Koalitionsfraktionen einigen sich auf Mieterstrom

Breites Bündnis fordert: Gesetz muss bis zur Sommerpause umgesetzt werden

Am 16.02.2017 verständigten sich SPD- und Unionsfraktion darauf, die Vor-Ort- und Quartiersversorgung von Mietern mit Solarstrom künftig gezielt zu fördern. Noch in dieser Legislaturperiode soll ein gemeinsames Gesetz zum sogenannten Mieterstrom auf den Weg gebracht werden. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat beim Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) ein solches Gesetz bis zur Sommerpause angekündigt. Rund 3,8 Millionen Mieterhaushalte könnten kostengünstigen Solarstrom vom Dach beziehen, so eine aktuelle BMWi-Studie (siehe: solarify.eu/bmwi-studie-zum-mieterstrom). Dieses Potenzial muss endlich erschlossen werden, fordert ein breites Bündnis aus Verbänden und Unternehmen.

Mieterstrom – PV-Dach in Bonn – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Wir nehmen Ministerin Brigitte Zypries beim Wort: Mieter müssen endlich die Möglichkeit erhalten, die Energiewende aktiv mitgestalten und daran teilhaben zu können“, so die gemeinsame Botschaft von Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Bundesverband Erneuerbare Energien e.V., Bundesverband Solarwirtschaft e.V., Bundesverband Energiespeicher e.V., der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV sowie den Unternehmen Greenpeace Energy, LichtBlick, NATURSTROM und Polarstern. „Die deutliche Ausweitung von Mieterstromprojekten würde die Energiewende in die Städte bringen und ihre Akzeptanz unter Mieterinnen und Mietern weiter stärken, so das Bündnis in einem gemeinsamen Positionspapier“.

Bislang ist Mieterstrom gegenüber dem sogenannten Eigenverbrauch schlechter gestellt. Während Eigenheimbesitzer keinerlei Abgaben und Umlagen auf den selbst erzeugten Strom zahlen müssen, wird der im Hausnetz an Mieter gelieferte Solarstrom mit der vollen EEG-Umlage belastet. „Es ist ein Gebot der Fairness, dass für Eigenheimbesitzer und Mieter die gleichen Spielregeln gelten. Die von der Politik in Aussicht gestellte Regelung muss jetzt so ausgestaltet werden, dass Mieterstrom für breite Mieterkreise attraktiv wird“, sagt Klaus Müller, Vorstand vom vzbv.

Die Wirtschaftlichkeit von Mieterstrommodellen wird zusätzlich erschwert durch bislang uneinheitliche Anforderungen an die Zählereinrichtungen. Heute kann jeder der rund 800 Netzbetreiber hierzulande eigene Anforderungen und Wünsche definieren. „Ein für ganz Deutschland gültiges Zählerkonzept würde Mieterstrom erheblich vereinfachen“, erläutert Dr. Tim Meyer, Geschäftsbereichsleiter Dezentrale Energieversorgung bei der NATURSTROM AG.

„Uns ist es wichtig, zeitnah eine Lösung zu finden, die Mieterstrommodelle bundesweit und in größerem Umfang ermöglicht. Energieversorger, Genossenschaften, Vermieter und andere Akteure sollten gleichermaßen die Chance haben, als Mieterstromlieferanten aufzutreten. Dies ist im Rahmen eines Direktfördermodells leichter darstellbar“, bekräftigt Andreas Wieg, Leiter der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften. Das gemeinsame Positionspapier kann auf der Seite www.sonneteilen.de heruntergeladen werden. Die Webseite bietet zudem viele weiterführende Informationen zum Thema Mieterstrom.

Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) ist eine Verordnungsermächtigung zur Gleichstellung von Mieterstrom mit dem solaren Eigenverbrauch vorgesehen. Diese Verordnung hat das Bundeswirtschaftsministerium bislang nicht auf den Weg gebracht, jetzt aber erklärt, bis zur Sommerpause eine Änderung des EEG verabschieden zu wollen. Seit Kurzem setzt sich auch der Bundesrat für Mieterstrom ein. Zudem hatten bereits die Landesregierungen Nordrhein-Westfalen und Berlin die Bundesregierung aufgefordert, ihre zögerliche Haltung aufzugeben und möglichst schnell die großflächige Umsetzung von Mieterstromprojekten zu erleichtern.

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft: „Wir begrüßen dieses Vorhaben außerordentlich. Es ist höchste Zeit, dass auch Mieter von preiswerten Solarstromangeboten profitieren können. Lokal erzeugter Solarstrom schont das Klima und verringert den Bedarf an neuen Stromleitungen. Das Gesetz kann zudem dazu beitragen, dem Solarmarkt in Deutschland neuen Schwung zu verleihen.“

Solare Mieterstromangebote werden bislang – anders als z. B. selbst genutzter Solarstrom im Eigenheim – mit der vollen EEG-Umlage von derzeit rd. 7 Cent belastet, was sie weitgehend unattraktiv macht. Dies wurde von Vertretern der Bundesländer, von Mieter- und Verbraucherschützern sowie der Wohnungswirtschaft in der Vergangenheit wiederholt kritisiert. Auch Stadtwerke und die Solarwirtschaft forderten mehrfach den Abbau dieser Investitionsbarriere. Mit der jetzt von der Bundesregierung geplanten Förderung könnte sie größtenteils beseitigt werden. „Es wird nun jedoch von der konkreten Ausgestaltung der Gesetzesinitiative abhängen, ob die Energiewende damit endlich auch Einzug in die Innenstädte halten kann“, so Körnig.

Johann Saathoff und Bernd Westphal von der SPD-Bundestagsfraktion dazu: „Die Einigung sieht vor, die direkte Förderung von Mieterstrommodellen künftig zu ermöglichen. Dies soll in Form eines Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden. Kontraktorenmodelle, bei denen ein externer Dienstleister für den Vermieter den Stromvertrieb übernimmt, werden im Sinne des Quartiersmanagements ausdrücklich ermöglicht. Nun liegt es am Bundesministerium der Finanzen, auch die gewerbesteuerlichen Voraussetzungen für Mieterstrommodelle zu schaffen.

Die Energiewende bildet sich derzeit vor allem in ländlichen Regionen und auf Dächern von Hauseigentümern statt. Wir wollen die Energiewende aber auch in die Städte bringen. Modelle, die es auch Mietern ermöglichen, aktiv an der Energiewende teilzunehmen, gibt es aufgrund schwieriger wirtschaftlicher und rechtlicher Bedingungen bislang nur wenige. Wir wollen, dass auch Mieter den Strom einer PV-Anlage auf dem Dach ihres Wohnhauses direkt und kostengünstig nutzen können.“

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