Sparen am falschen Ende, obwohl im Koalitionsvertrag
Finanzminister Christian Lindner hat in einem Zeitungsinterview dem Klimageld in der aktuellen Legislaturperiode eine Absage erteilt. Umwelt- und Sozialverbände kritisieren, dass die FDP in einer äußerst heiklen Phase damit die gesellschaftliche Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen aufs Spiel setzt. Zur Erläuterung, bzw. Verwirrung ein Ausschnitt aus der Bundespressekonferenz vom 15.01.2024. Schließlich ein Kommentar von Leonard Burtscher, Referent für Energie- und Klimapolitik am Umweltinstitut München.
Frage: „Ich habe eine Frage ans Klimaministerium und ans Bauministerium. Herr Lindner, der Finanzminister, hat gesagt, das Klimageld komme nicht mehr und auch über die Auszahlung werde erst nach der nächsten Bundestagswahl entschieden, also darüber, ob sie überhaupt kommt, nicht, ob sie technisch möglich ist. Er hat das damit begründet, dass die Gelder im Moment für anderes gebraucht würden, unter anderem für Gebäudesanierung, Wärmepumpenförderung usw.. Ich habe es bisher immer so verstanden, dass das eine die Förderung des Umbaus ist und das andere der soziale Ausgleich. Hat sich daran etwas geändert?
Haufe (BMWK):
Die CO2-Einnahmen, die wir als Staat im europäischen Emissionshandel und im nationalen Brennstoffemissionshandel erzielen, werden immer direkt in den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft, in bestimmte Entlastungsmaßnahmen gesteckt, die auch gleichzeitig im Sinne zunehmenden Klimaschutzes oder eben von Klimaneutralität wirken. Das heißt, dass wir die Gelder momentan dazu verwenden, dass die Heizungen ausgetauscht und dass Energieeffizienzmaßnahmen in Gebäuden und andere Maßnahmen durchgeführt werden können, die dazu führen, dass zum Beispiel der Gebäudebestand klimafreundlicher wird, dass also weniger Energie und auch weniger fossile Energie verbraucht werden bzw. dass diese irgendwann komplett ersetzt wird. Das ist ein wichtiger Teil. Gleichzeitig geht es darum, mit den Geldern, die wir einnehmen, die Wirtschaft zu dekarbonisieren. Wir müssen dafür sorgen, dass es eine zunehmend kohlenstofffreie Produktion, aber eben auch Energiegewinnung oder Energieverwendung gibt. Auch dafür sehen wir eigene Programme vor, die wiederum aus diesen CO2-Einnahmen finanziert werden. Wir finanzieren ebenfalls den Wegfall der EEG-Zulage auf den Strompreis durch die gegenwärtigen Einnahmen. Das heißt – es ist mir wichtig, das noch einmal festzustellen -, dass die Einnahmen, die wir haben, gezielt für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Sie versickern nicht im Haushalt, sondern werden über den Klimatransformationsfonds gezielt für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt. So ist das beschrieben und so steht es auch im Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen. Was das Klimageld betrifft, so ist der Auftrag dieser Regierung, einen entsprechenden Auszahlungsmechanismus, eine Organisationsform für das Klimageld vorzulegen. Das ist der Auftrag, den wir in der Regierung verfolgen.
Totz (BMWSB): Das Thema der Sanierungsförderung liegt beim BMWK. Deswegen habe ich dazu nichts zu ergänzen.
Neue Osnabrücker Zeitung: „Bundesfinanzminister Christian Lindner will erst in der nächsten Legislaturperiode über die Auszahlung des von der Ampel-Koalition vereinbarten Klimageldes entscheiden“. Lindner: „Ab 2025 können wir technisch eine Pro-Kopf-Auszahlung vornehmen. Damit liegen wir im Plan. Ob wir die Förderlandschaft in diese Richtung politisch umbauen, das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein.“ Lindner betonte, dass es die Idee des Klimagelds ist, den Menschen die Einnahmen aus dem CO2-Preis pro Kopf zurückzuüberweisen. „Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter. Kurz gesagt, weil ein Haushalt eine Wärmepumpe gefördert bekommt, können in dem Jahr einige hundert andere kein Klimageld ausbezahlt bekommen.“
„Man kann das Geld nicht zweimal ausgeben. Das Klimageld würde also die Förderungen, die wir jetzt haben, ersetzen.“ Über einen solchen Systemwechsel kann aus seiner Sicht erst nach der nächsten Bundestagswahl entschieden werden. (noz.de/finanzminister-lindner-klimageld-kommt-spaeter-wenn-ueberhaupt)
Zusatzfrage Wie wird der soziale Ausgleich denn dann finanziert? Das ist die eine Frage.
Die andere, im Moment wichtigere Frage ist: Das heißt, dass Sie bestätigen, dass es in dieser Legislatur wirklich nicht mehr kommt. Bestätigen Sie auch, dass offen ist, ob es in der nächsten kommt?
Haufe (BMWK) Sie sprechen jetzt von Äußerungen, die der Bundesfinanzminister gemacht habe. Diese kann ich hier jetzt nicht kommentieren.
Für uns ist klar, dass die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für ein Klimageld geschaffen werden sollen. Das passiert ja. Das hat der Bundesfinanzminister bestätigt. Darum geht es im Moment. Wenn dieser Mechanismus dann da ist, wenn also eine Direktauszahlung des Staates erfolgen kann – das ist haushaltsweit und direkt an Privathaushalte und an Personen bis heute gar nicht möglich -, dann lässt sich auch darüber sprechen, wie das Klimageld selber ausgestaltet wird. Diesen sozialen Ausgleich zu schaffen, ist, wie gesagt, Aufgabe der Regierung.
Aber Sie fragen jetzt nach dem bestehenden sozialen Ausgleich. Ich habe Ihnen gerade Maßnahmen genannt, wie Haushalte, die zum Beispiel einen Heizungsumtausch vornehmen, eine Förderung in Höhe von bis zu 70 Prozent bekommen können. Gerade Haushalte, die weniger Einkommen haben, können diese 70 Prozent voll ausschöpfen. Das ist zum Beispiel eine Maßnahme des sozialen Ausgleichs an dieser Stelle.
Frage Ich möchte an der Stelle kurz den Koalitionsvertrag zitieren. „Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).“
So steht es im Koalitionsvertrag. Das kann gar nicht anders verstanden werden ? so wurde es auch verstanden ?, als dass es sich um eine Geldleistung handelt, die zum einen allen Bürgern zugutekommt und nicht nur denen, die jetzt vielleicht gerade eine Wärmepumpe subventioniert bekommen, und zum anderen kann die Formulierung „wir werden entwickeln“ nur so verstanden werden, als dass diese Entwicklung zum Abschluss gebracht und eingesetzt wird. Was wir jetzt hören, dass geprüft wird, ob das überhaupt geht. Warum ist es der Bundesregierung nicht möglich, das, was sie im Koalitionsvertrag eindeutig signalisiert hat, umzusetzen? Warum dauert es vier Jahre oder länger, um einen Auszahlungsmechanismus zu entwickeln?
StS Hebestreit Ich denke, ich kann das relativ schmal beantworten. Zunächst einmal sind es nicht vier Jahre, sondern zwei Jahre, in denen wir uns jetzt befinden. Da Sie ja auch schon länger hier sitzen, wissen Sie, wie herausfordernd das ist. Der Bundesminister der Finanzen hat im vergangenen Herbst seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass man bis 2024 schon so weit sein werde, also in diesem Jahr. Jetzt habe ich Interviewäußerungen entnommen, dass es vielleicht erst 2025 so weit sein werde, dass man die technischen Voraussetzungen schafft. Das ist ja die Vorgabe dafür. Das Zweite ist, dass wir natürlich – erinnern Sie sich an den Koalitionsvertrag 2021 – seitdem massiv auch in die Senkung der Energiepreise investiert haben. Dabei wurde niemand alleingelassen. Strom- und Gaspreisbremse sind dafür ein Beispiel. Die Senkung der EEG-Umlage bzw. die Abschaffung der EEG-Umlage ist eine direkte Senkung des Strompreises, den die Endkunden sonst hätten zahlen müssen. Dahinein ist das Geld geflossen.
Die Umwandlung des Geldes, das wir im Augenblick über den CO2-Preis und direkt einnehmen, in welche Projekte das überall hineinläuft, das hat Herr Haufe ausführlich beschrieben. Diese Summe steht nicht zweimal zur Verfügung. Das Klimageld wollen und müssen wir perspektivisch dann, wenn der europäische Emissionshandel ab 2027 in die zweite Stufe gerät, auf alle Fälle auf den Weg bringen. Das haben wir uns klar vorgenommen. Vorher müssen wir aber die Bedingungen schaffen, dass wir es ermöglichen können, indem wir nämlich die Auszahlungsmechanismen erledigen. Ich müsste jetzt spekulieren, welches Amt genau es ist, das die Grundlagen dafür schaffen muss. In dieser Situation sind wir. Aber das, was diese Bundesregierung in den vergangenen mehr als zwei Jahren getan hat, war eine massive Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit den hohen Energiepreisen.
Zusatzfrage Wenn kein Zusatz kommt, dann stelle ich die Frage noch einmal. In dem Zitat ist deutlich und explizit von der Entwicklung eines Klimageldes die Rede. Das war die Ankündigung der Ampel. Klimageld bedeutet von der Begrifflichkeit her eine Summe, die jedem Bürger zukommt. Können Sie erklären, warum es nicht möglich ist, einen solchen Rück- oder Auszahlungsmechanismus innerhalb einer Legislaturperiode zu entwickeln und umzusetzen?
StS Hebestreit Ich dachte eigentlich, dass ich das gerade zu erklären versucht habe. Erst einmal geht es um die Entwicklung dieses Mechanismus. Da sind wir dran. Die Legislaturperiode endet im Herbst 2025. Dann können wir dieses Gespräch, ob dieser Mechanismus bis dahin besteht oder nicht, gern noch einmal führen. Zum Zweiten habe ich Ihnen deutlich gemacht, welch hohe Summe diese Regierung auch aufgrund der veränderten internationalen Situation aufgewandt hat, um die Strom- und überhaupt die Energiepreise zu senken und abzudämpfen und den Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine und seinen Folgen zu begegnen. Deswegen sind wir in der Situation, in der wir jetzt sind.
Aber das Projekt wird weiter angestrengt vorangetrieben. Über die technischen Schwierigkeiten, die damit einhergehen, hat unter anderem der Bundesminister der Finanzen in der Vergangenheit mehrfach Auskunft gegeben und wird das sicherlich auch in Zukunft tun.
Frage Das Schöne ist, dass wir an der Stelle gar nicht auf ihn zu warten brauchen. Herr Olpen, Sie sind ja für das BMF hier. Dann können Sie uns doch sicherlich darlegen, worin genau derzeit noch Schwierigkeiten bestehen, einen Auszahlungsmechanismus zu etablieren, und wo auf dem Wege dahin Sie jetzt sind.
Olpen (BMF) Vielen Dank für die Frage. Das kann ich gern tun. Das trägt vielleicht auch noch zur Erhellung bei. Der Stand der Dinge ist, dass wir, was die Etablierung des Direktauszahlungsmechanismus angeht, im Zeitplan sind. Momentan arbeitet das Bundeszentralamt für Steuern daran, diesen Auszahlungsmechanismus zu schaffen. Die Rechtsgrundlage ist bereits mit dem Jahressteuergesetz 2022 geschaffen worden. Konkret geht es darum, die IBAN der einzelnen Bürger in einer ID-Datenbank zuspeichern zu können. Daran wird jetzt gearbeitet. Die technischen Voraussetzungen für die Übermittlung der IBAN an das BZSt liegen seit dem 1. Dezember vergangenen Jahres vor.
Der Aufbau der Datenbank ist allerdings ein fortlaufender Prozess. Das heißt, es gibt verschiedene Wege, wie IBAN der Bürgerinnen und Bürger zugespeichert werden. Das erfolgt einerseits über Kreditinstitute; das erfolgt aber andererseits auch über staatliche Institutionen. In diesem Prozess sind wir momentan. Das ist tatsächlich ein auch technisch durchaus herausfordernder Prozess.
Zusatzfrage Ich habe immer noch nicht verstanden, wo eigentlich die technische Schwierigkeit liegt. Denn das Klimageld könnte in der Theorie jeder Bürger für sich in Anspruch nehmen, wenn er es denn wollte. Das heißt, Sie könnten doch eigentlich die Bürger einfach auffordern, ihre BZSt-ID, also ihre Steuer-ID, beim BZSt mit einer IBAN zu hinterlegen. Die Steuer-ID existiert ja bereits. Ich habe bis heute nicht verstanden, wo dabei das Problem liegt.
Olpen (BMF) Auch das beantworte ich Ihnen gern. Tatsächlich soll es ? auch das habe ich gerade schon erwähnt ? mehrere Wege geben, wie die IBAN zugespeichert wird, zum einen über Behörden, zum anderen auch über freiwillige Angabe der Bürgerinnen und Bürger. Grundsätzlich kommen freiwillige Angaben nicht immer bei jedem an. Deshalb verfolgt man einen ganzheitlichen Ansatz, um möglichst viele IBAN hinterlegen zu können. Das heißt: sowohl freiwillige Abgabe als auch Zuspeicherung über Behörden, bei denen diese Daten bereits vorliegen.
Frage Ich habe eine kurze Nachfrage an Herrn Hebestreit, ob ich es richtig verstanden habe. Es wird weiterhin intensiv an diesem Mechanismus gearbeitet. Spätestens 2027 muss der Mechanismus stehen und tatsächlich greifen, um einen Ausgleich für den europäischen Emissionshandel zu finden. Richtig?
StS Hebestreit So ist die Planung, ja.
Zusatzfrage Bis 2027? (StS Hebestreit nickt.)
Frage Einer der Gründe dafür, warum jetzt überhaupt so viele Bauern, aber auch Spediteure auf der Straße sind, ist ja, dass die Bundesregierung versucht hat, das Haushaltsloch zum einen mit dem Wegfallen der Agrardieselsubvention, aber zum anderen auch mit einer erhöhten CO2-Steuer zu stopfen. Das sind Maßnahmen, die sich jetzt auf die Preise auswirken und noch stärker auswirken werden. Ich habe gerade mit ein paar Leuten gesprochen, die dort vor Ort waren und mir gesagt haben: Es ist ganz klar; wir müssen dann unsere Preise erhöhen. Das heißt, es wird alle Bürgerinnen und Bürger betreffen. Hätte es die Überlegungen für einen Auszahlungsmechanismus zum Ausgleich insofern nicht viel früher geben müssen, nämlich bevor die jetzigen Maßnahmen beschlossen wurden?
StS Hebestreit Aber auch dann müsste das Geld irgendwo herkommen. Es wächst ja nicht auf Bäumen.
Zusatz Das stimmt, aber das hätte man sich ja vorher überlegen können, bevor es jetzt zu dieser Situation kommt, dass Bürgerinnen und Bürger von diesen Preissteigerungen betroffen sind. Das heißt, die Maßnahmen der Bundesregierung, die Preissteigerungen, die daraus folgen, müssen von der Bevölkerung getragen werden.
Haufe (BMWK) Aber es sind zwei verschiedene Dinge, die Sie jetzt anbringen. Erst einmal: Es gibt keine CO2-Steuer, sondern es ist eine CO2-Abgabe auf Kraftstoffe und fossile Energien, die indirekt erfolgt. Wir sind dazu verpflichtet, die Gelder, die wir einnehmen, möglichst so einzusetzen, dass sie tatsächlich eine Treibhausgasminderung hervorrufen. Für genau diesen Bereich an Geldern, für die Einnahmen aus dem Emissionshandel, habe ich dargelegt, wie wir das machen. Das Klimageld hat eine andere Funktion. Herr Hebestreit hat gerade ausgeführt, in welcher Weise wir im vergangenen Jahr soziale Entlastung in großem Maß gerade auch im Energiebereich organisiert haben. Insofern ist das an der Stelle durchaus überlegt und durchdacht entschieden worden.
Frage Herr Hebestreit, der Kollege hat den Koalitionsvertrag schon angesprochen. Das war ja ein zentrales Versprechen der Ampel beim Start. Jetzt wird es offenbar gebrochen. Gehen Sie davon aus, dass der Unmut in der Bevölkerung deswegen noch einmal wachsen wird?
StS Hebestreit Noch einmal: Wenn Sie das, was der Kollege zitiert hat, genau lesen, werden Sie feststellen, dass dort ausgesagt wird, dass dieser Mechanismus etabliert werden soll, dass wir einen Weg finden, um so etwas auszuzahlen. Das Geld, das wir bisher einnehmen, haben wir unter anderem in die Senkung oder Abschaffung der EEG-Umlage gesteckt. Wir haben dann in den vergangenen 15 Monaten die Energiepreise in diesem Land in einem nicht gekannten Ausmaß abgedämpft mit den Folgen, die das hat. Gleichzeitig bleiben wir dabei, dieses Projekt voranzutreiben. Dabei, jetzt einen – wie haben sie das genannt? – Wortbruch oder so etwas herbeizureden, kann ich ihnen nicht folgen.
Zusatz Das Klimageld, das so drinsteht, kommt ja nicht, sondern sie verwenden es anders, wie sie es jetzt gerade interpretiert haben. Aber so, wie es die Ampel versprochen hat, dass man das, was man über eine CO2-Abgabe ausgibt, als Bürger wieder zurückbekommt, kommt es nicht.
Haufe (BMWK) Vielleicht muss man sich dazu die Entwicklung der Zertifikatepreise im CO2-Handel noch einmal anschauen, was den nationalen Brennstoffemissionshandel betrifft. Hierbei ? so ist es eigentlich immer verstanden worden ? sieht man, dass eine deutliche Erhöhung der CO2-Abgabe ab 2026, 2027 erwartet wird, weil die Zertifikate dann frei gehandelt werden können. Das heißt, wir rechnen mit deutlichen Preissteigerungen bei fossilen Energien oder bei fossilen Kraftstoffen ab diesem Zeitpunkt. Dann wird auch der europäische Emissionshandel für Wärme und Verkehr gelten, der ein ähnliches offenes System vorsieht.
Das Klimageld ist als Ausgleichsmaßnahme dafür angedacht, dass diese Preissteigerungen eintreten. So ist die Konzeption. Deswegen ist eigentlich immer auch diese wachsende, zunehmenden Belastung, die durch die Emissionspreise kommen muss, als Voraussetzung angesehen.
Frage Ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass ich maximal verwirrt werden soll. Ich frage Sie einmal danach. Ich habe zum Beispiel Herrn in der Beek, den klimapolitischen Sprecher der FDP, gefragt: Wie sieht es mit dem Klimageld aus? Dass dieser Mechanismus entwickelt werden muss, ist ja klar. Aber er sagte: Wir sorgen im Jahre 2024 dafür, dass das Geld für das Klimageld in den Bundeshaushalt 2025 eingestellt wird. Es ging vermutlich darum, dass dazwischen eine Wahl liegt. Herr Habeck und Herr Lindner sagen aber – und das möchte ich gern richtig verstehen -, das Klimageld komme 2025 nicht und werde nicht ausgezahlt. Es werde nicht über die Bundestagswahl hinaus abgesichert, sondern komme frühestens 2027. Die Begründung ist: Dann steigen die CO2-Preise deutlicher als jetzt. – Ist das richtig?
Haufe (BMWK) Herr Habeck hat keine Äußerung vorgenommen, dass das Klimageld zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt kommt.
Zusatzfrage Aber Sie haben das nahegelegt. Dann müssten Sie jetzt sagen, wie Sie es meinen.
Haufe (BMWK) Ich habe Ihnen gerade nahegelegt, wie die Verbindung zwischen der CO2-Preisentwicklung und dem Klimageld aussieht. Sie haben jetzt einen Parlamentarier zitiert – so habe ich es verstanden -, einen Abgeordneten. Das kann ich nicht kommentieren. Im Parlament finden jetzt die Haushaltsverhandlungen statt. Es ist jetzt nicht meine Angelegenheit, das zu beurteilen. Ich habe Ihnen noch einmal dargelegt, wie die Entwicklung dieses Geldes zu verstehen ist, die Konzeption.
Zusatzfrage Sie haben völlig recht, Herr Habeck hat das nicht gesagt. Aber wann kommt das Klimageld? Herr Lindner hat gesagt: später. Der Kollege hat eben nachgefragt. Darauf hat Herr Hebelstreit gesagt: frühestens 2027.
StS Hebestreit Das hat Herr Hebestreit nicht gesagt. Er hat nicht „frühestens 2027“ gesagt. Er hat gesagt, 2027 muss der Mechanismus stehen. Da möchte ich jetzt sehr präzise zitiert werden.
Zusatzfrage Sie haben gesagt, 2027 muss der Mechanismus stehen.
StS Hebestreit Richtig.
Zusatzfrage Das heißt: frühestens 2027.
StS Hebestreit Nein.
Zusatzfrage Wie kann man denn vorher auszahlen, wenn man keinen Mechanismus hat?
StS Hebestreit 2027 müsste er spätestens stehen.
Zusatz Ich bin raus, sorry.
Frage Ich wollte auch noch einmal nachfragen. Herr Hebestreit, wenn Sie jetzt sagen, der Mechanismus müsse dann stehen, können sich die Bürger denn darauf verlassen, dass es das Klimageld vor 2027 gibt?
StS Hebestreit Da bräuchte ich jetzt eine Glaskugel. Wir sind ja die Regierung, die erst einmal bis 2025 gewählt ist. Natürlich streben wir die Wiederwahl an. Aber ich spreche jetzt erst mal für die Zeit. In dieser Phase wollen wir diesen Mechanismus etabliert haben. Der Bundesminister der Finanzen hat sich dazu eingelassen, dass das mit der Auszahlung 2025, wenn ich das richtig gesehen habe, wohl nichts werde. Wenn man die aktuellen Haushaltsdebatten kennt und die Haushaltsdebatten des jetzt anbrechenden Jahres vorausahnt, dann hat man vielleicht auch einen Hinweis, worin die Schwierigkeit liegen würde. Parallel dazu laufen aber alle Vorbereitungen, um diesen Mechanismus zu etablieren. Dann kommt es irgendwann auf den Haushaltsgesetzgeber an zu priorisieren, was man denn möchte ? und das ist dann die Entscheidung. Wichtig für uns ist, dass dieser Mechanismus dann da ist. Wenn man also die Entscheidung trifft, ein Klimageld auszuzahlen, und man einen Weg findet, woher dieses Klimageld stammen soll, dann sollte dieses Geld auch sehr schnell an die Kollegen und alle anderen ausgezahlt werden können und sie passgenau treffen. Es sollte keine Verwechslung geben, dass jemand doppelt oder dreifach begütet wird und andere leer ausgehen.
Zusatzfrage Dann noch einmal die Nachfrage an das BMF: Herr Olpen, hat Herr Hebestreit denn richtig verstanden, was Herr Lindner gesagt hat, und es wird 2025 noch nicht zum Klimageld kommen?
Olpen (BMF) Ich möchte noch einmal den zeitlichen Prozess hervorheben. Die Etablierung des Direktauszahlungsmechanismus ist bis Ende 2024 vorgesehen. Dann ist auch gar nicht mehr so viel Zeit bis zum Ende dieser Legislaturperiode. Das heißt, momentan steht an, mit der gebotenen Sorgfalt und der nötigen Eile den Direktauszahlungsmechanismus insoweit fertigzustellen, dass die Zuspeicherung der IBAN der Bürgerinnen und Bürger erfolgt ist. Dann folgt der Schritt, über das politische Projekt Klimageld im Konkreten zu sprechen.
Frage Herr Olpen, Ihr Minister hat vor fünf Monaten nach der Kabinettsklausur in Meseberg Folgendes gesagt – ich zitiere noch einmal einen Satz -: „Ich gehe davon aus, dass dieser Auszahlungsmechanismus 2024 zur Verfügung steht und damit … deutlich schneller, als wir im Koalitionsvertrag in Erwägung gezogen haben, ein solches Klimageld auszuzahlen.“ Das ist doch die Ankündigung, dass dieses Klimageld noch in dieser Legislaturperiode ausgezahlt wird. Wie soll man es anders verstehen? Können Sie erklären, was in diesen fünf Monaten passiert ist, dass diese Einschätzung des Finanzministers jetzt so nicht mehr gilt?
Olpen (BMF) Zunächst bitte ich um Verständnis, dass ich das Zitat jetzt selbst nicht mehr im Kopf habe. Das ist fünf Monate zurück. Insofern habe ich auch nicht alle Äußerungen des Ministers im Wörtlichen parat. Aber wenn ich mir das anhöre, was Sie gerade vorgetragen haben, dann haben Sie vom Auszahlungsmechanismus gesprochen. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass der Auszahlungsmechanismus bis Ende 2024 abgeschlossen sein soll.
Zusatzfrage Können Sie nachvollziehen, dass für den normalen Bürger der Begriff Auszahlungsmechanismus bedeutet, dass dann auch ausgezahlt wird und nicht noch eine mehrjährige Pause zwischen Entwicklung des Mechanismus und tatsächlicher Zahlung erfolgt?
Olpen (BMF) Gut, das haben wir aber immer so betont. Auch an früherer Stelle war das Klimageld hier Thema. Wir haben auch in der Vergangenheit diese Differenzierung zwischen Direktauszahlungsmechanismus und Klimageld vorgenommen.
Frage Herr Haufe, Sie haben das gerade erörtert. Wenn der Handel mit den Emissionen, mit den CO2-Zertifikaten, kommt, dann erwartet die Bundesregierung eine Preissteigerung. Dann soll das Klimageld greifen. Jetzt haben wir aber die Situation, dass die Maßnahmen, die dieses Haushaltsloch stopfen sollten, auch zu einer Steigerung der CO2-Preise führen. Deshalb sind jetzt so unglaublich viele Leute auf der Straße, unter anderem deshalb. Was möchte denn die Bundesregierung machen, um diese Mehrbelastung wegzunehmen, und zwar jetzt und nicht in mehreren Jahren? Das Problem ist ja jetzt da.
Olpen (BMF) Herr Haufe ist angesprochen, aber ich möchte diesen Belastungsmythos jetzt hier nicht so stehen lassen – sorry für den Begriff Mythos. Es ist ja auch so gewesen, dass die Bundesregierung zu diesem Jahr die Bürgerinnen und Bürger allein um 15 Milliarden Euro bei der Einkommenssteuer entlastet hat und sie auch in den vergangenen Jahren dieser Legislaturperiode zahlreiche Entlastungspakete auf den Weg gebracht hat. Also das, was Sie hier sagen, trifft nicht in Gänze zu.
Haufe (BMWK) Ich kann hinzufügen, dass wir elf Milliarden Euro aus den Einnahmen dafür einsetzen, um die EEG-Umlage, im Grunde genommen auf der Stromrechnung, wegfallen zu lassen.
Zusatzfrage Herr Lindner hat ausgerechnet, eine zweiköpfige Durchschnittsfamilie sollte um 500 Euro entlastet werden. Es ist aber doch damit zu rechnen, dass die CO2-Preise, die jetzt steigen, eine Familie mehr belasten, als diese 500 Euro sie entlasten. Gibt es da irgendwelche Berechnungen vom BMWK, vom BMF, wie viel höher das ausfallen könnte? Und wie will man darauf reagieren, wenn das eben doch viel höher ausfällt als die Steuerentlastungen, die die Bundesregierung vorangetragen hat?
Olpen (BMF) Ich hätte an der Stelle ehrlicherweise nichts mehr ergänzen zu dem, was ich gerade gesagt hatte.
Kommentar von Leonard Burtscher, Referent für Energie- und Klimapolitik am Umweltinstitut München, zum Thema „Klimageld“:
„Wirklich beliebt war das Klimageld bei Christian Lindner wohl nie, sonst würde es vermutlich nicht eine ganze Legislaturperiode dauern, bis nur der Auszahlungsmechanismus eingeführt ist. In Österreich wurde der so genannte Klimabonus bereits ein gutes halbes Jahr nach Einführung der CO2-Bepreisung eingeführt. Menschen in Deutschland zahlen seit 2021 eine CO2-Abgabe, warten bislang aber vergebens auf eine Rückerstattung, angeblich, weil der Auszahlungsmechanismus so schwierig sei.
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition ist eigentlich vorgesehen, dass die Einnahmen aus dem seit 2021 erhobenen CO2-Preis vom Staat direkt an alle BürgerInnen rückerstattet werden. Unterm Strich wären CO2-Bepreisung und Klimageld für den Staat damit ein Nullsummenspiel. Die Ampel hat sich aber dafür entschieden, die Einnahmen aus dem zuletzt deutlich gestiegenen CO2-Preis lieber zur Haushaltskonsolidierung zu verwenden, der nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Corona-Milliarden aus den Fugen geraten war. Eine solche Zweckentfremdung des CO2-Preises ist brandgefährlich, da sie denjenigen in die Hände spielt, die Klimaschutz ohnehin nur als Belastung für die BürgerInnen darstellen wollen. Gerade angesichts der aktuellen Bauernproteste gegen die Streichung der fossilen Agrardieselsubvention und einem Erstarken von rechten bis rechtsextremen Narrativen, wäre jetzt die Zeit, um den Menschen zu zeigen, dass sie von Klimaschutz auch persönlich finanziell profitieren können, wenn die Rahmenbedingungen richtig gesetzt sind. Wenn die FDP sich bei der Einführung des Klimagelds querstellt und gegen allen wissenschaftlichen Rat eine Einführung blockiert, gefährdet sie gleichzeitig die Legitimation des Klimaschutzes und der Demokratie in Deutschland.“
Was ist das Klimageld?
Beim Klimageld handelt es sich um eine pauschale Rückerstattung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Anfang dieses Jahres ist der CO2-Preis zum ersten Mal deutlich von zuletzt 30 Euro auf nun 45 Euro pro Tonne gestiegen. Die Abgabe wird fällig in den Bereichen Verkehr und Wärme. Für jeden Liter Super-Benzin und Diesel zahlen die Menschen in Deutschland etwa 10 Cent beziehungsweise 12 Cent zusätzlich. Bei Erdgas macht die CO2-Abgabe 0,9 Cent pro Kilowattstunde aus. In den kommenden Jahren soll der CO2-Preis weiter steigen und ab 2027 in einen europaweiten CO2-Handel münden. Der Preis soll dann nicht mehr direkt staatlich festgelegt sein, sondern sich aus der verfügbaren Menge an CO2-Zertifikaten ergeben. Aufgrund der Mängel in der Klimaschutzpolitik, insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor, werden dann Kosten von über 200 Euro pro Tonne CO2 erwartet.
Klimaschädliche Subventionen abbauen, CO2-Abgabe für Klimageld
Die CO2-Abgaben der BürgerInnen werden für allerlei andere Ausgaben als das Klimageld verwendet, denn die Regierung sagt, dass sie sparen müsse. Dabei ist es nicht notwendig und nach Meinung der meisten WirtschaftswissenschaftlerInnen in Zeiten der Krisen auch nicht sinnvoll, an Investitionen für Klimaschutz und Transformation zu sparen. Vielmehr könnte die Bundesregierung klimaschädliche Subventionen zügig abbauen. Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft zeigte im Dezember auf, dass auf diese Weise 24 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung gestellt werden könnten. Jenseits der heiß umkämpften Agrardieselvergünstigung für Landwirte, die gerade mal 440 Millionen Euro ausmacht, bietet die Energiesteuervergünstigung für LKW-Diesel viel Potenzial (5,7 Milliarden Euro), so wie auch die Subvention für PKW-Diesel (2,8 Milliarden Euro), die Entfernungspauschale (2,2 Milliarden Euro) und der Steuervorteil für Dienstwagen (1,8 Milliarden Euro).
->Quellen: