Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Phase der Stagnation, während geopolitische und strukturelle Herausforderungen zunehmend Druck auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit ausüben. Der Jahreswirtschaftsbericht 2025 analysiert die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen, doch mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft bleiben wichtige Potenziale ungenutzt.
Die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), Anja Siegesmund, sieht nach der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts 2025 dringenden Handlungsbedarf. Deutschland müsse die strukturellen Probleme der letzten Jahrzehnte angehen. Mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft forderte sie, diese als strategischen Lösungsansatz für viele dieser Probleme stärker zu nutzen, da sie bislang nicht ausreichend berücksichtigt werde.
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Eckturm und Glaskuppel des Reichstagsgebäudes in Berlin. Hier wurde der Jahreswirtschaftsbericht vorgestellt und im Bundestag diskutiert. Foto: Noel auf Pixabay
Der von Wirtschaftsminister Robert Habeck am 29.01.2025 vorgestellte Jahreswirtschaftsbericht 2025 verdeutlicht die anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt bleibt auch seit Ende 2024 auf dem Niveau von 2019. Als zentrale Ursachen nennt der Bericht geopolitische Unsicherheiten, den demografischen Wandel, notwendige Investitionen in die Dekarbonisierung und strukturelle Standortprobleme wie Digitalisierung und Infrastruktur. Während die Zahl der Erwerbstätigen mit 46 Millionen einen Rekordwert erreicht hat und die Inflation auf 2,2 Prozent gesunken ist, bleibt das Produktivitätswachstum im internationalen Vergleich schwach. Mit der Wachstumsinitiative 2024 setzt die Bundesregierung auf steuerliche Anreize, Bürokratieabbau und Investitionen.
Die Klimaschutzbilanz zeigt Fortschritte: Zwischen 2021 und 2023 sanken die Emissionen pro Million Euro BIP um 34 Tonnen. Während Energiewirtschaft und Industrie ihre Emissionsziele übertreffen, werden die Sektoren Gebäude und Verkehr ihre Ziele deutlich verfehlen. Eine weitere Herausforderung ist der Fachkräftemangel, der sich durch den demografischen Wandel weiter verschärft. Besonders betroffen sind technologie- und ingenieurgetriebene Branchen. Um dem entgegenzuwirken, setzt die Bundesregierung auf gezielte Maßnahmen zur Fachkräftezuwanderung sowie verstärkte Investitionen in Bildung und Weiterbildung. Es ist jedoch fraglich, ob diese Maßnahmen ausreichen, um den Bedarf der Wirtschaft langfristig zu decken. Gleichzeitig belastet die Investitionsschwäche in Schlüsselbereichen wie Erneuerbare Energien, Infrastruktur und Digitalisierung das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft.
Der BDE kritisiert die wirtschaftspolitischen Konzepte der Bundesregierung als nicht mehr zeitgemäß. Die bisherigen Maßnahmen, die auf Strategien der 90er Jahre basieren, seien angesichts der globalen Herausforderungen nicht ausreichend. Der Verband fordert zwei konkrete Schritte von der kommenden Bundesregierung: Erstens müsse die Kreislaufwirtschaft künftig im Wirtschaftsressort angesiedelt werden, um ihrer strategischen Bedeutung gerecht zu werden. Zweitens müsse ein umfassender Fahrplan für die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) entwickelt werden, um Innovationen zu fördern, und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken. Ohne Rohstoffe gehe es nicht, betont Siegesmund. Eine nachhaltige Zukunft und Innovationsfähigkeit seien nur mit einer starken Kreislaufwirtschaft möglich.
BDE-Präsidentin Anja Siegesmund fordert, die Kreislaufwirtschaft als strategische Rohstoffreserve stärker in den Fokus zu rücken, um Wirtschafts- und Klimaprobleme zu lösen. Recycling und innovative Kreislaufstrategien sichern die Rohstoffversorgung und leisten einen Beitrag zur Rohstoffsicherung, zur Energiewende und zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Branche beschäftigt rund 350.000 Menschen und kann entscheidend zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen. Durch eine effizientere Ressourcennutzung können Unternehmen nicht nur Kosten sparen, sondern sich auch unabhängiger von den volatilen globalen Rohstoffmärkten machen. Zudem fördert eine starke Kreislaufwirtschaft Innovationen in den Bereichen Materialwissenschaften, nachhaltige Produktion und digitale Recyclingtechnologien. Gerade im internationalen Wettbewerb kann Deutschland von einer Vorreiterrolle profitieren und neue Märkte erschließen.
Im Jahreswirtschaftsbericht werden die wirtschaftlichen Potenziale der Kreislaufwirtschaft nicht ausreichend berücksichtigt. Der BDE kritisiert, dass für die Erreichung der Emissionsziele bis 2030 eine große Lücke bleibe, die nur durch gezielte Maßnahmen bei der Ressourcennutzung geschlossen werden könne. Eine verpasste Chance sei, dass die Kreislaufwirtschaft nicht als einer der zentralen Wachstumsfaktor behandelt werde, obwohl sie langfristig zur Stabilisierung der Industrie beitragen könne.
Quelle:
- Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE): Pressestatement zum Jahreswirtschaftsbericht 2025/
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): Jahreswirtschaftsbericht 2025