„CO2BioTech“ schafft klimaneutrale Produkte

CO2-haltige Industrieabgase biologisch verwerten

Rauchgase aus Müllverbrennungsanlagen liefern den Rohstoff, aus dem ein NRW-Forschungsverbund mittels mikrobieller Fermentation Inhaltsstoffe für neue biobasierte Produkte gewinnen will. Auf dem Weg zu nachhaltigem und klimaneutralem Wirtschaften gerät die Verwertung von CO2 – von der Bundesregierung gefördert – immer stärker ins Blickfeld. Das BMBF hat dazu (schon 2022) die Fördermaßnahme „Klimaneutrale Produkte durch Biotechnologie – CO2 und C1-Verbindungen als nachhaltige Rohstoffe für die industrielle Bioökonomie (CO2BioTech)“ aufgelegt. Im Rahmen von CO2BioTech sind mittlerweile in der chemischen Industrie elf Verbundprojekte zu biotechnologischen Verfahren gestartet.

Müllverbrennungsanlage Berlin-Ruhleben – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

CO2 als Ressource steht auch im Mittelpunkt des regionalen Forschungskonsortiums ReCO2NWert, das gerade seine Arbeit aufgenommen hat. Das Kürzel steht für „Umsetzung der Ressourcenwende in der chemischen Industrie durch biotechnologische CO2-Nutzung in regionalen Wertschöpfungsketten“. Die Allianz aus NRW-Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zielt darauf ab, einen neuen regionalen Wertschöpfungskreislauf zu etablieren, um die Ressourcenwende im Rheinischen Revier voranzutreiben. Am Ende soll ein mehrstufiger Prozess stehen, um unvermeidbare Prozessgase biotechnologisch in industriell nutzbare Produkte umzuwandeln. Das Vorhaben wird vom Cluster Industrielle Biotechnologie (CLIB) koordiniert und aus Mitteln des Strukturstärkungsgesetzes (StStG) Kohleregionen mit insgesamt rund 8 Mio. Euro gefördert. Bund und Land unterstützen die nachhaltige Transformation des Rheinischen Reviers mit mehr als 14,8 Milliarden Euro. Das Land flankiert die Förderung aus Bundesmitteln mit eigenen Haushaltsmitteln. Bislang sind 184 Projekte mit einem Fördervolumen von rund 1,62 Milliarden Euro bewilligt.

Das Verbund­projekt ReCO2NWert hat sich zum Ziel gesetzt, unvermeidbare CO2-haltige Rauch­gase aus der Müllverbrennungsanlage Weisweiler künftig direkt am Standort biotechnologisch in industriell nutzbare Endprodukte wie beispielsweise Kunststoffe umzuwandeln. Daran arbeiten Wissenschaftler der RWTH Aachen, der Ruhr-Universität Bochum, des Fraunhofer IME und des Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit den Unternehmen MVA Weisweiler, Dr. Babor, Covestro Deutschland und dem nova-Institut. Klimaschutzministerin Mona Neubaur: „ReCO2NWert ist ein exzellentes Beispiel für eine moderne Bioökonomie, die Nordrhein-Westfalen entscheidend voranbringt. Das Projekt zielt darauf ab, Kohlendioxid aus Abgasen einer Müllverbrennungsanlage vor Ort biotechnologisch für hochwertige Produkte der ortsansässigen Industrie zu nutzen. Projekte wie ReCO2NWert bringen nicht nur das Rheinische Revier voran, sondern haben weit darüber hinaus Strahlkraft für die notwendige Ressourcenwende in Nordrhein-Westfalen und Europa.“

Konkret sollen aus den CO2-haltigen Rauchgasen der Müllverbrennungsanlage Weisweiler mithilfe von Bakterien neue Inhaltsstoffe für Kosmetikprodukte oder Ausgangsstoffe für Kunststoffe gewonnen werden. „In dem Projekt ist eine Reihe von Containerlösungen geplant, die jeweils einen Schritt auf dem Weg vom CO2 zum Wertstoff beinhalten“, erklärt Carolin Mügge von der Ruhr-Universität Bonn. In der Modell-Verbrennungsanlage der Forschenden  in Weisweiler soll zunächst das Abgas in einem Container elektrochemisch zu Synthesegas umgewandelt und anschließend von Bakterien in einem Gasfermentationsprozess in einfache Alkohole umgesetzt werden. „Diese wiederum nutzen wir dann für Bakterien oder isolierte Enzyme als Substrat für die Herstellung verschiedener Zielprodukte, die für Kosmetika oder Kunststoffe genutzt werden können“, erklärt die Biotechnologin.

Um die Wirtschaftlichkeit der neu entwickelten Plattformtechnologie zu demonstrieren, wollen die zehn Projektpartner eine als mobile Einheit auch außerhalb des Rheinischen Reviers einsetzbare Containeranlage konzeptionieren. Die Forschenden sind überzeugt, dass die entwickelte Technologie langfristig dazu führen kann, dass integrierte Produktionsanlagen separate Industriezweige miteinander vernetzen und so völlig neue, zirkuläre Wertschöpfungskreisläufe geschaffen werden.

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