Gut die Hälfte der Todesfälle durch Luftverschmutzung hängen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen
Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe würde nicht nur den Klimawandel bremsen. Er könnte pro Jahr weltweit auch fünf Millionen Todesfälle durch Luftverschmutzung verhindern. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team, an dem auch ForscherInnen des Max-Planck-Instituts für Chemie beteiligt waren. Die Forschenden ermittelten die Belastung durch Luftverschmutzung und deren gesundheitlichen Auswirkungen. Dabei ordneten sie sowohl die Gesamtsterblichkeit als auch die krankheitsspezifischen Sterbefälle bestimmten Emissionsquellen zu. Im British Medical Journal (BMJ) haben sie am 06.12.2023 gezeigt, dass die Verfeuerung fossiler Brennstoffe pro Jahr weltweit etwa zu fünf Millionen Todesfällen führt, die sich durch eine konsequente globale Energiewende verhindern ließen.
Luftverschmutzung vor allem mit Feinstaub ist nach wie vor eine der größten Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Frühere Schätzungen der Sterblichkeit, die auf sie zurückzuführen ist, variieren erheblich. Das liegt vor allem an unterschiedlichen Annahmen, wie sich die Schadstoffbelastung auf die Gesundheit auswirkt, ergibt sich aber auch dadurch, dass die Studien unterschiedliche Todesursachen berücksichtigten. Darüber hinaus haben nur wenige Studien die globale Sterblichkeit auf bestimmte Quellen der Luftverschmutzung zurückgeführt. Dies holt ein Team unter Leitung von Jos Lelieveld und Andrea Pozzer vom Max-Planck-Institut für Chemie und Andy Haines von der London School of Hygiene & Tropical Medicine jetzt nach. Die Studie, die in der Fachzeitschrift BMJ erschienen ist, schätzt ab, wie stark bei einem Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe die Luftverschmutzung abnehmen würde und wie das sowohl die krankheitsspezifische Mortalität als auch die Gesamtsterblichkeit senken würde.
„Wir schätzen, dass weltweit etwa 5,1 Millionen Todesfälle pro Jahr auf Luftverschmutzung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe zurückzuführen sind“, sagt der Atmosphärenchemiker Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie. „Diese könnten durch den Umstieg auf saubere, erneuerbare Energiequellen vermieden werden.“
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache
52 Prozent der Todesfälle durch Luftverschmutzung hängen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen. Dies sind insbesondere ischämische Herzerkrankungen (30 Prozent), bei denen die Durchblutung des Herzens gestört ist und die zu Herzinfarkten führen können. Schlaganfälle und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung machen jeweils etwa 16 Prozent aus, Diabetes etwa 6 Prozent. Rund 20 Prozent der Todesfälle durch Luftverschmutzung ließen sich keiner spezifischen Krankheit zuschreiben, dürften aber teilweise mit Bluthochdruck und neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson zusammenhängen.
„Luftverschmutzung verursacht und verschlimmert Herz-Kreislauf-Erkrankungen, was insbesondere die Anfälligkeit des Herz-Kreislauf-Systems für Feinstaub zeigt“, erklärt der Kardiologe und Koautor Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz. „Daher ist es von größter Bedeutung, die Luftverschmutzung als bedeutenden kardiovaskulären Risikofaktor anzuerkennen.“
Jegliche Verringerung der Luftverschmutzung verhindert Todesfälle
Die Belastung durch gas- und partikelförmige Luftschadstoffe haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem datengestützten globalen Atmosphärenmodell berechnete. Indem sie in den Computersimulation nacheinander die unterschiedlichen Quellen der Luftverschmutzung ausschalteten, ermittelten sie für jede Quelle, wie stark sie zur Belastung durch Feinstaub (PM2,5) beiträgt. Das Team verwendete zudem satellitengestützten Feinstaub- und Bevölkerungsdaten, Daten der Global Burden of Disease Studie von 2019 und relative Risikomodellierungen, die zeigen, wie eine bestimmte Schadstoffexposition die Gesundheit beeinträchtigt. Darüber lassen sich die krankheitsspezifische Sterberate und die Gesamtmortalität, die auf eine Langzeitbelastung mit Feinstaub (PM2,5) und Ozon (O3) zurückzuführen sind, verschiedenen Emissionsquellen zuordnen.
„Wir haben für vier verschiedene Szenarien bestimmt, um wie viel sich durch fossile Brennstoffe verursachte Emissionen vermindern würden“, erklärt Andrea Pozzer, Gruppenleiter am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Im ersten Szenario werden die Quellen schrittweise ausgeschaltet. Das zweite und dritte Szenario gehen jeweils von einer 25- beziehungsweise 50-prozentigen Reduzierung aus. Im vierten Szenario schließlich gibt es keinerlei anthropogene, sondern nur natürliche Emissionen wie zum Beispiel Wüstenstaub und Ruß aus natürlichen Waldbränden.
Die Simulationen zeigen, dass die gesundheitliche Wirkung annähernd linear mit der Schadstoffexposition zusammenhängt. Daraus schlussfolgert das Wissenschaftlerteam, dass jegliche Verringerung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen die Zahl der Todesfälle durch Luftverschmutzung senkt.
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