Zirkulärer Umbau des Industriestandorts
Matthias Menger, Geschäftsführer der ringberlin Projektgesellschaft, präsentierte, was der Modell-Campus ringberlin über zirkuläre Wertschöpfung berichten kann. In einem alten Industrieareal wird dort auf 100.000 Quadratmetern nach zirkulären Prinzipien ein kollaboratives GründerInnenzentrum mit Makerspace gebaut. Zu günstigen Mieten sollen sich innovative Unternehmen, Startups und KMU niederlassen können, es werden Werkstätten, Coworking- und Bürobereiche sowie Testflächen eingerichtet und es ist viel Grünfläche eingeplant. Matthias Menger rechnet damit, dass rund 5.000 bis 6.000 Arbeitsplätze entstehen. Er betonte die Wichtigkeit eines Makerspaces: „Ein Lastenrad beispielsweise, das entwickelt man nicht am Schreibtisch: Dafür braucht man eine Werkbank, Geräte, Maschineninfrastruktur und Menschen, die sich damit auskennen und anleiten können. So etwas wird in einem Makerspace möglich.“
Die Immobilie wird zirkulär gedacht: Von einem regenerativen Energiekonzept über die Nutzung eines Regenwasserspeichers zur Kühlung und zur Bewässerung der Außenanlagen bis zur Nutzung vorhandener Baumaterialien. Lufterhitzer wurden fachgerecht zurückgebaut und verkauft. Und auch für die 1.500 Drahtgitterglasscheiben, die in den Gebäuden verbaut sind, fand das Team in Kooperation mit Glasfischer Glastechnik eine Lösung. „Die wären bei anderen Projekten im Bauschutt gelandet“, so Menger. Jetzt werden sie unter anderem mit Systemtrennwänden verbunden, die Concular aus einem anderen Projekt erhalten hat – ringberlin arbeitet hier eng mit dem Unternehmen zusammen. „Weiterhin prüfen wir derzeit, wie wir Stahlträger wiederverwenden können.“
Die wirtschaftliche Dynamik bei den Themen, die Kreislaufwirtschaft betreffen, ist derzeit besonders hoch. Das ist eine Riesenchance.
Dr. Severin Fischer, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Dr. Severin Fischer, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, begrüßte, dass am Standort Technologien, Konzepte und Lösungen von morgen entwickelt werden sollen. „Wir haben uns mit dem MPI als Landesstrategie zum Thema gesetzt, dass wir überall dort, wo wir vor Transformationsthemen in der Industrie stehen, versuchen wollen, genauer hinzuschauen. Circular Economy, die Kreislaufwirtschaft, ist dabei ein sehr wichtiger Bereich, den wir entsprechend zu einem der Fokusthemen gemacht haben.“ Insbesondere seien Anreize zur Technologieentwicklung wichtig. Er sieht auch im Moment ein gutes Zeitfenster, um diese Themen zu adressieren: „Die wirtschaftliche Dynamik bei den Themen, die Kreislaufwirtschaft betreffen, ist derzeit besonders hoch. Das ist eine Riesenchance.“
Holzbausteine und Trockenbauwände aus Stroh
Wie attraktive Geschäftsmodelle für zirkuläres Bauen aussehen können, präsentierten in Marienfelde auch die Startups Triqbriq, ecoLocked, sowie Stramen.tec im Rahmen von Elevator Pitches. Triqbriq ist ein Holzbausystem, das auf mikro-modularen Holzbausteinen besteht – den Briqs. Aus günstigem Holz mit Robotertechnik präzise hergestellt, werden sie einfach ineinandergesteckt und verdübelt. Damit können tragende Außenwände kosteneffizient, flexibel und schnell gebaut und bei Bedarf sortenrein entnommen sowie vollständig wiedergenutzt werden. EcoLocked verwandelt Gebäude in Kohlenstoffsenker und will damit „Carbon Removal“, also Technologien, die Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen und langfristig speichern, weltweit skalierbar machen. Das soll unter anderem über direkte Luftabscheidung, Wiederaufforstung und Mineralisierung geschehen. Stramen.tec stellt Trockenbauwände aus Stroh her: Das Team sieht in dem Material nicht das landwirtschaftliche Nebenprodukt, sondern eine Hightechfaser und presst daraus bei 200 Grad Celsius und mit hohem Druck Wandmodule, die unter anderem als Standard-, Brandschutz- oder Schallschutzwand eingesetzt werden können.
Größtes Innovationspotenzial – größter Handlungsspielraum
In der anschließenden Podiumsdiskussion antwortete Staatssekretär Fischer auf die Frage, wie Berlin seine Vorreiterrolle noch weiter ausbauen kann: „Die Bauindustrie bietet großes Innovationspotenzial und wenn wir auf Kreislaufwirtschaft blicken, vielfachen Handlungsspielraum, der Veränderung entsprechend vorantreibt. Wir haben heute von sehr guten Ansätzen gehört, von denen möglichst viele Menschen erfahren müssen. Deshalb sind Netzwerktreffen so wichtig. Und das ist auch das, was wir unter moderner Innovations- und Industriepolitik in Berlin verstehen. Wir müssen es schaffen, die Verbindungen herzustellen und die Menschen zusammenzubringen.“
Manuel Ehlers, Teamleiter Nachhaltige Immobilen bei der Triodos Bank Deutschland, berichtete, wie Banken das Thema zunehmend in den Fokus nehmen: „Ressourcenschutz ist für uns genauso relevant wie andere Parameter, die unsere wirtschaftliche Stabilität erhalten. Gleichzeitig ist es gar keine Option, in dieses Thema nicht zu investieren.“ Laut Staatssekretär Fischer sind Pilotprojekte wie ringberlin wichtig, um zu zeigen, dass die Konzepte wirtschaftlich tragfähig sind: „Es braucht die, die Vorreiter sind und es braucht die, die sich am Ende auch trauen, das in eine industrielle Fertigung zu überführen.“
Handwerk beweist Innovationskraft
Wie motiviert das Handwerk ist, neue Geschäftswege zu gehen, verdeutlichte Kerstin Wiktor, Innovationsberaterin der Handwerkskammer Berlin: „Viele verbinden Handwerk nicht mit Neuem, dabei sind Handwerksbetriebe ja rund 90 Prozent der Zeit kreativ und tüfteln an neuen Lösungen für die Herausforderungen, die ihnen ständig begegnen. In der Industrie wird das dann schnell als Innovation bezeichnet, im Handwerk ist es Alltag. Wir tragen dazu bei, dass sich das ändert und fördern Innovationen systematisch, schaffen gute Rahmenbedingungen dafür.“ Für sie liegt der Schlüssel zum Erfolg in Kollaboration: „Wir können die guten Ideen, die im Handwerk gefunden werden, durch die Anreicherung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen noch stärker aufwerten.“ Mit der Initiative Make Innovation Handwerk werden beispielsweise Handwerksbetriebe, Kammern, Verbände, Startups und Forschung vernetzt, um Ideen und Projekte zu diskutieren und umzusetzen.
„Trotz der großen Bandbreite des Themas ist es uns heute gelungen, wirklich tief in die zirkuläre Wertschöpfung in der Berliner Bauindustrie einzutauchen“, stellte Britta Teipel in ihrem Schlusswort fest. Ihr Team und sie nehmen neue Impulse mit – für die weitere Arbeit im Themenbereich und auch für die weiteren Branchen, die die Senatsverwaltung betreut. „Auch wir freuen uns darauf, mit diesem Ökosystem, das sich beim MPI Deep Dive zusammengefunden hat, im Austausch zu bleiben.“
->Quelle: Berlin.de/industriestadt/masterplan-industriestadt-berlin