Kohlestrom: 50 Prozent weniger bis 2030 ist möglich – und nötig
Das Ziel im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist eindeutig: Bis 2030 muss die Energiewirtschaft ihre Treibhausgasemissionen gegenüber 2014 um die Hälfte senken. Dazu muss 2030 aber deutlich weniger als die Hälfte an Kohlestrom produziert werden, so eine neue Studie des Umweltbundesamtes, die am 13.01.2017 veröffentlicht wurde.
Wie das UBA mitteilt, habe die Studie unterschiedliche Wege untersucht, wie dieses Ziel erreicht werden könnte – vom Preisaufschlag auf fossile Brennstoffe wie Kohle bis hin zu Restlaufzeiten für Kohlekraftwerke.
„Alle Vorschläge lassen sich national umsetzen, müssen aber durch eine Verschärfung des europäischen Emissionshandels flankiert werden. Die Strompreiserhöhungen fallen moderat aus. Maximal 0,2 ct/kWh würden die Großhandelspreise steigen“, so UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Der Gesetzgeber könnte aus den folgenden vier Optionen auswählen, so Krautzberger weiter. Alle untersuchten Instrumente führten auch dazu, dass neben den deutschen Emissionen der deutsche Exportüberschuss beim Strom bis 2030 zurückgehe:
- Option 1: Braun- und Steinkohlekraftwerke, die im Jahr 2030 40 Jahre oder älter sind, werden nach und nach stillgelegt: Im Jahr 2030 reduziert sich die installierte Leistung der Braunkohlekraftwerke um 55 Prozent und die der Steinkohlekraftwerke um etwa 60 Prozent gegenüber 2015.
- Option 2: Allein Braunkohlekraftwerke werden als CO2-intensivste Form der Strom- und Wärmeerzeugung nach und nach stillgelegt: Bis 2030 reduziert sich die installierte Leistung der Braunkohlekraftwerke um circa 75 Prozent gegenüber dem Jahr 2015.
- Option 3: Jede Tonne CO2 aus mit fossilen Brennstoffen befeuerten Kraftwerken wird national um 10 Euro/Tonne verteuert, etwa durch einen CO2-Preisaufschlag über Brennstoffsteuern in der Stromerzeugung.
- Option 4: Die Volllaststunden der Braun- und Steinkohle-kraftwerke werden bis 2030 auf höchstens 4.000 Stunden begrenzt.
Mit allen vier Optionen ließe sich das Klimaziel für die Energiewirtschaft erreichen. Ein laut der UBA-Studie insgesamt robuster Weg sei die Stilllegung von Braun- und Steinkohlekraftwerken (Option 1 oder 2), er erreiche auch eine hohe europäische Emissionsminderung. Die nationale Brennstoffsteuer (Option 3) reduziere die Stromerzeugung aus Erdgas- und Steinkohlekraftwerken in Deutschland am stärksten und sei mit Blick auf die Strom-Erzeugungskosten in den Kraftwerken das kostengünstigste Instrument. Die Kraftwerksstilllegungen und die Begrenzung der Volllaststunden (Option 4) minderten vor allem den CO2-Ausstoß der Braunkohlekraftwerke.
Mit dem Rückgang des deutschen Exportüberschusses beim Strom bis 2030 würden insbesondere Gas-Kraftwerke außerhalb Deutschlands stärker ausgelastet werden können. Dies würde auch zu CO2-Minderungen außerhalb Deutschlands führen, da die Produktion von Gaskraftwerken übernommen werden würde, die weniger CO2 ausstoßen als Kohlekraftwerke. Die in den Optionen 1 und 2 vorgeschlagene direkte Minderung der Braunkohleverstromung hätten jedoch den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu den Optionen 3 und 4 besser sicherstellen können, dass die Emissionen nicht nur in andere EU-Staaten verlagert würden.
Durch den deutschen Kohleausstieg blieben CO2-Zertifikate auf dem europäischen CO2-Markt ungenutzt. Damit es zu keinem Überangebot an ungenutzten CO2-Zertifikaten komme, sollten die Mitgliedstaaten entsprechende Mengen bei den Versteigerungen kürzen und endgültig löschen dürfen. Der deutsche Kohleausstieg würde damit europakompatibel gemacht. Mittel- bis langfristig müssten die niedrigeren CO2-Emissionen aus Deutschland aber eine Verringerung der im europäischen Emissionshandel zulässigen Gesamtmenge an europäischen CO2-Zertifikaten nach sich ziehen und das Cap für den CO2-Ausstoß abgesenkt werden.
Die in der Studie untersuchten Instrumente wirkten sich unterschiedlich auf die wirtschaftliche Situation der einzelnen Kraftwerke aus: Wenn wie bei Option 1 und 2 einzelne Kohlekraftwerke aus dem Markt genommen würden, steigerten die leicht höheren Strompreise den Gewinn der im Markt verbleibenden Kraftwerke. Ein nationaler CO2-Preisaufschlag von 10 Euro pro Tonne reduzierte hingegen den Gewinn der betroffenen Kraftwerke deutlich, weil die zusätzlichen CO2-Kosten nur zum Teil durch den Strompreisanstieg kompensiert würden.
Zudem können die vier Optionen verfassungsrechtlich so ausgestaltet werden, dass der Staat keine Entschädigungen leisten muss. Wichtig ist vor allem, dass unverzüglich ein geordneter Strukturwandel eingeleitet wird. Dieser schafft Planungssicherheit für Investoren und hilft Fehlinvestitionen zu vermeiden, zum Beispiel durch den Aufschluss neuer oder die Erweiterung bestehender Tagebaue.
->Quelle: Umweltbundesamt.de