Gutachten von TUB und DIW
Eine am 22.09.2023 publizierte Untersuchung des DIW und der TU Berlin im Auftrag der DUH zeigt: LNG-Projekt vor Rügen steht nachhaltiger Regionalentwicklung im Wege, ist klimapolitisch kontraproduktiv und behindert die Energiewende. Flüssigerdgas-Terminal vor Rügen ist nicht zur Vermeidung von Kapazitätsengpässen nach Ostdeutschland und Osteuropa notwendig, Engpässe können durch Flussumkehr auf bestehenden Pipelines beseitigt werden.
ExpertInnen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Technischen Universität Berlin kritisieren das geplante Rügener Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in einer aktuellen Analyse als überflüssig und klimaschädlich. Es gebe weder energiewirtschaftliche noch industriepolitische Argumente für die Entwicklung des LNG-Projekts Mukran. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern solle sich gegen das Industrieprojekt Mukran aussprechen, das energiewirtschaftlich nicht notwendig sei, keine alternativen ökonomische Perspektiven im Bereich Wasserstoffwirtschaft biete und gleichzeitig die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung auf Rügen gefährde, so das Fazit der wissenschaftlichen Studie. „Die Bundesregierung sollte den Ausbau der LNG-Infrastruktur stoppen und die verfügbaren Finanzmittel stattdessen für energiewende-kompatible Projekte verwenden“, sagt Mitautor Prof. Dr. Christian von Hirschhausen von der TU Berlin und dem DIW Berlin in einer Mitteilung der Deutschen Umwelthilfe, die die Studie in Auftrag gab.
Rahmenbedingungen nachhaltiger Regionalentwicklung
Die geplante neue Infrastruktur in Mukran/Hafen stehe im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen, so das Gutachten. Sie gefährde ebenso den Lebensraum der Ostsee, verursache zusätzliche klimaschädliche Emissionen und behindere eine nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung. Dabei seien insbesondere Widersprüche zu den Zielen für saubere Energie, menschenwürdige Arbeit und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung sowie nachhaltige Industrie und Maßnahmen zum Klimaschutz identifizierbar. „Das LNG-Projekt wirkt ‚transformationshindernd‘ im Bezug auf die sozial-ökologische Transformation. Übergreifend stellen wir eine Umdeutung der Nachhaltigkeitsziele fest, die in diesem Fall für die Legitimation eines fossilen Projektes in Deutschland missbraucht werden.“
Energiewirtschaftliche Notwendigkeit
Durch die Stabilisierung der deutschen und europäischen Erdgasmärkte im Jahr 2023 hat sich die energiewirtschaftliche Situation im Vergleich zum Vorjahr wesentlich verändert. Es hat im Winter 2022/23 keine Gasmangellage gegeben, und auch für den Winter 2023/24 ist diese nicht II absehbar. Die zu Beginn der Heizperiode 2023/24 vorherrschenden Speichervolumina von knapp 240 TWh in Deutschland (~ 95% der Kapazität), beziehungsweise 1070 TWh in ganz Europa (ebenfalls ~ 95% der Kapazität), sowie die im System befindlichen Mengen an Erdgas reichen aus, selbst in sehr kalten Wintermonaten sowohl Deutschland als auch Osteuropa, das teilweise mitbeliefert werden müsste, auskömmlich zu versorgen. Zusätzlich bestehen erhebliche Flexibilitäten bei der Nutzung bestehender Importkapazitäten für Flüssigerdgas.
Es liegen absehbar keine strukturellen Netzengpässe vor, die die Versorgung Ostdeutschlands gefährden würden. Etwaige Netzengpässe innerhalb Deutschlands können kostengünstig und zeitnah durch Flussumkehr auf ehemals in Ost-West-Richtung betriebenen Verbindungsleitungen beseitigt werden. Zusätzliche Importkapazitäten für Flüssigerdgas in Ostdeutschland sind deshalb nicht zwingend notwendig. „Der Standort Mukran ist energiewirtschaftlich nicht zur Vermeidung einer Gasmangellage im Winter 2023/24 notwendig.“
Perspektiven einer regionalen Wasserstoffwirtschaft
Die perspektivische Weiterentwicklung der in Mukran geplanten Infrastruktur für die Nutzung von Wasserstoff, Ammoniak oder Methanol seien rein hypothetisch zu betrachten und mit hohen Unsicherheiten versehen. Dies liege daran, dass die eingeplanten FSRUs grundsätzlich nicht zur Umrüstung auf die Anlandung von Wasserstoff, bzw. von entsprechenden Derivaten geeignet seien. Erweiterungen, beispielsweise für feste LNG-, Wasserstoff- oder Ammoniakterminals, müssten eigene Genehmigungsverfahren durchlaufen und fielen nicht unter das LNG-Beschleunigungsgesetz.
Der Aufbau fossiler Infrastruktur ohne ausgearbeitete einheitliche und detaillierte Transformations- und Investitionspläne seien hinsichtlich der techno-ökonomischen- aber auch klimaschutztechnischen Risiken nicht schlüssig und hoch risikobehaftet.
Fazit
„Es gibt weder energiewirtschaftliche noch industriepolitische Argumente für die Entwicklung des LNG-Projekts Mukran. Die Bundesregierung sollte den Ausbau von LNG-Infrastruktur stoppen und die verfügbaren Finanzmittel für Energiewende-kompatible Projekte verwenden. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern sollte sich gegen das Industrieprojekt Mukran aussprechen, welches energiewirtschaftlich nicht notwendig ist, keine alternativen ökonomische Perspektiven im Bereich Wasserstoffwirtschaft bietet und gleichzeitig die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung auf Rügen gefährdet. Die geplante neue Infrastruktur in Mukran/Hafen steht im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen.“
->Quellen:
- diw.de/energiewirtschaftliche_und_industriepolitische_bewertung_des___ndbericht___studie_im_auftrag_der_deutschen_umwelthilfe_e.v.
- tu.berlin//diw-und-tu-forschende-das-lng-terminal-vor-ruegen-ist-ueberfluessig-und-klimaschaedlich
- duh.de/deutsche-umwelthilfe-deckt-auf-lng-terminal-vor-ruegen-fuer-sichere-energieversorgung-von-ostdeutschl