Aus Getreideresten wird eine Plastikalternative hergestellt: Das Hamburger Start-up Traceless macht den Schritt von der Forschung zur industriellen Produktion. Grundlage ist ein biologisch abbaubares Material aus Getreideresten, das als Nebenprodukt bei der Herstellung von Alkohol oder Stärke anfällt. Die Produktion verursacht lediglich 5 % der Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Plastiken und kann sich innerhalb von zwölf Wochen zersetzen.
Die Idee entstand an der Technischen Universität Hamburg. Dort sammelte Anne Lamp Stoffe aus der Lebensmittelindustrie und verwandelte Getreidereste, die sonst als Tierfutter oder zur Energiegewinnung genutzt werden, in Kunststoff. Aus dieser Forschung entwickelte sich die Geschäftsidee. Heute beschäftigt das daraus entstandene Unternehmen rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und baut die erste industrielle Produktionsanlage in Hamburg-Harburg. Bereits dieses Jahr sollen dort tausende Tonnen des Materials hergestellt werden.
Traceless konnte bereits Kunden wie das Handelsunternehmen Otto gewinnen. Benjamin Köhler, Nachhaltigkeitsexperte bei Otto, erklärte in einem Interview mit dem NDR, dass viele Plastik-Alternativen sich bisher oft Mogelpackungen entpuppten, Traceless biete jedoch eine echte Alternative. Neben Otto interessieren sich laut Unternehmenssprecherin weitere Firmen wie die Lufthansa und C&A für das Material. Mögliche Anwendungen reichen von Einwegbesteck bis hin zu Kleiderbügeln. Die rötlich-braune Farbe des Materials unterscheidet es optisch von Plastik und ist auch Erkennungsmerkmal für seine nachhaltige Produktion.
Die Technologie von Traceless kann auch auf andere industrielle Reststoffe angewendet werden, um Plastik herzustellen. Zusammen mit den Getreideresten bietet die Technologie genügend Potenzial, um Millionen Tonnen des Granulats herzustellen. Zwar sind Biokunststoffe derzeit noch teurer als herkömmliche Kunststoffe, doch Lamp hofft, dass die Preise durch die zunehmende industrielle Herstellung sinken und das Material wettbewerbsfähig wird.
Eine Herausforderung bleibt der beschleunigte Zersetzungsprozess, da das Material bereits bei Kontakt mit Wasser zerfällt. Traceless arbeitet daran, das Material für weitere Anwendungsfelder anzupassen. Dennoch sieht das Unternehmen sein Produkt nur als kleinen Teil der Lösung des Plastikproblems. Die Co-Gründerin Anne Lamp betont die Notwendigkeit einer Kreislaufwirtschaft mit besseren Sammel- und Sortiersystemen sowie Mehrweglösungen, um die Plastikverschmutzung nachhaltig zu bekämpfen.
Mit Unterstützung von Institutionen wie dem Bundesumweltministerium und dem Europäischen Innovationsrat könnte Traceless einen nachhaltigen Biokunststoff etablieren und einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Plastikkrise leisten. Das Unternehmen plant, die Produktion weiter auszubauen und das Material weltweit verfügbar zu machen. Durch die Weiterentwicklung der Technologie könnten in Zukunft weitere Branchen auf Bio-Plastik umsteigen.
Das Bundesumweltministerium fördert das Vorhaben mit fünf Millionen Euro aus dem Umweltinnovationsprogramm. Die Bundestagsabgeordnete Dr. Bettina Hoffmann überreichte den Förderscheck persönlich in Hamburg und betonte, dass die Technologie eine umweltfreundliche Alternative darstellt und den Plastikverbrauch nachhaltig verringern kann.
Quellen: