Rat und Parlament einigen sich vorläufig über neuen EU-Rechtsakt
Die Verhandlungsführer des Europäischen Ratsvorsitzes und des EU-Parlaments haben sich am 17.11.2023 vorläufig über einen vorgeschlagenen EU-Rechtsakt geeinigt, mit dem Umweltstraftaten besser ermittelt und verfolgt werden könnten. Mit der neuen Richtlinie sollen Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen festgelegt werden, um die Umwelt besser zu schützen, und die Richtlinie aus dem Jahr 2008 ersetzt werden, die angesichts der Entwicklungen im EU-Umweltrecht überholt ist.
In der Richtlinie wird Umweltkriminalität genauer definiert, und es werden neue Kategorien aufgenommen. Außerdem wird die Höhe der Strafen für natürliche Personen und erstmals auch für juristische Personen in allen EU-Mitgliedstaaten harmonisiert.
Mehr abgedeckte Straftaten …
Der Rat und das Europäische Parlament haben sich darauf geeinigt, die Zahl der Straftaten, die derzeit im EU-Strafrecht festgelegt sind, von neun auf 18 zu erhöhen. Dadurch wird erweitert und präzisiert, was als verbotene umweltschädigende Handlung gilt. Zu den neuen Straftaten zählen der illegale Holzhandel, der in einigen Teilen der Welt eine der Hauptursachen für die Entwaldung ist, das illegale Recycling umweltschädlicher Schiffsteile und schwerwiegende Verstöße gegen die Rechtsvorschriften über Chemikalien.
Der Rat und das Europäische Parlament haben sich auch auf eine Klausel zu „qualifizierten Straftaten“ geeinigt. In der Richtlinie aufgeführte Straftaten, die vorsätzlich begangen werden, werden als qualifizierte Straftat eingestuft, wenn sie zu Zerstörung, irreversiblem, großflächigem und erheblichem Schaden oder dauerhaftem, großflächigem und erheblichem Schaden eines Ökosystems von erheblicher Größe oder erheblichem ökologischem Wert, eines Lebensraums innerhalb eines geschützten Gebiets oder der Luft-, Boden- oder Wasserqualität führt.
… und härtere Strafen
Für natürliche Personen, die eine der von der Richtlinie erfassten Straftaten begehen, werden im Text folgende Sanktionen festgelegt:
- Bei vorsätzlich begangenen Straftaten, die den Tod einer Person verursachen, eine Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zehn Jahren
- Bei einer qualifizierten Straftat, die verheerende Auswirkungen hat, eine Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens acht Jahren
- Bei zumindest grob fahrlässig begangenen Straftaten, die den Tod einer Person verursachen, eine Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren
- Bei anderen vorsätzlich begangenen Straftaten, die in den Rechtsvorschriften enthalten sind, eine Freiheitsstrafe im Höchstmaß von entweder mindestens fünf Jahren oder mindestens drei Jahren
Im Falle juristischer Personen sieht der Rechtsakt folgende Sanktionen vor:
- Für die schwersten Straftaten eine Höchstgeldstrafe oder -geldbuße von mindestens 5 % des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person oder alternativ 40 Mio. €
- Für alle anderen Straftaten eine Höchstgeldstrafe oder -geldbuße von mindestens 3 % des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person oder alternativ 24 Mio. €
Es können auch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, darunter die Verpflichtung des Täters, den vorherigen Zustand der Umwelt wiederherzustellen, oder die Verpflichtung zum Ausgleich, der Ausschluss vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung oder die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen.
Schulung und Ressourcen
Ferner werden die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass den Personen, die Umweltkriminalität aufdecken, untersuchen und strafrechtlich verfolgen, wie Richter, Staatsanwälte und Polizeibehörden, Schulungen angeboten werden. Die EU-Länder werden außerdem sicherstellen müssen, dass diese Behörden über ausreichende Ressourcen, etwa in Bezug auf die Anzahl an qualifizierten Mitarbeitern und finanzielle Ressourcen, verfügen, um ihre Aufgaben im Rahmen der Richtlinie auszuüben. Die Richtlinie enthält auch Bestimmungen zur Unterstützung von Personen, die Umweltkriminalität melden, die sich für den Schutz der Umwelt engagieren oder die von Umweltkriminalität betroffen sind.
Hintergrund und nächste Schritte
Umweltkriminalität ist eine der weltweit profitabelsten Aktivitäten des organisierten Verbrechens und hat beträchtliche Auswirkungen auf die Umwelt und auf die menschliche Gesundheit. Sie ist äußerst lukrativ, aber schwer aufzudecken, zu verfolgen und zu bestrafen.
Eine erste EU-Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt wurde im Jahr 2008 angenommen. Nach einer Bewertung im Zeitraum 2019-2020 kam die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass die Wirkung der Richtlinie begrenzt war, da die Zahl der Fälle, die erfolgreich untersucht und rechtlich geahndet wurden, weiterhin gering war. Zudem waren die verhängten Sanktionen zu niedrig, um abschreckend zu wirken, und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde nicht systematisch verfolgt. Am 15. Dezember 2021 legte die Kommission einen Vorschlag zur Verbesserung der Wirksamkeit der Richtlinie vor.
Diese Einigung muss noch von beiden Organen bestätigt werden, bevor das förmliche Annahmeverfahren eingeleitet werden kann.