Rede Merkels vor VKU-Verbandstagung
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor 1.000 Teilnehmern der VKU-Verbandstagung in Berlin erneut eine Lanze für die Braunkohle gebrochen. Eine Absage erteilte sie der immer wieder erhobenen Forderung, der Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung müsse vorangetrieben werden, mit dem Hinweis, man wolle „auch weiter einen breiten Versorgungsmix, weil wir das Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Bezahlbarkeit im Auge haben“, sagte sie am 14.03.2017. Gleichzeitig nannte sie die Erneuerbaren Energien „wichtigste Säulen unserer Energieversorgung“.
Man dürfe aber „nicht von einem Tag auf den anderen aus bestimmten Energieformen aussteigen“. Als sie auf die Energiewende zu sprechen kam, machte die Kanzlerin freundlich lächelnd harte Ansagen. „Wir dürfen die Menschen nicht verunsichern“, betonte Merkel. „Das bringt ganze Regionen in eine völlig inakzeptable Situation.“ Uns als sie von den Stadtwerke-Vertretern Rücksicht auf die Beschäftigten in der Kohleindustrie forderte, klang das fast wie eine Drohung: „Seien Sie solidarisch: Irgendwann erwischt es auch Sie!“ Solarify dokumentiert Merkels Rede in den für Energiewende und Erneuerbare relevanten Ausschnitten.
Lieber Herr Ebling,
liebe Katherina Reiche,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestags und meine Damen und Herren aus der Familie der kommunalen Unternehmen,
man kann es so sagen: Das Wetter in Washington hatte ein Herz für die deutschen kommunalen Unternehmen. So stehe ich also nicht im Schneesturm in Washington, sondern vor Ihnen. Das freut mich von Herzen, weil ich weiß, was auf der kommunalen Ebene geleistet wird, weil ich weiß, was Daseinsvorsorge für die Menschen in Deutschland bedeutet, und weil ich auch weiß, in welchem Umbruch Sie mit Ihren Aktivitäten im Augenblick sind. Die Herausforderungen sind groß, deshalb ist es mir wirklich ein Anliegen, heute zu diesen Fragen zu Ihnen zu sprechen – unter dem Motto „Aufbruch in die neue Daseinsvorsorge“.
Die Debatte bei Ihnen ist vor allem von der Digitalisierung und von der Energiewende geprägt. Wir sind sozusagen unentwegt miteinander verbunden, weil alles, was wir an Gesetzen im Bereich Energie, Wasser, Abfall verabschieden, für Sie jedes Mal neue Rahmenbedingungen bedeutet; es bedeutet umzudenken und sich wieder neu einzustellen. Das wirft Fragen auf – ob die Gebühren steigen und was die Menschen vor Ort sagen….
Berechenbarkeit und Voraussagbarkeit für ganz Energiepolitik
Ich will mit der Energiepolitik beginnen. Dort passiert unentwegt etwas und Sie sind davon beeinflusst. Wir haben in dieser Legislaturperiode zwei große Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verabschiedet: die Novellen von 2014 und 2016. Angesichts der Tatsache, dass die Erneuerbaren Energien jetzt die wichtigste Säule unserer Energieversorgung sind, haben wir versucht, mehr Berechenbarkeit und Voraussagbarkeit in die ganze Energiepolitik zu bekommen. Dazu gehört, dass wir uns zusammen mit den Ländern auf einen Ausbaukorridor von 40 bis 45 Prozent für erneuerbare Energien bis 2025 geeinigt haben. Ein solcher stabiler Ausbaukorridor ist wichtig. Er bedeutet mehr Planungssicherheit. Dennoch wissen wir, dass wir große Schwierigkeiten haben, wenn wir diesen Ausbaukorridor nicht mit Methoden unterfüttern, damit er eingehalten werden kann, weil das jetzt noch geltende EEG, das jedem sozusagen ein Einspeiserecht verschafft, der in die erneuerbaren Energien investiert, nicht die Planbarkeit mit sich bringt, die wir brauchen.
Wir brauchen also Versorgungssicherheit, Systemstabilität, Bezahlbarkeit und dann noch die Wende bei der Energieversorgung hin zu mehr Erneuerbaren Energien. Deshalb ist die Novelle von 2016 mit der Einführung von Ausschreibungen für den Großteil der Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien ein Paradigmenwechsel, denn damit werden wir ab 2018 die Situation haben, dass Mengen ausgeschrieben werden, womit die Berechenbarkeit sehr viel besser wird.
Interessante Erfahrungen mit Pilotausschreibungen
Die Kostenbegrenzung ist entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende. Wir denken, dass wir durch Ausschreibungen mehr Kosteneffizienz haben werden. Wir haben im Bereich der Photovoltaik-Freiflächenanlagen Pilotausschreibungen vorgenommen. Damit haben wir interessante Erfahrungen gemacht. Erst hieß es: Das wird gar nichts bringen; die Menge ist viel zu klein – lasst es doch gleich sein. Interessanterweise ist bei den Ausschreibungen herausgekommen, dass der Preis um 28 Prozent gesunken ist – von 9,17 Cent pro Kilowattstunde auf 6,58 Cent pro Kilowattstunde. Wenn sich das bei den anderen Energieformen so fortsetzt, dann kann sich das, denke ich, sehen lassen.
Folgt: „Seien Sie solidarisch. Irgendwann erwischt es auch Sie“