Unwirtschaftliche Straßengigantomanie
Nach derzeitigen Plänen könnte die Autobahn 5 bei Frankfurt am Main auf insgesamt zehn Fahrspuren erweitert werden – ähnliche Großprojekte drohen auch andernorts. Aber „viele Vorhaben basieren auf veralteten Zahlen und sind wohl längst unwirtschaftlich“ – schreibt David Zauner am 21.06.2024 in der Süddeutschen Zeitung. Verantwortlich sind vor allem Differenzen beim CO2-Preis.
Gigantomane Verkehrplanungen, wie sie das Wissing-Ministerium derzeit auf-, und der Bundesverkehrswegeplan festschreibe, sind nach Überzeugung vieler kritischer Stimmen längst aus der Zeit. Transport & Environment habe in einer Analyse mit Greenpeace eben die Wirtschaftlichtkeit von 1045 geplanten Straßenprojekten unter die Lupe genommen – Ergebnis: Veraltete Daten führten dazu, dass sich davon ganze 665 nicht mehr rechneten. Zwei Drittel der Projekte würden mehr kosten, als sie wirtschaftlichen Gewinn einführen. „Darunter der milliardenschwerde Weiterbau der A20 durch viele Moor- und Naturschutzgebiete in Niedersachsen und Schleswig-Holstein“ (Zauner).
Dass durch den geplanten Straßenbau natürliche CO2-Senken wie Wälder oder Moore durchschnitten oder gar ganz zerstört würden, spiele „im Bundesverkehrswegeplan keine Rolle.“ Nun sei das Bundesverkehrsministerium zwar vom Bundestag „erneut aufgefordert worden, die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Fernstraßenprojekte zu prüfen, hat aber – statt zu prüfen – den Prozess weiter verzögert.“
Die in die Straßen- und Brücken-Renovierungsprojekte fließenden Mittel fehlen derzeit bei der Sanierung der bestehenden Infrastruktur, so eine Untersuchung des BUND: Spreche das Verkehrsministerium derzeit von 4.000 zu reparierenden Brücken, rechnet der BUND-Bericht 8.000 vor. An Autobahnen – für Bundesstraßen kommen noch einmal 3.000 dazu. Und sie fehlen auch beim dringend benötigten Ausbau des Schienennetzes – Zauner: „In den vergangenen drei Jahrzehnten investierte der Bund doppelt so viel in Straßen wie in die Bahn-infrastruktur.“
Zudem spiele die Verkürzung der Reisezeit für die Verkehrsplaner eine entscheidende Rolle, doch die „werde bei Straßenprojekten systematisch überbewertet“ – so die T&E-Studie.
Hauptursache der Fehlplanung ist offenbar der irrtümlich viel zu niedrig angesetzte CO2-Preis: Laut BMDV liegt er bei 145 Euro pro Tonne, die T&E-Untersuchung setzt dagegen 791 Euro an – den aktuellen Wert des Umweltbundesamtes für generationenübergreifende Schäden durch CO2…
->Quelle und weiterlesen: Süddeutsche Zeitung vom 21.06.2024, S. 14: „Verkehrsplanung von vorgestern“