibhausgasemissionen sofort zu reduzieren.“
Das Klima werde sich aber auch dann weiter erwärmen, wenn wir die globalen Treibhausgasemissionen vollständig stoppen würden, bzw. könnten. Dies sei auf die Wärme zurückzuführen, die bereits von den Ozeanen aufgenommen und gespeichert werde. „Wir könnten die globale Erwärmung zwar verlangsamen, aber die Auswirkungen des Klimawandels werden auch in Zukunft zu spüren sein“ so Hill und Vivian.
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