Import Seltener Erden verringern
Die EU arbeitet an neuen Rechtsvorschriften zur Förderung des Recyclings von Seltenen Erden. Aber vor allem die Pläne, Dauermagneten aus Windkraftanlagen und E-Autos zu recyclen, werden von weiten Teilen der Industrie mit gemischten Gefühlen aufgenommen, schreibt Frédéric Simon am 07.11.2023 im Portal EURACTIV.com. Im Oktober stimmte das Europäische Parlament über seinen Standpunkt zum vorgeschlagenen EU-Gesetz über kritische Rohstoffe ab. Damit soll die Selbstversorgung der EU mit Mineralien, die für den ökologischen und digitalen Wandel benötigt werden, gefördert werden.
Der Gesetzesentwurf (dem die EU-Mitgliedstaaten noch zustimmen müssen, bevor er in Kraft tritt) sieht ehrgeizige Ziele für Abbau, Verarbeitung und Recycling von wichtigen Rohstoffen in Europa vor, um die Abhängigkeit der EU von Importen aus Ländern wie China zu verringern.
Zu den neuen Bestimmungen gehören Maßnahmen zur Förderung des Recyclings von Permanentmagneten, die in Windkraftanlagen, Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und Waschmaschinen verwendet werden. „Dauermagnete werden in vielen Produkten eingesetzt, wobei Windturbinen und Elektrofahrzeuge die wichtigsten und am schnellsten wachsenden Anwendungen sind“, heißt es in dem am 14. September angenommenen Text des Europäischen Parlaments.
- Die neuen EU-Vorschriften sind in Artikel 27 des Verordnungsentwurfs enthalten, der die Hersteller dazu verpflichtet, Informationen über „das Gewicht, die Lage und die chemische Zusammensetzung aller einzelnen Dauermagnete“, die in ihren Produkten enthalten sind, offenzulegen und Anweisungen für den Zugang zu diesen Magneten und deren Entfernung bereitzustellen.
- Artikel 28 verpflichtet die Hersteller, „auf einer frei zugänglichen Website den Anteil von Neodym, Dysprosium, Praseodym, Terbium, Bor, Samarium, Nickel und Kobalt“, der in ihren Produkten enthalten ist, öffentlich zugänglich zu machen, damit diese Materialien gesammelt und recycelt werden können. Die Europäische Kommission werde anschließend spezifische Durchführungsbestimmungen erlassen, die einen Mindestanteil an recycelten Materialien für die Herstellung neuer Dauermagnete vorschreiben.
Diese Regeln sollten „spätestens bis zum 31. Dezember 2030“ angenommen werden – in einer Reihe spezieller delegierter Rechtsakte „zur Festlegung von Mindestanteilen“ für kritische Rohstoffe, die aus Post-Verbraucher-Abfällen zurückgewonnen werden, heißt es in dem Verordnungsentwurf.
Autohersteller besorgt, Windindustrie aufgeschlossen
Die Automobilhersteller sind jedoch nicht begeistert von den neuen Recycling-Anforderungen und äußerten schon ihre Bedenken (über den Europäischen Verband der Automobilhersteller): „ACEA hat erhebliche Vorbehalte gegenüber dem Vorschlag für Konformitätsanforderungen in Bezug auf Dauermagnete“, sagte der Branchenverband gegenüber Euractiv. Er verwies auf die widersprüchlichen Anforderungen zwischen Artikel 40, der unmittelbare Änderungen an der EU-Typgenehmigungsverordnung für Fahrzeuge vorsieht, und den in Artikel 27 enthaltenen Vorschriften über die Kreislauffähigkeit von Dauermagneten. „Die europäischen Fahrzeughersteller brauchen Kohärenz zwischen den Anforderungen des Gesetzes über kritische Rohstoffe, den Verpflichtungen am Ende der Lebensdauer und den Änderungen in der Gesetzgebung für die Typgenehmigung – und eine ausreichende Vorlaufzeit für die Umsetzung“, hieß es in einer E-Mail von ACEA an Euractiv.
Die Windturbinenhersteller ihrerseits sind nicht gegen neue Ziele der Kreislaufwirtschaft. Sie sagen jedoch, dass die oberste Priorität darin bestehen sollte, zunächst eine funktionierende Recycling-Lieferkette einzurichten, bevor spezifische Ziele in Betracht gezogen werden können. „Heute werden Dauermagnete nur in sehr geringem Umfang recycelt, da nur wenige Turbinen mit Dauermagneten ausgemustert werden“, sagt Christoph Zipf vom Branchenverband Wind Europe, einem. Die meisten Windturbinen, die heute ausgemustert werden, würden keine Permanentmagnete enthalten, da diese hauptsächlich in Offshore-Anlagen und erst seit etwa 2014 verwendet werden, erklärt Zipf.
Da Offshore-Windturbinen für eine Lebensdauer von etwa 30 Jahren ausgelegt sind, werden die Materialien noch eine Weile nicht verfügbar sein. „Es gibt wahrscheinlich nicht viel Material, das bis 2030 für das Recycling zur Verfügung stehen wird, geschweige denn früher. Daher ist es wichtig, dass die Anforderungen an das Recycling für bestimmte Anwendungen festgelegt werden“, so Zipf gegenüber Euractiv. Wind Europe ist jedoch der Ansicht, dass das Potenzial für das Recycling letztendlich erheblich sein wird. „Mit einem geeigneten Abfallrahmen sollte es möglich sein, 100 Prozent der Permanentmagnete zu sortieren, zu sammeln und für das Recycling vorzubereiten“, so Zipf.
Haushaltsgeräte
Ein weiterer wichtiger Industriezweig, auf den die neuen Recyclingvorschriften abzielen, sind die Hersteller von Haushaltsgeräten wie Wärmepumpen, Waschmaschinen, Wäschetrocknern, Mikrowellen, Staubsaugern und Geschirrspülern. Diese müssten ein Etikett tragen, das die Recycler darüber informiert, ob sie Permanentmagnete enthalten oder nicht.
Einige Hersteller verwenden bereits heute Magnete aus recycelten kritischen Rohstoffen, sagt Paolo Falcioni, Generaldirektor vom Handelsverband Applia, der Hersteller von Haushaltsgeräten wie Whirlpool, Dyson, Miele oder Electrolux vertritt. Das Recyceln dieser Magnete sei jedoch derzeit noch eine Herausforderung. „Nehmen wir den Fall einer Waschmaschine, in deren Motor sich Permanentmagnete befinden. Nach der heutigen Praxis wird der Motor normalerweise zusammen mit dem Dauermagneten geschreddert, der nicht von den anderen Fraktionen getrennt und daher nicht zurückgewonnen wird“, erklärt er gegenüber Euractiv.
Ihm zufolge besteht der erste Schritt darin, sicherzustellen, dass alle Elektro- und Elektronikabfälle effektiv gesammelt werden. Außerdem müssen die Wissenslücken in Bezug auf die Qualität und Quantität von Sekundärrohstoffen, die aus Verbraucherabfällen gewonnen werden, geschlossen werden. Falcioni meint jedoch, dass 2030 zu früh sein könnte, um verbindliche Zielvorgaben für den recycelten Anteil in neuen Haushaltsgeräten einzuführen, wie es der Entwurf der EU-Verordnung vorschlägt.
„Die Zielvorgabe für das Jahr 2030 ist bereits eine große Herausforderung für die Industrie, da es noch ein weiter Weg ist, Permanentmagnete beim Recycling von anderen Fraktionen zu trennen“, so Falcioni in einer E-Mail. „Die Entwicklung neuer Recycling-Technologien muss einhergehen mit der Garantie, dass die benötigten Mengen an recyceltem Material in der richtigen Qualität verfügbar sind. Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt werden, würde sich jedes Ziel für den recycelten Anteil als unrealistisch erweisen“, fügte er hinzu.
Recycler zurückhaltend
Auch die Recycler sind vorsichtig. Sie sagen, die EU solle das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Derzeit würden Dauermagnete nur in China und Japan recycelt, so die European Recycling Industries Confederation (EuRIC). In Europa hingegen werden nur experimentelle Pilotprojekte durchgeführt – eines davon in der Region Grenoble in Südfrankreich. „Es gibt mehrere Gründe, warum das Recycling immer noch begrenzt ist. Die Hauptgründe sind das Fehlen effizienter Sammelsysteme, die unerschwinglichen Kosten für den Aufbau von Recyclingkapazitäten für Seltene Erden, technologische Probleme, die Produktlebensdauer, chemische Entwicklungen und die wirtschaftliche Rentabilität“, sagt Rikarnto Bountis, technischer Berater bei EuRIC.
Für die Recycler besteht der erste Schritt darin, dafür zu sorgen, dass überhaupt ausreichende Mengen an Magneten für das Recycling zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass die Sammlung und Sortierung von gebrauchten Haushaltsgeräten, Elektroautobatterien und Windturbinen intensiviert werden muss. „Das eigentliche Problem für uns besteht zunächst darin, Zugang zu den Magneten zu bekommen, die ein tragfähiges Modell [in Bezug auf die mit dem Recycling verbundenen Sortier- und Logistikkosten] darstellen“, sagte Bountis gegenüber Euractiv. „Je schwieriger der Zugang zu ihnen ist, desto mehr steigen die Kosten für das Recycling“, erklärt er.
Für EuRIC besteht die Hauptüberlegung darin, das Recycling von Dauermagneten als Geschäft wirtschaftlich rentabel zu machen. In dieser Hinsicht unterstützt die Branche die Pläne der Europäischen Kommission, Zielvorgaben für die Verwendung recycelter Rohstoffe in neuen Dauermagneten festzulegen, da dies die Nachfrage steigern und letztendlich zu einer Kostensenkung beitragen wird.
Die Arbeit an den Zielvorgaben für den recycelten Anteil von Dauermagneten „muss so weit wie möglich vorangetrieben werden, wobei 2027 ein ehrgeiziges, aber realistisches Datum ist“, erklärte EuRIC gegenüber Euractiv in einem per E-Mail übermittelten Kommentar. Gleichzeitig warnt EuRIC davor, willkürliche Recycling-Ziele festzulegen. Diesen müsse eine gründliche Folgenabschätzung vorausgehen, um die technische Machbarkeit und die wirtschaftlichen Modelle zu bewerten, die für ihre Erreichung erforderlich sind. „Alles in allem sind wir der Meinung, dass ein Recyclingziel von 100 Prozent, unabhängig vom Material, nicht machbar ist und der Recyclingindustrie am Ende mehr schaden als nützen wird“, warnte Bountis.
->Quelle: euractiv.de/seltene-erden-eu-moechte-windraeder-und-co-fuer-dauermagneten-recyclen