Milliardenbetrug: Zertifikate für Klimaschutz-Fakeprojekte gefördert

Betrugsverdacht bei Projekten in China

Der CO2-Zertifikate-Handel gilt als Dreh- und Angelpunkt seriöser Klimapolitik. Jetzt ist laut ZDF-Frontal ein Megabetrug aufgedeckt worden: In China wurden Klimaschutzprojekte, die in Deutschland auf die Treibhausgas-Minderungsquote angerechnet wurden. Im Ergebnis sollen Mineralölunternehmen Unsummen verdient haben. Politik und Behörden scheinen versagt zu haben. Genehmigt hatte die Projekte das Umweltbundesamt – es vergab Zertifikate, und Ölkonzerne besserten ihre CO2-Bilanz auf.

Zapfhähne in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

 

„Bei den Vorwürfen geht es um sogenannte Upstream-Emissions-Reduktions-Projekte (UER). Diese sind eine Möglichkeit für Ölkonzerne, gesetzliche Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen. Bei den meisten der vom UBA zertifizierten Projekte geht es darum, Treibhausgasemissionen bei der Ölförderung zu verringern. Dafür erhalten die Unternehmen Zertifikate, die sie mit ihrem eigenen CO2-Ausstoß verrechnen können“ (stern).

Das ZDF-Magazin “Frontal“ hatte zuvor einen systematischen Betrug aufgedeckt. Deutsche Mineralkonzerne konnten sich sogenannte UER-Projekte – diese sollen bei der Ölförderung CO2-Emissionen einsparen – anrechnen lassen. Viele dieser Projekte sollen jedoch nur auf dem Papier existiert haben. Mindestens ein Viertel der UER-Projekte hätte demnach nicht genehmigt werden dürfen. Insgesamt geht es bei den Projekten in China um 1,7 Milliarden Euro und 7,7 Millionen Tonnen angeblich eingespartes CO2. Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) erklärte auf Nachfrage von frontal, dass keine der Prüfstellen, die chinesische Klimaschutzprojekte prüften, eine Akkreditierung hierfür habe.

Ein Projekt mit Kürzel „GPWK“ habe es beispielsweise gar nicht gegeben. Ein anderes, obwohl Jahre alt, sei als neu deklariert worden. Das „GPWK-Projekt“ wurde als Teil der Klimaschutzprojekte eingereicht und sollte angeblich durch die Nutzung von Erdölbegleitgas CO2-Emissionen verringern. So hofften Ölkonzerne, ihre Klimaziele zu erreichen und wertvolle Zertifikate dafür zu erhalten, mit denen Mineralölunternehmen wie Shell ihre Klimabilanzen verbessern konnten.Laut dem Prüfbericht sollte das „GPWK-Projekt“ in der Aksu-Region von Xinjiang, China, durchgeführt werden.  Drohnenaufnahmen und Satellitenbilder, die das ZDF veröffentlichte, zeigen jedoch im Umkreis von mehreren Kilometern nichts als Wüstensand. Behauptungen, dass Vor-Ort-Inspektionen stattgefunden hätten, stellten sich als unwahr heraus.

Ein weiteres Projekt mit dem Kürzel „BZIA“ sei als „neues“ Klimaschutzprojekt eingeführt worden und sollte CO2-Emissionen reduzieren. In Wahrheit habe es sich hier jedoch um eine seit Jahren existierende Anlage gehandelt, die umdeklariert wurde, um neue Emissionszertifikate zu erhalten. Shell erklärte gegenüber dem ZDF, man wolle den Vorwürfen nachgehen und sicherstellen, dass alle Projekte den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Das ZDF berichtete von insgesamt 65 Klimaschutzprojekten in China seit 2020. Das Umweltministerium räumte jetzt ein, dass viele ausländische Klimaschutzprojekte unter Betrugsverdacht stünden. Das Programm sollte beendet werden – doch der Beschluss wurde lange verzögert. In einem 7-seitigen Papier an den Umwelt-Ausschuss des Bundestagsist stehe laut Welt („Der wohl folgenschwerste Betrug in der deutschen Klimaschutzpolitik“) „das Eingeständnis des Umweltministeriums, bei der Kontrolle von Klimaschutzprojekten im Ausland versagt zu haben“: Das Kontrollsystem habe sich als undurchsichtig und fehleranfällig herausgestellt, u. a. „weil es durch deutsche Behörden kaum kontrollierbar ist. Von 75 Vorhaben in China gilt nur ein einziges als unverdächtig. Experten sehen einen Milliardenschaden – und das Vertrauen in die Energiewende erschüttert. “

Verordnung erst in Kraft, als Berichte über möglichen Betrug schon öffentlich waren

In dem aktuellen Papier an den Ausschuss stellt das Ministerium die Sachlage laut Welt allerdings so dar, dass man zügig gehandelt habe, als klar wurde, die CO2-Einsparprojekte seien nicht zu überwachen. LVon Seiten des Ministeriums habe es geheißen: „Die entsprechende Verordnung ist bereits in Kraft getreten.“ Was dabei außen vor gelassen worden sei: Das geschah erst, als die ersten Berichte über den Betrug schon öffentlich waren.

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