Europas Kampf mit Chinas Dominanz bei Elektrofahrzeugen

Die elektrische Zukunft meistern – von Gerard Reid

Die jüngste Ankündigung der Europäischen Union, ab dem 04.07.2024 Importzölle von 21 bis 38 Prozent auf chinesische Elektrofahrzeuge zu erheben, ist sowohl verwirrend als auch besorgniserregend. Diese Entscheidung birgt aus mehreren Perspektiven erhebliche Risiken. Während China zunächst wahrscheinlich zurückhaltend reagieren wird, könnte es Zölle auf Weine und Luxusgüter erheben, die Frankreich, das EU-Land, das als China gegenüber am härtesten gilt, überproportional treffen würden.

Außer Betrieb: Ladesäule in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

China wird wahrscheinlich eine Eskalation zu einem umfassenden Handelskrieg vermeiden, der angesichts ihrer verflochtenen Volkswirtschaften für beide Seiten katastrophal wäre. Darüber hinaus schützen diese Zölle möglicherweise nicht wirksam europäische Arbeitsplätze oder lösen das entscheidende Problem: Wie wird die europäische Automobilindustrie angesichts der wachsenden Stärke der chinesischen und vor allem bei Elektrofahrzeugen weltweit wettbewerbsfähig bleiben?

China überholt den Westen, indem es die Elektrifizierung des Transports in all seinen Facetten annimmt, ein Prozess, dem es sich seit Jahren verschrieben hat. Elektroroller sind in chinesischen Städten seit einem Jahrzehnt Standard, und die Verbraucher passen sich bereitwillig an, Akkus zu wechseln und aufzuladen. Diese Bereitschaft erstreckt sich auch auf Elektrofahrzeuge, wie die Tatsache zeigt, dass ein Drittel aller im ersten Quartal dieses Jahres in China verkauften Neuwagen elektrisch waren.

Chinas Vorreiterstatus in diesen Technologien verleiht dem Land die Möglichkeit, Schlüsselkomponenten wie Akkus, Elektromotoren und Ladestationen herzustellen. Darüber hinaus dominiert es den Abbau und die Verarbeitung kritischer Materialien wie Kobalt und Lithium, die in diesen Fahrzeugen verwendet werden. Unterdessen haben in Europa die etablierten Hersteller Mühe, aufzuholen, und sind bei Schlüsselkomponenten stark von chinesischen Zulieferern abhängig.

Es gibt keine Entschuldigung für die schlechte Wettbewerbsposition der europäischen Automobilindustrie, insbesondere, da viele in China produzieren und sich der Markttrends bewusst sein sollten. Sie haben nur langsam reagiert. Volkswagen, lange Zeit der führende Automobilhersteller in China, wurde kürzlich von BYD (Build Your Dreams) überholt, dem zweitgrößten Hersteller von Elektrofahrzeugen weltweit und einem führenden Batteriehersteller. Die Autos von BYD sind in China und Europa nicht nur günstiger als die von VW, sondern auch technologisch überlegen, insbesondere in Bezug auf Reichweite, Leistung und Softwarefunktionalität.

Der Erfolg von BYD beruht wie bei Tesla darauf, dass das Unternehmen die Elektrifizierung und neue Denkweisen angenommen und sowohl Technologie- als auch Kostenführerschaft erreicht hat. Dieses Problem betrifft nicht nur VW, sondern auch andere europäische Hersteller wie Renault, Mercedes, BMW und Fiat, die alle die Elektrifizierung nur langsam eingeführt haben. Europa fehlt ein Tesla, um Innovationen voranzutreiben und mit chinesischen Herstellern zu konkurrieren, was die Branche in eine schwierige Lage bringt.

Chinesische Autos, die billiger und technisch überlegen sind, erobern bereits die europäischen Märkte. Die Einführung von Importzöllen auf chinesische Autos kann einige europäische Arbeitsplätze vorübergehend schützen, wird der europäischen Industrie jedoch nicht helfen, weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben. Sie wird auch den europäischen Verbrauchern und den Bemühungen um den Klimawandel schaden, da höhere Preise für Elektrofahrzeuge die Einführungsraten verlangsamen werden.

China kann diese Zölle umgehen, indem es in Europa oder in asiatischen Ländern produziert. BYD baut beispielsweise bereits eine Fabrik in Ungarn. Diese Situation spiegelt Ereignisse aus der Vergangenheit wider, etwa als Europa Zölle auf chinesische Solarexporte erhob. Diese Zölle konnten die europäische Solarproduktion nicht ankurbeln und verlangsamten lediglich die Installation von Solaranlagen auf dem gesamten Kontinent. Die Vereinigten Staaten hingegen planen, 100 % Importzölle auf chinesische Autos zu erheben, was zwar nicht verbraucherfreundlich ist, aber durch das Inflationsreduzierungsgesetz mit einer Industriepolitik gekoppelt ist, welche die Reindustrialisierung der USA rund um neue Energietechnologien fördert. Im Gegensatz dazu fehlt in Europa eine Reindustrialisierungs- oder gar Industrialisierungspolitik.

Airbus jedoch ist ein hervorragendes Beispiel, eine Kombination der besten Flugzeugunternehmen Europas, die zeigt, wie durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit und ständige Innovation eine globale Führungsrolle erreicht werden kann. Europa braucht mehr Initiativen wie Airbus statt ineffektiver Einfuhrzölle, die schwere Handelskriege und wirtschaftliche Schäden riskieren. Damit Europa wettbewerbsfähig bleibt, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Investitionen in Forschung und Entwicklung, Subventionen und Unterstützung für grüne Technologien sowie Partnerschaften zwischen Ländern und Unternehmen können zum Aufbau einer robusten Elektrofahrzeugindustrie beitragen. Erfolgreiche Modelle wie Airbus nachzuahmen und Innovationen über Grenzen hinweg zu fördern, kann sicherstellen, dass Europa ein wichtiger Akteur auf dem globalen Automobilmarkt bleibt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schutzzölle zwar kurzfristige Erleichterung verschaffen, aber nicht die Grundursache bekämpfen können.

->Quelle: gerardreid.com