100 in der Europäischen Union
Nach Angaben der Zwischenstaatlichen Plattform für biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen (IPBES) gibt es weltweit etwa 37.000 Arten, die durch menschliche Aktivitäten verdrängt wurden, aber nur etwa 3.500 von ihnen verursachen tatsächlich Probleme in den Gebieten, in die sie eingedrungen sind, schreibt Belinda Gallardo vom Pyrenäen-Institut für Ökologie (IPE – CSIC) in The Conversation. Viele von ihnen richten schwerwiegende ökologische Schäden an, verdrängen einheimische Arten und verursachen Verluste in Millionenhöhe. Die Liste der bedenklichen invasiven Arten der Europäischen Union enthält etwa 100 Pflanzen und Tiere mit nachgewiesenen schädlichen Auswirkungen. Mehr als die Hälfte davon findet sich in Spanien, darunter so bekannte Beispiele wie die asiatische Wespe, der Ochsenfrosch, die Wasserhyazinthe, der amerikanische Nerz und das Pampasgras.
Beispielsweise bilden Pflanzen wie die Wasserhyazinthe dichte Kolonien, welche die Wasserreinigung und -nutzung in landwirtschaftlichen und städtischen Gebieten beeinträchtigen“, sagt Belinda Gallardo vom Pyrenäen-Institut für Ökologie (IPE – CSIC). Andere Arten wirken als Pflanzenschädlinge oder Räuber von Bestäubern. Auf ökologischer Ebene können invasive gebietsfremde Arten durch Prädation, Nahrungskonkurrenz, Veränderung des Lebensraums, Hybridisierung und Übertragung von Parasiten und Krankheiten sogar zum lokalen Aussterben einheimischer Arten führen.
Ökosystemleistungen sind Vorteile, die Ökosysteme für die Gesellschaft erbringen und die unsere Gesundheit, Wirtschaft und Lebensqualität verbessern. Beispiele dafür sind die Wasserreinigung, die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und Holz, die Klimaregulierung oder die Möglichkeit, Aktivitäten im Freien zu genießen. Veränderungen in der Verbreitung und Häufigkeit von Arten, einschließlich invasiver Arten, können diese Leistungen verändern und sowohl die Ökosysteme als auch die Menschen, die von ihnen abhängen, beeinträchtigen.
Die meisten invasiven Arten gelangen per Schiff von einem Kontinent zum anderen, entweder als Ware, die andere Produkte verunreinigt, als blinde Passagiere im Ballastwasser oder eingebettet in den Schiffsrumpf. Einmal in einem neuen Gebiet angekommen, verbreiten sie sich 100mal schneller als einheimische Arten, vor allem, indem sie menschliche Aktivitäten im Zusammenhang mit Transport, Handel oder sogar Sport ausnutzen.
Die europäischen Verordnungen verpflichten die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung von Bewirtschaftungsplänen, die dem Grad der Invasion und der Anfälligkeit des jeweiligen Landes entsprechen. In Spanien belaufen sich die Kosten für die Auswirkungen und das Management von biologischen Invasionen auf über 25 Millionen Euro pro Jahr.
Ihre Folgen wirken sich auf unterschiedliche Weise aus
Die Auswirkungen von invasiven Arten auf die Ökosystemleistungen in Europa sind weit verbreitet. In den meisten Fällen sammeln sie sich in gestörten Gebieten mit geringem Ökosystemwert an. Hier begünstigen das Fehlen von Konkurrenten und Fressfeinden sowie die Fülle von Nährstoffen, die durch menschliche Aktivitäten gewonnen werden, ihre Ansiedlung. Doch die Arten wandern weiter und erreichen schließlich Gebiete, die für die Erhaltung sowohl der einheimischen Arten als auch der Ökosystemleistungen von großem Wert sind. So wird in dem betroffenen Gebiet in Europa mit einer durchschnittlichen Ausbreitung von 77 % gerechnet.
Die Gefährdung durch die schädlichsten invasiven Arten ist besonders hoch bei der Stickstoffbindung, einem Indikator für die Wasserreinigungskapazität. Dies ist bei Pflanzen wie der Wasserhyazinthe der Fall, die dichte Kolonien bilden, die die Wasserreinigung und -nutzung gerade in den landwirtschaftlichen und städtischen Gebieten beeinträchtigen, die sie am meisten benötigen.
Bei der Lebensmittelversorgung geht es um Tiere, welche die Früchte direkt verzehren, um Schädlinge, welche die Kulturen befallen, um Raubtiere von Bestäubern und um Pflanzen, die um Wasser und Nährstoffe konkurrieren oder sogar giftige Verbindungen erzeugen, die das Wachstum der angebauten Arten beeinträchtigen.
Wo treten die Auswirkungen auf?
Nicht alle invasiven Arten wirken sich auf alle Ökosystemleistungen aus, und nicht alle Leistungen werden in ganz Europa gleichermaßen erbracht. Die „Hotspots der Auswirkungen“, die eine hohe Bereitstellung von Ökosystemleistungen mit einer hohen Belastung durch die schädlichsten invasiven Arten kombinieren, machen nur einen kleinen Teil Europas aus und sind geografisch unterschiedlich. Es ist wichtig, sie zu überwachen und zu schützen, um das Management invasiver Arten dort zu optimieren, wo wir am meisten zu verlieren haben.
Bislang haben niedrige Temperaturen die empfindlichen alpinen und borealen Ökosysteme Nordeuropas geschützt, die für die Erhaltung von Lebensräumen und die Bodenerhaltung unerlässlich sind. Doch der Klimawandel ermöglicht es invasiven Arten, sich zu etablieren und schnell Gebiete zu dominieren, die zuvor zu kalt waren.
In Mitteleuropa sind es vor allem die Wasserreinigung sowie die Nahrungsmittel- und Holzversorgung, die durch invasive Arten beeinträchtigt werden. In diesen Regionen ist die Landwirtschaft weniger technisiert als im Süden und daher stärker von der Bereitstellung von Wasser und dem Schutz durch natürliche Ökosysteme abhängig.
In Südeuropa, einschließlich der Iberischen Halbinsel, sind der Hochwasserschutz und die touristische Nutzung von Naturgebieten am stärksten von der Invasion betroffen. Wir finden invasive Pflanzen wie das Schilfrohr, das Kanäle verstopft und bei Überschwemmungen kaum in der Lage ist, den Boden zurückzuhalten, oder Tiere wie den Coipu, dessen Höhlen die Flussufer destabilisieren.
Was sind die Lösungen?
Ohne Maßnahmen der jeweiligen Länder könnten Gebiete, die reich an biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen sind, durch die Ausbreitung invasiver Arten und die Ansiedlung neuer Arten noch stärker gefährdet werden. Dieser Trend wird sich durch den Klimawandel und den zunehmenden globalen Handel und Tourismus noch verstärken.
Die Europäische Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt 2030 sieht vor, die Zahl der in der Roten Liste der IUCN aufgeführten Arten, die durch invasive Arten bedroht sind, auf 50 % zu reduzieren. Der Mangel an Ressourcen und die fehlende Koordinierung zwischen den Verwaltungen stellen jedoch große Hindernisse für die Bewältigung dieser Herausforderung dar. Darüber hinaus müssen die Bewirtschaftungsstrategien ihren Fokus erweitern, um nicht nur die Arten der Roten Liste zu schützen, sondern auch die für das menschliche Wohlergehen wichtigen Ökosystemleistungen.
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