Wie gut gelingt es der EU, Rohstoffe im Kreislauf zu führen und wiederzuverwerten? Eine aktuelle Auswertung der EU-Statistikbehörde Eurostat gibt darüber Aufschluss: Mit einer Quote von 11,8 Prozent erreichte der Anteil recycelter Materialien 2023 einen neuen Höchststand. Dennoch bleibt der Weg zu einer echten Kreislaufwirtschaft noch weit.
Fortschritte, aber kein Grund zur Selbstzufriedenheit: EU-Recyclingquote auf Rekordhoch
Die Veröffentlichung der aktuellen Daten erfolgte passend zur UN-Klimakonferenz COP29 in Baku, wo die Rolle nachhaltiger Ressourcennutzung im Mittelpunkt steht.
Die Europäische Union (EU) hat 2023 bei der Förderung einer Kreislaufwirtschaft einen Meilenstein erreicht: Laut dem Statistik-Büro der EU: Eurostat stieg der Anteil recycelter Materialien am Materialeinsatz in der Wirtschaft auf 11,8 Prozent – ein neuer Höchststand. Dieser Fortschritt zeigt, dass die Bemühungen zur Ressourcenschonung Wirkung zeigen. Dennoch bleibt die Zielmarke einer echten Kreislaufwirtschaft weit entfernt.
Die sog. Kreislaufwirtschaftsrate ist ein zentraler Indikator für nachhaltiges Wirtschaften. Sie misst den Anteil von Sekundärrohstoffen, die aus Recyclingprozessen gewonnen wurden, am gesamten Materialeinsatz. Für die EU ist diese Entwicklung ein Erfolg, denn seit 2010, als die Quote noch bei 8,3 Prozent lag, konnte ein stetiger Anstieg verzeichnet werden.
„Die Zahlen spiegeln Fortschritte wider, sind aber angesichts der immensen Rohstoffabhängigkeit und der Umweltbelastungen durch Primärressourcen kein Grund zur Selbstzufriedenheit“, betont Arturo de la Fuente, Experte bei Eurostat. Der Anstieg der Recyclingquote sei auch darauf zurückzuführen, dass innovative Technologien und verbesserte Sammelsysteme vielerorts greifen. Dennoch bleibe viel zu tun, um eine ressourcenschonende Wirtschaft flächendeckend zu etablieren.
Große Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsstaaten
Die neuen Zahlen machen auch deutlich, dass es erhebliche Unterschiede innerhalb der EU gibt. Spitzenreiter bei der Kreislaufwirtschaftsrate sind die Niederlande mit beeindruckenden 30,6 Prozent, gefolgt von Italien (20,8 Prozent) und Malta (19,8 Prozent). Am unteren Ende der Skala finden sich Rumänien (1,3 Prozent), Irland (2,3 Prozent) und Finnland (2,4 Prozent).
Die Ursachen für diese Unterschiede liegen laut Eurostat nicht nur in der Menge der recycelten Materialien. „Strukturelle Faktoren wie die Zusammensetzung der Wirtschaft oder der Zugang zu Recyclinganlagen spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle“, erklärt de la Fuente. Industrien mit einem hohen Anteil an Metallen oder Mineralstoffen, die leichter recycelt werden können, tragen maßgeblich zur höheren Quote bei.
Besonders hohe Recyclingraten zeigt der Metall-Bereich mit 24,7 Prozent. Hier bestehen etablierte Sammel- und Aufbereitungssysteme. Nicht-metallische Mineralstoffe wie Bauabfälle folgen mit 13,6 Prozent. Fossile Energieträger wie Kunststoffe hinken mit nur 3,4 Prozent weit hinterher. „Kunststoffe bieten enormes Potenzial, das bislang nicht ausgeschöpft wird“, heißt es im Bericht.
EU-Kommission setzt Ziele für die Kreislaufwirtschaft
Im Rahmen des „Circular Economy Action Plan“ hat sich die EU-Kommission ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2030 soll die Kreislaufwirtschaftsrate auf 23,2 Prozent verdoppelt werden. Diese Zielsetzung unterstreicht die Rolle der Kreislaufwirtschaft als Schlüsselstrategie im Kampf gegen den Klimawandel und die Abhängigkeit von Primärrohstoffen.
Während die EU bereits Fortschritte gemacht hat, mahnen Experten zur Eile: Ohne weitere Anstrengungen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Innovation könnten die ambitionierten Ziele außer Reichweite bleiben. „Die Kreislaufwirtschaft ist kein Selbstzweck“, fasst de la Fuente zusammen. „Sie ist ein entscheidender Beitrag zum Klimaschutz und zur langfristigen Sicherung unserer Rohstoffversorgung.“