Autobauer „überfordert“ – ab 100 km/h automatisch bremsen „unmöglich“
Die US-Handelsgruppe Alliance for Automotive Innovation, die große Automobilhersteller (u.a. BMW, Ford, General Motors, Stellantis, Toyota, Volvo) vertritt, hat am 24.06.2024 die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) aufgefordert, eine im vergangenen Frühjahr erlassene neue Vorschrift zu überdenken: die verlangt nämlich, dass fast alle neuen Pkw und Lkw bis 2029 über fortschrittliche automatische Notbremssysteme verfügen müssen. Die Handelsgruppe hat die NHTSA und die Führung der Verkehrsausschüsse des Kongresses schriftlich darüber informiert, dass die Gruppe eine Petition zur Überprüfung der automatischen Notbremsregelung eingereicht hat.
Die Gruppe argumentiert, dass die im April verabschiedete Vorschrift „mit der verfügbaren Technologie praktisch unmöglich“ ist, nach der alle Pkw und Lkw in der Lage sein müssen, bei Geschwindigkeiten von 62 Meilen pro Stunde (100 km/h) anzuhalten und damit ein Auffahren auf vorausfahrende Fahrzeuge zu vermeiden, bzw. bei einer drohenden Kollision mit einem vorausfahrenden Fahrzeug bis zu einer Geschwindigkeit von 90 mph und bei der Erkennung eines Fußgängers bis zu 45 mph automatisch zu bremsen. Die NHTSA-Vorschrift geht auf eine Anweisung des Kongresses zurück, der in das Infrastrukturgesetz 2021 eine Bestimmung aufggenommen hat, welche die Behörde aufforderte, eine Verordnung mit Mindestleistungsstandards für automatische Notbremssysteme (AEB) zu erarbeiten. AEB nutzt Sensoren wie Kameras und Radar, um zu erkennen, wenn ein Fahrzeug kurz vor einem Unfall steht, und bremst automatisch, wenn der Fahrer dies nicht getan hat.
Die Handelsgruppe erklärte, dass die Anforderungen der NHTSA bei höheren Fahrgeschwindigkeiten dazu führen würden, „dass Fahrzeuge automatisch weit vor dem, was ein typischer Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer erwarten würden, die Bremsen betätigen“ und dass dies wahrscheinlich zu Auffahrunfällen führen würde. Die NHTSA habe nämlich die notwendigen und kostspieligen Hardware- und Software-Änderungen, die erforderlich seien, erheblich unterschätzt (was die Fahrzeuge verteuern wird).
John Bozzella, CEO der Alliance for Automotive Innovation, schrieb an den Kongress, dass die Vorschrift „kostspieligere Systeme erfordern wird, die die Sicherheit von Fahrern und Fußgängern nicht verbessern werden. Ich komme (leider) zu folgendem Schluss: Das Fahren von AEB-ausgerüsteten Fahrzeugen in den USA unter der neuen NHTSA-Norm wird unvorhersehbar, unberechenbar und wird die Fahrer frustrieren oder verwirren. Diese Vorschrift wird die Fahrzeuge teurer machen, aber das eigentliche Problem sind nicht die Kosten – es ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Vorschrift der NHTSA wird kostspieligere Systeme erfordern, welche die Sicherheit von Fahrern und Fußgängern nicht verbessern, weshalb wir die Behörde bitten, das Verfahren wieder aufzunehmen und die notwendigen Korrekturen vorzunehmen“.
Die Handelsgruppe schlug vor, dass die NHTSA stattdessen „einen in Europa bereits bestehenden Standard übernehmen sollte, der einen potenziellen Aufprall erkennt, den Fahrer warnt und automatisch das Bremssystem aktiviert, um einen Aufprall zu vermeiden – oder dessen Schwere abzumildern – durch den Einsatz bestehender Aufprallsicherheitssysteme, die die Verkehrsteilnehmer besser schützen sollen“.
Demgegenüber erklärte die NHTSAl, die neue Vorschrift werde jährlich mindestens 360 Menschenleben retten und mindestens 24.000 Verletzungen bei Verkehrsunfällen verhindern. Die Behörde hat am 24.06.2024 ihre ersten Prognosen für die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2024 veröffentlicht. Demnach starben in den ersten drei Monaten des Jahres 8.650 Menschen bei Verkehrsunfällen – ein Rückgang von etwa 3,2 % gegenüber den 8.935 geschätzten Todesfällen im gleichen Zeitraum des Jahres 2023. Diese Zahl ist der achte vierteljährliche Rückgang der Verkehrstoten in Folge seit dem zweiten Quartal 2022.
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