„Das zu bauende Endlager ist unsere Hoffnung“
Die meisten Menschen lehnen am Infostand des BASE ein Endlager in ihrem Bundesland ab, auch wenn es der bestmögliche Standort wäre. Das erfordert doppeltes Umdenken, schreibt Raimund Kamm vom FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. in einer Rundmail. Das BASE (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung) tourt mit einem Infomobil durch Deutschland, um über die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Atommüll aufzuklären. Das BASE reizt die BürgerInnen mit einer Eröffnungsfrage: „Wären Sie mit einem Endlager in Ihrem Bundesland einverstanden, wenn es der bestmögliche Standort wäre? Ja oder Nein?“
Vielfach stimmt die Mehrheit für Nein. Ein Endlager wird offensichtlich als Bedrohung empfunden. Doch ein Endlager in tiefen geologischen Schichten, die nachweislich schon Millionen von Jahren nicht mehr aufgefaltet oder abgeschürft wurden und insbesondere keinen Kontakt mit dem Grundwasser hatten, sind unsere Hoffnung. Denn wir müssen eine fürchterliche Bedrohung abwenden.
An 16 Orten in Deutschland wird hochradioaktiver, tödlich strahlender Atommüll oberirdisch in Zwischenlagern aufbewahrt. Sie sind nicht terrorfest und – diese Worte lassen erschaudern – nicht kriegssicher. In jedem einzelnen Castor steckt mehr langdauernde Radioaktivität als in Tschernobyl insgesamt freigesetzt wurde. In jedem Zwischenlager sind mehrere hundert Kilogramm Plutonium. Das größte deutsche Zwischenlager mit zurzeit 127 Castoren ist im schwäbischen Gundremmingen zwischen Augsburg und Ulm.
Ein Endlager in tiefen Erdschichten verringert die Gefahren durch den von den Atompolitikern und der Atomindustrie verschuldeten Müll. Es lässt uns hoffen, dass die Lebensräume unserer Kinder, Enkel und zehntausender weiterer Generationen nicht verstrahlt werden.
Ein zweites Umdenken ist notwendig. Die Regierenden von CSU, CDU und FDP dürfen nicht weiter sich und die Bürgerinnen und Bürger täuschen. Manche Besucher des Infostandes meinten, sie hätten gehört, mit neuen Reaktortypen könne man den Atommüll beseitigen und dann würde kein Endlager mehr benötigt. Die sogenannte Transmutation funktioniert heute noch nicht einmal im Labor. Sie kann theoretisch auch nur einen Prozentsatz von Stoffen, die wie die Transurane hunderttausende Jahre tödlich strahlen, in Stoffe umwandeln, die „nur“ hunderte Jahre tödlich strahlen. Dies würde zudem riesige Wiederaufbereitungsanlagen (WAA) erfordern und dennoch ein allerdings kleineres Endlager benötigen.
Im März 2000 bildete sich beim Bekanntwerden der Gundremminger Zwischenlagerpläne das FORUM. Schon vorher arbeitete die BI ‚Energiewende atomkraftfreies Schwaben e.V‘ (EWaS). Beide Gruppen schlossen sich bald zusammen. Zwei Jahre später formierten wir uns als eingetragener und gemeinnütziger Verein. Im Herbst 2023 ist unsere Bürgerinitiative mit rund 600 Mitgliedern, darunter sechs Kommunen in Baden-Württemberg und Bayern, sogar die größte Energie-BI Süddeutschlands und eine der mitgliederstärksten deutschen AntiAtom-Gruppen.
Im November 2008 wies das Bundesverfassungsgericht die zwei Jahre zuvor vom FORUM eingereichte Verfassungsbeschwerde zurück. Dazu: „Wir beklagen, dass die Atommüll-Lagerung in Gundremmingen mangels ausreichenden Schutzes gerade vor Terroranschlägen gegen unsere in der Verfassung verbrieften Rechte auf Gesundheit und Leben verstößt und mangels Endlager den im Artikel 20a uns auferlegten Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verletzt. Bisher haben die deutschen Gerichte die Verletzung dieser fundamentalen Rechte nicht erkannt. Wir haben am 27.05.2016 aufgrund neuer Erkenntnisse die Aufhebung der Genehmigung des Zwischenlagers beantragt und nach Ablehnung des Antrags geklagt. Im Dezember 2023 fand die Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof statt. Die Richterinnen gaben zu verstehen, dass sie unsere Klage ablehnen wollen.
Wir sind überzeugt: Gerade bei Berücksichtigung des „Kalkar-Urteils“ des Bundesverfassungsgerichts vom 08.08.1978, dass die Nutzung der Kernenergie nur derzeit noch verfassungskonform sei, weil alle Gefährdungen hypothetisch seien, muss man angesichts der späteren Erfahrungen von Harrisburg (1979), Tschernobyl (1986), New York (2001) und Fukushima (2011) erkennen, dass die Nutzung der Atomkraft bei einem nicht auszuschließenden Großunfall oder Terroranschlag viele Leben und sogar die Existenz unseres Landes gefährdet – so gegen unsere Grundrechte verstößt und verfassungswidrig ist. Nach § 17 des Atomgesetzes war ein Widerruf der Betriebsgenehmigung geboten.
Die Regierenden müssen dies ehrlich sagen! Auch wenn neue Reaktortypen, die übrigens wie der Dual Fluid Reaktor seit den 1960er Jahren diskutiert werden, gebaut würden, brauchen wir ein Endlager.
->Quelle: https://atommuell-lager.de/2024/05/10/umdenken-das-zu-bauende-endlager-ist-unsere-hoffnung/