Bericht der Bundesregierung zur Kreislaufwirtschaft
Als Unterrichtung durch die Bundesregierung (20/10950) liegt nun der Bericht „Kreislaufwirtschaft – Herausforderungen und Wege der Transformation“ vor, meldet der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. Der Bericht spricht von einer „Dreifachkrise aus Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Verschmutzung der Ökosysteme“. In dem Papier werden Inhalte weiterer Transformationsberichte gebündelt, die in die Überarbeitung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie eingehen sollen, heißt es.
Für eine Kreislaufwirtschaft, die die Rohstoffversorgung und die Lieferketten sichert, müsse die Transformation von Produktions- und Konsummustern deshalb schneller geschehen als bisher. Neben der Transformation des gesamten Energiesektors sei zudem entscheidend, auch den Verbrauch von anderen Rohstoffen in den Blick zu nehmen. Dann könne eine Kreislaufwirtschaft auch die Widerstandsfähigkeit steigern und neue Geschäftsmodelle hervorbringen, schreiben die Autoren.
Einführung
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wurde am 25. September 2015 von den 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (VN) verabschiedet. Sie enthält 17 globale Nachhaltigkeitsziele (SDGs), die nachhaltige Entwicklung ganzheitlich in Bezug auf ökonomische, soziale und ökologische Aspekte im politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handeln festigen sollen. Die Halbzeitbilanz der Agenda 2030 weist deutliche Lücken zwischen der bisherigen Fortschrittsgeschwindigkeit und dem Zielpfad aus. Mitgliedstaaten sind angesichts dieser Lücken aufgefordert, Anstrengungen konsequenter auf die Zielerreichung auszurichten, um die Voraussetzungen für menschenwürdiges Leben innerhalb der ökologischen Grenzen für alle zu schaffen.
Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) bildet den zentralen Rahmen für die Umsetzung der Agenda 2030 in Deutschland. Mit der Weiterentwicklung der DNS und dem Grundsatzbeschluss 2022 stellt die Bundesregierung dar, wie die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele in Deutschland gelingen soll. Die einzelnen Indikatoren und die bereichsspezifischen Ziele geben den Stand der nachhaltigen Entwicklung wider und bilden damit eine Grundlage für weiteres Handeln im Rahmen der Strategie. Im Kontext der für 2024 vorgesehenen Weiterentwicklung der DNS findet eine Evaluation der Indikatoren und eine entsprechende Aktualisierung statt.
Die Bundesregierung hat sechs Transformationsbereiche identifiziert, in denen Fortschritte für die Zielerreichung besonders relevant sind und in denen die Ziele Synergien und direkte Zusammenhänge untereinander aufweisen. Die sechs Transformationsbereiche sind in Abbildung 1 dargestellt. Gegenstand dieses Berichts ist der Transformationsbereich 3 – Kreislaufwirtschaft.
Die öffentlichen Haushalte und Sozialleistungssysteme werden durch den Transformationsbericht nicht präjudiziert. In dem Bericht aufgeführte Maßnahmen oder daran anknüpfende zukünftige Maßnahmen, die finanzielle Belastungen oder personelle Mehrbedarfe für den Bundeshaushalt zur Folge haben, präjudizieren weder die laufenden noch künftige Haushaltsverhandlungen. Etwaige Mehrbedarfe durch aufgeführte Maßnahmen oder daran anknüpfende zukünftige Maßnahmen sind – vorausgesetzt, es besteht hierfür eine Kompetenz des Bundes – von den betroffenen Einzelplänen innerhalb der geltenden Haushaltsansätze und innerhalb des Stellenplans bei der Aufstellung des jeweiligen Bundeshaushalts zu decken.
1. Transformationsbereich Kreislaufwirtschaft
Der Begriff Kreislaufwirtschaft orientiert sich im Rahmen dieses Transformationsbereichs an der Begriffsbestimmung gemäß des Circular Economy Action Plan der EU (CEAP) und stellt damit ein umfassendes Konzept dar, um den Wert von Produkten und den in ihnen enthaltenen Rohstoffen so lange wie möglich und so optimal wie möglich zu erhalten. Kreislaufwirtschaft trägt so zu allen Dimensionen der Nachhaltigkeit bei – sowohl zum Klima- und Ressourcenschutz als auch zur Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Das Konzept beschreibt ein zirkuläres Wirtschaften, welches auf verschiedenen Ebenen Ansätze für eine beschleunigte Umsetzung der Agenda 2030 bietet.
In der öffentlichen Wahrnehmung liegt der Fokus der Diskussion zu den Schnittstellen zwischen SDGs und Kreislaufwirtschaft bisher auf Ziel 12.5: „Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern“.2 Insbesondere durch das Recycling und die thermische Verwertung von Abfällen wird das Volumen zu beseitigender Abfälle in Deutschland deutlich reduziert – bezogen auf sämtliche Siedlungsabfälle lag die Recyclingquote im Jahr 2020 bei 67,4 Prozent.3
Tatsächlich sind die Zusammenhänge zwischen Kreislaufwirtschaft und den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung deutlich vielfältiger und beziehen sich neben ökologischen Zielstellungen auch auf ökonomische und soziale Aspekte:
– Zirkuläre Wertschöpfung kann durch den Einsatz von Rezyklaten den Bedarf an Rohstoffen und Energie in Industrieprozessen senken oder durch die Verwertung von Biomasse erneuerbare Energie erzeugen (SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie).
– Zirkuläre Geschäftsmodelle stärken die Ressourcenproduktivität und tragen so zur Entkopplung von Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch bei.
– Durch die vermehrte Nutzung von aufbereiteten Abwässern in landwirtschaftlichen oder industriellen Produktionen sowie der Kreislaufführung in der industriellen Produktion kann Wasser gespart und gleichzeitig die Trinkwasserversorgung geschont werden4 (SDG 6 Wasser und Abwasser).
– Ein Kernziel einer Kreislaufwirtschaft ist SDG 12, das auf die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und die dafür notwendigen Produktionsstrukturen und Konsummuster abzielt.
– Biodiversitätsverluste sind weitgehend auf die Übernutzung natürlicher Ressourcen zurückzuführen, dementsprechend kann eine stärkere zirkuläre Nutzung erhebliche positive Effekte im Sinne von SDG 15 (Leben an Land) entfalten.
1 In Deutschland gibt das Kreislaufwirtschaftsgesetz eine rechtliche Definition, die bestimmt, wie der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ im Rahmen des Gesetzes verwendet wird: „Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen“ § 3 Absatz 19 KrWG.
2bmz.de/resource/blob/86032/01b-sdg-12-unterziele.pdf
4 https://data.europa.eu/doi/10.2779/05068 Vorabfassung – wird durch die endgültige Fassung ersetzt.
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Hinzu kommen weitere Nachhaltigkeitsziele, die zumindest indirekt von einem zirkulären Wirtschaften profitieren können – beispielsweise SDG 2 Zero Hunger von einer reduzierten Verschwendung von Lebensmitteln oder SDG 14 von einem reduzierten Eintrag von Plastikabfällen in Flüsse und Seen.
– Nach Schätzungen des Internationalen Ressource Panels der UN ist Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen verantwortlich für über 50 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und für circa 95 Prozent des Artenverlusts.
5 Insofern besteht auch eine zentrale Verbindung mit dem SDG 13 (Klimaschutz).
Für eine Kreislaufwirtschaft ist im Kern eine intelligente Vernetzung der einzelnen Stufen der Wertschöpfungsketten notwendig. Es bedeutet, beim Produktdesign schon an die Wiederverwendung und Recyclingfähigkeit, beim Design des Geschäftsmodells auf Anreize zur Langlebigkeit zu achten und beim Recycling die Qualitätsanforderungen der Industrie zu berücksichtigen.
2. Ziel des Berichts
Dieser Transformationsbericht zum Transformationsbereich „Kreislaufwirtschaft“ wurde federführend vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) erarbeitet und dem Staatssekretärsausschuss am 25. September 2023 vorgelegt. Weitere Mitglieder dieses Transformationsteams sind
- das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK),
- das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI),
- das Bundesministerium der Justiz (BMJ),
- das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF),
- das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL),
- das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB),
- das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und
- das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
->Quellen: