Kreislaufwirtschaft für phthalathaltige Kunststoff-Fußböden

Umweltfreundliches Recycling gebrauchter PVC-Bodenbeläge

PVC-Produkte sind aufgrund ihrer Vielseitigkeit und Langlebigkeit (>30 Jahre) beliebte Werkstoffe im Bausektor, unter anderem für Fensterprofile, Rohre oder Fußböden. Doch nach ihrem Lebensende stellen diese Produkte die Kreislaufwirtschaft vor große Herausforderungen. Denn alte PVC-Bodenbeläge enthalten in der Regel spezifische Weichmacher, die aus Verbraucherschutzgründen heute nicht mehr in der PVC-Produktion eingesetzt werden dürfen. Die Aufbereitung dieser Bodenbeläge zur Herstellung von PVC-Rezyklaten in Neuwarequalität bedarf deshalb einer Weichmacherabtrennung. Als einzige Alternative bliebe ansonsten nur die thermische Verwertung, mit der wertvolle Ressourcen verschwendet werden. Das Freisinger Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV hat einen Weg gefunden.

Kunststoffrecycling – Prozessüberwachung im Technikum in Freising – Foto © Fraunhofer IVV

CreaSolv®-Prozess ermöglicht Recycling phthalathaltiger PVC-Fußböden

Das von der EU geförderte Forschungsprojekt „Circular Flooring“ hat zum Ziel, hochwertiges PVC aus alten Fußböden zurückzugewinnen und kritische Phthalate aus dem Material zu entfernen. Als Endprodukt soll ein PVC entstehen, das wieder zu neuen PVC-Fußböden verarbeitet werden kann und mit den Regelungen der europäischen REACH Direktive konform ist. Dazu wird ein vom Fraunhofer IVV patentierter lösemittelbasierter Prozess eingesetzt. Dieser wird derzeit mit dem von Fraunhofer IVV und der Firma CreaCycle gemeinsam entwickelten Lösungsmittelgemisch CreaSolv® betrieben.

Post-consumer PVC-Fußbödenabfälle werden gesammelt und zunächst zerkleinert und aufbereitet. Anschließend werden diese dem lösemittelbassierten Prozess zugeführt, bei dem die Additive wie z. B. Phthalate abgetrennt werden. Die separierten Phthalate werden einem chemischen Folgeprozess einer Hydrierung unterzogen, wobei sie in unkritische Weichmacher umgewandelt werden und somit eine REACH-Konformität erreichen. Das recycelte hochwertige PVC wird für die Wiederverwendung in Fußböden weiter aufbereitet (z. B. durch Zugabe von neuen Stabilisatoren und recycelten Weichmachern). Die Projektpartner werden das Verfahren und die Neuanwendung am Ende der Entwicklungsarbeiten im technischen Maßstab demonstrieren. Somit leistet „Circular Flooring“ einen wichtigen Beitrag zur künftigen Kreislaufführung des Werkstoffs PVC und unterstützt die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft.

    1. Auflösung – Nach dem Sortieren nach Polymertyp wird der Kunststoffabfall zerkleinert und in einem Behälter mit einer speziellen CreaSolv® Formulierung aufgelöst. Das Zielpolymer und einige Verunreigungen gehen in Lösung.
    2. Reinigung – Unlösliche Verunreinigungen werden abgetrennt und man erhält eine klare Lösung. Die Verunreinigungen werden entsorgt oder können recycelt werden, falls sie Wertstoffe enthalten.
    3. Ausfällung – Durch Änderung der Löseeigenschaften der Prozeßflüssigkeit fällt man den Kunststoff wieder aus und kann diesen wieder zurückgewinnen.
    4. Extrusion – Das getrocknete zurückgewonnene Polymer wird wieder zu neuem Kunststoffgranulat extrudiert – mit ähnlichen Eigenschaften wie Neuware, was einen Einsatz in der ursprünglichen Anwendung erlaubt.
    5. Destillation – Zum Recycling wird die CreaSolv® Formulierung gesammelt und destilliert.
      Die zurückbleibenden löslichen Verunreinigungen werden entsorgt oder können recycelt werden, falls sie Wertstoffe enthalten.
    6. Regenerierung – Die recycelte CreaSolv® Formulierung wird wieder zum Lösen von weiterem Kunststoffabfall verwendet.

Das Projektkonsortium besteht aus 11 europäischen Partnern (Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland) aus Industrie und Forschungsinstituten und wird vom Fraunhofer IVV koordiniert.

Alte Weich-PVC-Bodenbeläge können spezifische Weichmacher enthalten, die heute aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht mehr verwendet werden und in der EU mittlerweile durch sicherere Alternativen ersetzt worden sind. Ein State-of-the-art-Recycling solcher PVC-Böden unter Rückgewinnung von PVC in Neuware-Qualität erfordert daher eine technisch anspruchsvolle Abtrennung dieser Weichmacher. Das EU-Projekt Circular Flooring stellt sich dieser Herausforderung und nutzt dafür das patentierte, innovative Kunststoff-Recyclingverfahren CreaSolv®1, das vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV entwickelt wurde. Ziel ist es, alte PVC-Bodenbeläge in hochwertiges PVC-Re-Granulat umzuwandeln, das den Ansprüchen der EU-Gesetzgebung (REACH-Veordnung) und der Hersteller von Bodenbelägen genügt. Circular Flooring möchte den CreaSolv®-Prozess für das PVC-Recycling in einen technischen Maßstab überführen.

Kunststoffe sind laut IVV unverzichtbare Materialien, die große Vorteile in ihren Anwendungen bieten. Daher hat die weltweite Kunststoffproduktion in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Während 1950 weltweit 1,5 Millionen Tonnen Kunststoff jährlich hergestellt worden sind, erreichte die Produktion 2017 insgesamt 348 Millionen Tonnen. Damit fällt auch immer mehr Plastikabfall an, der in einer Kreislaufwirtschaft als wertvolle Ressource dienen kann. Zwar steigen laut Eurostat, dem statistischen Amt der EU, die Recyclingquoten in der EU stetig an, dennoch gelangen derzeit nur zwölf Prozent recycelte Materialien in die europäische Wirtschaft zurück. Dies verdeutlicht das große Potential für innovative und nachhaltige Recyclingtechnologien.

->Quelle: