Eine Papierfabrik in den Niederlanden zeigt, wie aus Abwasser der wertvolle Rohstoff PHA entstehen kann. Das Besondere: Der neue Kunststoff ist komplett biologisch abbaubar.
Wie funktioniert die neue Technik?
In der ESKA-Papierfabrik fällt beim Recycling von Altpapier belastetes Abwasser an. Bisher war dieses Wasser ein Problem, denn es enthält viel Stärke aus dem Recyclingprozess. Das neue Verfahren macht aus diesem Problem eine Chance: Bakterien wandeln die Stärke im Abwasser in einen besonderen Biokunststoff um. Das gereinigte Wasser kann anschließend wieder in der Fabrik genutzt werden. Der so gewonnene Biokunststoff Polyhydroxyalkanoate auch PHA genannt, sei vollständig biologisch abbaubar.
Die Bakterien wandeln natürliche Rohstoffe wie Zucker oder Pflanzenöle in Kunststoff um. Wie Forscher im Fachjournal „Biotechnology Advances“ berichten, können mittlerweile 92 verschiedene Bakterienarten PHA produzieren.
Das Besondere an PHA: Die Eigenschaften lassen sich gezielt steuern. Je nach Bedarf kann der Kunststoff hart oder elastisch, durchsichtig oder undurchsichtig sein. Dadurch eignet er sich für viele Anwendungen. Neben Verpackungen und Strohhalmen wird PHA auch für medizinische Produkte wie Implantate verwendet. Sogar in der Textilindustrie und bei der Wasserreinigung komme er bereits zum Einsatz.
Auch verbraucht die Herstellung weniger Energie als bei normalen Kunststoffen aus Erdöl. Allerdings ist PHA noch teurer in der Produktion. Das könnte sich aber ändern, da immer mehr Firmen den Biokunststoff nutzen. Aktuell arbeiten bereits über 25 Unternehmen mit PHA.
Er eignet sich als umweltfreundliches Verpackungsmaterial, kann für medizinische Produkte verwendet werden und dient als Beschichtung für Papier und Karton. Auch als biologisch abbaubarer Klebstoff lässt sich das Material nutzen.
Ein Projekt mit Vorbildcharakter
„Dies ist die erste Anlage dieser Art weltweit“, erklärt René Rozendal von der Firma Paques Biomaterials, die das Verfahren entwickelt hat. Die RDM-Gruppe, zu der ESKA gehört, hat nach eigenen Angaben über zehn Jahre an der Lösung gearbeitet. Besonders interessant ist die Kombination mehrerer Vorteile: Der Prozess nutzt die Wärmeenergie aus der biologischen Aktivität selbst, überschüssige Energie kann in die Papierfabrik zurückgeführt werden. Pro Jahr sollen so etwa 2.000 Tonnen des Biokunststoffs hergestellt werden – das entspricht etwa 70 Lastwagenladungen.
Nach erfolgreichem Abschluss der Pilotphase und Erteilung der erforderlichen Genehmigungen soll die Anlage 2027 in Betrieb gehen. Das Projekt demonstriert, wie moderne Kreislaufwirtschaft aussehen kann: Abfälle werden als Ressource genutzt, Wasser wird im Kreislauf geführt und neue umweltfreundliche Materialien entstehen. Die Technologie könnte damit einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von erdölbasierten Kunststoffen und zur Verringerung von Industrieabfällen leisten.
„Wir verwandeln etwas Wertloses in einen wertvollen Rohstoff. Wenn das erzeugte PHA dann in unseren eigenen Produkten als biologisch abbaubare Barrierebeschichtung oder Klebstoff verwendet werden kann, dann ist das Kreislaufwirtschaft vom Feinsten.“
– betont Bert Bodewes, ESKAs Manager für Corporate Social Responsibility
Die weltweite Produktion von biobasierten Kunststoffen erreichte 2022 etwa 2 Millionen Tonnen. Mehr als 25 Unternehmen weltweit arbeiten bereits mit PHA-Technologien. Das ESKA-Projekt könnte diese Entwicklung weiter beschleunigen.
Quellen:
- fibers-in-process.de/news/rohstoffe-zusaetze-aufbereitung/chemikalienrueckgewinnung/Kreislaufwirtschaft-Gewinnung-von-biologisch-abbaubaren-Biopolymeren-aus-Prozesswasser-31228
- sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0734975024000144
- https://www.industryintel.com/bioeconomy/news/dutch-recycled-board-maker-eska-part-of-rdm-group-to-develop-world-s-first-full-scale-pha-biomass-plant