Bundes-Rechnnungshof-Kritik erzürnt Regierung: „nichts mit der Wirklichkeit zu tun“
„Das Gelingen der Energiewende ist für Deutschland von herausragender Bedeutung. Ihre Ziele sind ehrgeizig. Bei der Stromversorgung ist die Bundesregierung allerdings nicht auf Kurs“, so „die ernüchternde Bilanz unseres Präsidenten Kay Scheller anlässlich der Veröffentlichung eines Sonderberichts“ in einer Medienmitteilung vom 13.03.2024. „Der Erfolg der Energiewende ist wichtig für ihre Akzeptanz in der Bevölkerung, den Wirtschaftsstandort Deutschland und das Erreichen der Klimaschutzziele“, so Scheller weiter. „Die Bundesregierung sollte unsere Prüfungsfeststellungen zum Anlass nehmen, die aufgezeigten Defizite zu beseitigen.“
Die Energiewende ist ein zentrales Zukunftsprojekt der Bundesregierung. Sie soll nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern auch Deutschlands Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern verringern. Die Bundesregierung sieht daher in der Nutzung erneuerbarer Energien ein überragendes öffentliches Interesse. Sie hat ihrem Ausbau in der Abwägung mit anderen Schutzgütern Vorrang eingeräumt, bis die Stromerzeugung nahezu treibhausgasneutral ist.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat mit Unverständnis auf den Bericht des Bundesrechnungshofs reagiert, wonach die Energiewende den Strom in Deutschland zu teuer mache und die Versorgungssicherheit gefährde, berichtete die FAZ. „Den Bericht des Bundesrechnungshofs habe ich zur Kenntnis genommen, mehr aber auch nicht“, sagte Habeck am Donnerstag während seiner viertägigen Amerikareise in Washington.
Er könne die Kritik nicht nachvollziehen. Die Erzeugungspreise für Strom seien auf Vorkriegsniveau, der Ausbau der Erneuerbaren nehme Fahrt auf. „Ich sage nicht, dass wir durch sind. Aber zu sagen, die Bundesregierung tut nicht genug (…), ist eine erstaunliche Wahrnehmung, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.“ (net/aktuell/habeck-zum-rechnungshof-bericht-nicht-nachvollziehbare-kritik)
Über die Versäumnisse der damaligen Bundesregierung bei der Energiewende habe der Rechnungshof zuletzt 2021 berichtet (mehr dazu hier). Seitdem haben sich die Risiken in allen Bereichen der Energiepolitik verschärft.
Versorgungssicherheit: Bund hinkt Zielen hinterher
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien soll massiv ausgebaut werden. Sie unterliegt jedoch tageszeitlichen, saisonalen und wetterbedingten Schwankungen. Daher muss sie durch Backup-Kraftwerke abgesichert werden. Zudem muss der wachsende Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien zu den Verbrauchern transportiert werden. Hier muss der Bund verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, damit die beteiligten Akteure die hierfür notwendigen Investitionen tätigen. Doch er hinkt seinen Zielen hinterher:
- Insbesondere die Ziele für den Ausbau der Windenergie an Land werden absehbar nicht erreicht. Im Jahr 2023 konnte die Bundesnetzagentur nur für die Hälfte der gesetzlich festgelegten Menge Zuschläge erteilen.
- Den Zeitplan für den Zubau von Backup-Kraftwerken wird das BMWK voraussichtlich nicht einhalten können.
- Der zwingend notwendige Netzausbau hinkt dem Zeitplan um sieben Jahre und 6 000 Kilometer hinterher.
Bezahlbarkeit: Hohe Strompreise als Risiko
Schon heute belasten sehr hohe Stromkosten den Wirtschaftsstandort Deutschland und die privaten Haushalte. Die Energiewende ist mit massiven Kosten verbunden, weitere Preissteigerungen sind absehbar. Allein für den Ausbau der Stromnetze werden bis 2045 Investitionen von mehr als 460 Milliarden Euro notwendig sein (mehr als viermal so viel wie im Zeitraum 2007 bis 2023). Die Bundesregierung muss die Systemkosten der Energiewende anders als bisher klar benennen. Außerdem muss sie endlich definieren, was sie unter einer bezahlbaren Stromversorgung versteht.
Umweltverträglichkeit: Wichtige Daten fehlen
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist für eine treibhausgasneutrale Energieversorgung von herausragender Bedeutung. Gleichzeitig ist er mit negativen Umweltwirkungen verbunden. Knappe Flächen und Ressourcen werden in Anspruch genommen, die biologische Vielfalt wird beeinträchtigt. Die Bundesregierung kann nicht garantieren, dass die Energiewende die Umwelt so wenig wie möglich belastet. Denn für viele Umweltfolgen der Energiewende liegen keine oder nur unzureichende Daten vor. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Energiewende die schutzwürdigen Belange der Umwelt ausreichend berücksichtigt. Dazu muss sie zügig ein wirksames Ziel- und Monitoringsystem zur Umweltverträglichkeit einführen. Dies ist notwendig, um unerwünschte Auswirkungen der Energiewende auf einzelne Schutzgüter frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegensteuern zu können.
Im Wortlaut: Zusammenfassung des Rechnungshofs
Die Energiewende ist bei der Stromversorgung nicht auf Kurs: Die Versorgungssicherheit ist gefährdet, der Strom ist teuer und Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt kann die Bundesregierung nicht umfassend bewerten. Insgesamt haben sich die Risiken seit der letzten Prüfung des Bundesrechnungshofes im Jahr 2021 verschärft.
Die Bundesregierung muss umgehend reagieren, andernfalls droht die Energiewende zu scheitern. Dies hätte gravierende Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland, die gesellschaftliche Akzeptanz der Transformation sowie das Erreichen der Klimaschutzziele.
Ausgangslage
Die Energiewende zielt auf eine grundlegende Umstellung der Energieversorgung in Deutschland auf erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz ab. Ihr Gelingen ist entscheidend für das Erreichen der Klimaschutzziele. Gemäß § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verfolgt die Bundesregierung die energiepolitischen Ziele der Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit.
Der Bundesrechnungshof hat die Umsetzung der Energiewende bereits mehrfach geprüft. Zuletzt empfahl er im Jahr 2021 in einem Bericht nach § 99 BHO, das Monitoring der Versorgungssicherheit zu verbessern und das Strompreissystem grundlegend zu reformieren. Andernfalls sah er das Risiko, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit verliert und die Akzeptanz für die Energiewende sinkt.
- Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Schwachpunkte und weitere Herausforderungen der deutschen Energieversorgung offenbart. Die Bundesregierung hat hierauf mit zahlreichen energiepolitischen Maßnahmen reagiert. Mit dem sogenannten „Osterpaket“ hat sie im Jahr 2022 insbesondere
- die Ausbauziele der erneuerbaren Energien auf 80 % des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2030 festgelegt. Dabei unterstellt sie – insbesondere aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung in den Sektoren Verkehr und Wärme – einen um 33 % auf 750 Terawattstunden (TWh) gestiegenen Bruttostromverbrauch (im Jahr 2021: 565 TWh),
- den Grundsatz verankert, dass die Nutzung der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit hat der Ausbau der erneuerbaren Energien in der Abwägung mit anderen Schutzgütern grundsätzlich Vorrang, bis „die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist“.
Die Maßnahmen sollen nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern auch die Importabhängigkeiten bei fossilen Energien verringern. Am vorgezogenen Kohleausstieg im Jahr 2030 hält die Bundesregierung fest. Den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie hat sie im April 2023 vollzogen.
Der Bundesrechnungshof hat diese Entwicklungen zum Anlass genommen, anhand ausgewählter Aspekte zu prüfen, ob die Bundesregierung die Energiewende entsprechend den energiepolitischen Zielen umsetzt. Er betrachtet die Sicherheit, die Bezahlbarkeit sowie die Umweltverträglichkeit der Stromversorgung.
Der Bericht berücksichtigt die gemeinsame Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) (Tzn. 1 und 2).
Prüfungsergebnisse zur Versorgungssicherheit
Die Energiewende stellt eine Herausforderung sowohl für die Deckung des Strombedarfs als auch für die Versorgung über die Stromnetze dar.
Hinreichende Kapazitäten schaffen
Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass die erneuerbaren Energien entsprechend den gesetzlich festgelegten Zielpfaden ausgebaut werden. Eine sichere Versorgung mit Strom aus volatilen erneuerbaren Energien erfordert aber zusätzlich, dass parallel ein weitgehend redundantes System mit gesicherter, steuerbarer Leistung verfügbar ist. Andernfalls kann es bei geringem Angebot an erneuerbaren Energien zu Versorgungslücken kommen. Denn Photovoltaik und Windenergieanlagen können keine bzw. nur geringe gesicherte Leistung bereitstellen, da sie tages- und jahreszeitlichen sowie wetterabhängigen Schwankungen unterliegen. Stromspeicher können längere Schwankungen der Erzeugung und Last, z. B. bei einer Dunkelflaute, nicht ausgleichen. Angesichts des vollzogenen Ausstiegs aus der Kernenergie und des angestrebten vorgezogenen Kohleausstiegs erfordert die Versorgungssicherheit daher den Zubau neuer gesicherter, steuerbarer Leistung. Außerdem ist ein erheblicher Ausbau der Stromnetze nötig.
Jedoch
- ist absehbar, dass insbesondere Windenergie an Land nicht in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang ausgebaut wird;
- kann das BMWK seinen Zeitplan zum Zubau gesicherter, steuerbarer Backup-Kapazitäten mit der Kraftwerksstrategie 2026 (KWS) voraussichtlich nicht einhalten. Die Ausgestaltung eines Kapazitätsmechanismus ist noch offen. Damit ist nicht sichergestellt, dass die erforderlichen Backup-Kapazitäten rechtzeitig verfügbar sind;
- liegt der Netzausbau erheblich hinter der Planung zurück. Der Rückstand beträgt mittlerweile sieben Jahre und 6.000 km.
Monitoring aussagekräftig gestalten
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat die Versorgungssicherheit mit Strom in Abstimmung mit dem BMWK fortlaufend zu überwachen. Der jüngste Monitoringbericht zur Versorgungssicherheit 2023 (VSM-Bericht 2023) betrachtet die Jahre 2025 bis 2031.
Der VSM-Bericht 2023 unterstellt für seine Bewertung der Versorgungssicherheit die Grundannahmen, dass insbesondere die gesetzlich festgelegten Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien sowie der Netzausbau sicher erreicht werden (100 % Eintrittswahrscheinlichkeit). Auf dieser Grundlage kommt die BNetzA zu dem Ergebnis, dass die Stromnachfrage in Deutschland im Zeitraum 2025 bis 2031 jederzeit gedeckt werden könne.
Der Bundesrechnungshof bewertet die Annahmen im Monitoring zur Versorgungssicherheit als wirklichkeitsfremd. Das Ergebnis ist ein unwahrscheinlicher „Best-Case“. Vielmehr muss auch der Eintritt der Grundannahmen u. a. zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten in die Berechnungen einfließen. Weder der Ausbau der erneuerbaren Energien noch der Stromnetze ist auf dem Zielerreichungspfad. Die BNetzA und das BMWK scheinen selbst Zweifel an der Aussagekraft des VSM-Berichts 2023 zu haben: So stellt die BNetzA fest, dass eigentlich mehrere Szenarien und Sensitivitäten berechnet werden müssen, um das Niveau der Versorgungssicherheit umfassend zu bewerten.
Das BMWK hat es hingenommen, dass Gefahren für die Versorgungssicherheit nicht rechtzeitig sichtbar und Handlungsbedarfe zu spät erkannt werden. Damit wird der Zweck des Monitorings als Frühwarnsystem zur Identifizierung solcher Handlungsbedarfe derzeit faktisch ausgehebelt.
Empfehlungen
Die Bundesregierung muss
- den gesetzlich vorgesehenen Ausbau der erneuerbaren Energien sicherstellen und künftig jederzeit hinreichend gesicherte, steuerbare Kraftwerksleistung gewährleisten. Der eine Schritt kann nicht ohne den anderen zum Erfolg führen;
- Rahmenbedingungen schaffen, damit die beteiligten Akteure planungssicher in die notwendigen Erzeugungskapazitäten und Stromnetze investieren. Dies betrifft beispielsweise die KWS und den vorgesehenen Kapazitätsmechanismus;
- das Monitoring der Versorgungssicherheit in Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen bringen. Dafür muss die BNetzA verschiedene Szenarien betrachten und dabei unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Grundannahmen berücksichtigen.
Prüfungsergebnisse zur Bezahlbarkeit
Ein weiterer Zweck des EnWG ist die bezahlbare Versorgung der Allgemeinheit mit Strom. Hohe Strompreise sind ein erhebliches Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Akzeptanz der Energiewende.
Bereits heute steht die Bezahlbarkeit der Stromversorgung in Frage. Die Preise für Strom sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und zählen zu den höchsten in der Europäischen Union: Private Haushalte zahlten mit 41,25 Cent/Kilowattstunde (kWh) im ersten Halbjahr 2023 beispielsweise 42,7 % mehr als der EU-Durchschnitt, Gewerbe- und Industriekunden rund 5 % mehr. Zugleich sind weitere Kostensteigerungen des Energiesystems absehbar. So
- fallen bis zum Jahr 2045 massive Investitionskosten von mehr als 460 Mrd. Euro für den Ausbau der Stromnetze an;
- wird das Netzengpassmanagement voraussichtlich 6,5 Mrd. Euro pro Jahr kosten.
- Zugleich stützt das BMWK sein Argument, dass nur ein erheblicher Ausbau der erneuerbaren Energien eine kostengünstige Stromversorgung gewährleistet, insbesondere auf deren niedrige Stromgestehungskosten.
Bereits im Jahr 2022 kritisierte der Bundesrechnungshof, dass das BMWK dabei erhebliche weitere Kosten für die Energiewende unberücksichtigt lässt. Dazu zählen beispielsweise die o. g. Netzausbaukosten. Dadurch entsteht außerhalb der Fachöffentlichkeit ein falsches Bild der tatsächlichen Kosten der Transformation.
Angesichts der sehr hohen Preise hat die Bundesregierung die Kosten des Energiesystems wiederholt bezuschusst. So finanziert sie die EEG-Umlage seit Juli 2022 aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Für das Jahr 2023 stellte sie zudem 12,8 Mrd. Euro im Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Abfederung der Folgen der Energiekrise (WSF-Energiekrise) bereit, um die Netzentgelte auf dem Niveau des Jahres 2022 zu stabilisieren. Für das Jahr 2024 sah die Bundesregierung zunächst erneut einen Zuschuss vor (5,5 Mrd. Euro). Damit erkennt sie an, dass der Strompreis ohne zusätzliche Interventionen zu hoch wäre.
Die Bundesregierung hat es bis heute versäumt, zu bestimmen, was sie unter einer bezahlbaren Versorgung mit Elektrizität versteht.
Die Bundesregierung muss
- auch im Hinblick auf die Bezahlbarkeit gewährleisten, dass jederzeit ausreichend Erzeugungsleistung zur Verfügung steht, um steigende Strompreise aufgrund von Angebotsknappheiten zu verhindern;
- die Kosten der Energiewende ausgewogen darstellen: Hierzu sollte sie die Systemkosten der Energiewende klar benennen;
- in System entwickeln, um anhand von Indikatoren und Schwellenwerten die Bezahlbarkeit von Strom bewerten zu können;
- die von ihr geregelten Strompreisbestandteile konsequent auf ihre energiepolitischen Ziele ausrichten – auch um die angestrebte Elektrifizierung des Gebäude- sowie des Verkehrssektors zu unterstützen. In der Folge sollten kleinteilige Regelungen und Fördermaßnahmen entfallen.
Punktuelle staatliche Subventionierungen des Energiesystems nach Kassenlage untergraben die Transparenz und Steuerungswirkung der Preise. Stattdessen muss die Bundesregierung auf Grundlage einer systematischen Betrachtung nachvollziehbar festlegen, in welcher Form die Kosten der Transformation zu tragen sind (Tz. 4).
Prüfungsergebnisse zur Umweltverträglichkeit
Ein weiterer Zweck des EnWG ist die umweltverträgliche Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität.
Die Energiewende wirkt sich vielfältig auf die Umwelt aus. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist für eine treibhausgasneutrale Energieversorgung und damit für den Klimaschutz von überragender Bedeutung. Zugleich liegen der Bundesregierung zahlreiche Erkenntnisse zu negativen Umweltwirkungen erneuerbarer Energien vor, beispielsweise die Inanspruchnahme von knappen Flächen und Ressourcen, aber auch die Beeinträchtigung der Biodiversität.
Im Zuge der Energiekrise hat die Bundesregierung umweltschutzrechtliche Verfahrensstandards abgesenkt. Dies erhöht das Risiko, dass einzelne Schutzgüter mehr als nötig beeinträchtigt werden. Dennoch hat es die Bundesregierung – mit Ausnahme des Schutzgutes Klima – bis heute versäumt, ein wirksames Ziel- und Monitoringsystem für eine umweltverträgliche Energiewende einzuführen. Stattdessen hat sie den Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ ausgesetzt – den einzigen Prozess, in dem die Umweltverträglichkeit zumindest angelegt war. Das BMUV betonte gegenüber dem Bundesrechnungshof, die Einführung eines sachgerechten Monitorings der Umweltverträglichkeit scheitere weniger an ungenügenden Daten als an „der politischen Durchsetzbarkeit“.
Ein wirksames Ziel- und Monitoringsystem ist notwendig, damit die Bundesregierung unerwünschte Wirkungen der Energiewende auf einzelne Schutzgüter frühzeitig erkennen und angemessen nachsteuern kann. Die Bundesregierung muss ein solches System etablieren. Hierzu muss sie insbesondere
- messbare Ziele für die einzelnen Schutzgüter festlegen;
- das Monitoring so ausgestalten, dass sie nicht nur Veränderungen im Zeitverlauf, sondern auch Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern erfassen und bewerten kann;
- bestehende Wissenslücken schließen und das Monitoring systematisch weiterentwickeln.
Dies darf nicht mit der Begründung unterbleiben, dies sei nicht politisch durchsetzbar – vielmehr muss ein wirksames Monitoring Grundlage politischer Entscheidungen sein (Tz. 5).
->Quellen: