Energie soll „bezahlbar und sauber“ werden
US-Präsident Trump setzt endgültig zum Frontalangriff auf die Klimaschutzpolitik Barack Obamas an: Er unterschrieb bei einem Besuch der Umweltbehörde EPA das „Dekret über die Energie-Unabhängigkeit“, mit dem er die von seinem Vorgänger festgesetzten Treibhausgas-Reduktionsziele kippen und stattdessen wieder fossile Energieträger wie Kohle fördern will. Ein Trump-Getreuer im Weißen Haus behauptete allen Ernstes, mit dem Erlass werde Energie „bezahlbar und sauber“ und im Energiesektor würden neue Jobs geschaffen. Zweifler meldeten sich bereits.
Mit sechs Anordnungen ordnet Trump an, verschiedene Klimaschutzbestimmungen Obamas abzuschaffen und Beschränkungen für Kohle, Öl, Gas und Atomkraft aufzuheben. Damit würden den USA wichtige Instrumente fehlen, um – wie in Paris bei COP21 versprochen – bis 2025 die Treibhausgasemissionen um 26 bis 28 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Besonders schwer wiegt die angekündigte Aufhebung des sogenannten Clean Power Plans, der die klimaschädlichen Abgase aus dem Stromsektor durch strengere Grenzwerte für Kraftwerke bis 2030 um 32 Prozent verringern sollte. Während einige der heute angekündigten Änderungen sofort in Kraft treten können, würde die Aufhebung des Clean Power Plan jedoch einen komplizierten bürokratischen Prozess von mindestens einem Jahr erfordern. Zudem wird mit Klagen dagegen gerechnet.
Umweltschützer protestierten laut – Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals etwa konstatierte. „Damit katapultiert Trump die USA aus der internationalen Führungsrolle in der Klimapolitik, die die Obama-Administration gemeinsam mit China übernommen hatte, zudem meldet er die USA aus der Gruppe der innovativen und verantwortungsvollen Staaten ab. Die Trump-Administration überlässt China und der EU das Feld zur Führung der Welt in eine emissionsfreie Zukunft.“
2016 sind die chinesischen energiebedingten CO2-Emissionen nach vorläufigen Berechnungen der IEA um 1 Prozent gesunken, während sie in Deutschland leicht gestiegen sind. „In China passiert beim Klimaschutz gerade deutlich mehr als in Deutschland und der EU“, betont Bals. „Europa sollte sich zum Beispiel dringend ehrgeizigere Klimaziele für 2030 setzen, um den Anschluss nicht zu verlieren.“ Nach Trumps Anti-Klimaschutz-Dekret müssten die EU und China die Führungsrolle übernehmen. Die Rücknahme von Obamas Klimaschutzmaßnahmen nehme die EU in die Pflicht. Jetzt müsse die Bundesregierung auf eine ehrgeizigere EU-Klimapolitik drängen.
Greenpeace-Sprecher Gregor Kessler kritisierte: „Trump gaukelt den Menschen eine Energiezukunft vor, die es nicht geben wird. Der Boom der Erneuerbaren Energien hat in Amerika Hunderttausende Arbeitsplätze geschaffen, die Branche wächst rasant. Mit jedem neuen Windrad, jedem Solardach spielen Kohle und Öl eine kleinere Rolle. Bundesstaaten wie das demokratische Kalifornien, aber auch das erzkonservative Texas werden sich von Trumps rückständiger Energiepolitik nicht das Geschäft mit Windkraft und Solarenergie verderben lassen. Die Kohlebranche ist eine sterbende Industrie. Trump muss ihren Niedergang sozial auffangen, verhindern kann er ihn nicht.“
Experten wie James van Nostrand von der West Virginia University zogen zudem in Zweifel, ob Trump wirklich dem Kohlesektor zu dem versprochenen Job-Aufschwung verhelfen kann. Denn der Niedergang der Kohle gehe in erster Linie auf gestiegene Förderkosten sowie wachsende Konkurrenz durch Erdgas und Erneuerbare Energien zurück.
Auf SPIEGEL-Online kommentierte Christoph Seidler trotz allem zuversichtlich – sein Motto an alle: Weitermachen! Trumps Ankündigung sei vielleicht gar nicht die Katastrophe, dafür gebe es viele Gründe:
- „Der internationale Klimaschutz hängt nicht mehr zwingend davon ab, dass die USA mitziehen. China als mit Abstand größter CO2-Emittent spielt längst eine wichtigere Rolle. Präsident Xi Jinping hat klargemacht, dass sich sein Land an die Zusagen von Paris halten wird…
- Auch einzelne US-Bundesstaaten wie Kalifornien haben längst erkannt, wie wichtig der Klimaschutz ist. Städte wie New York, Boston, Washington, San Francisco oder Seattle ebenfalls. Sie werden sich in ihren Bemühungen kaum von der Regierung in Washington bremsen lassen….
- Die Industrie ist längst kein Bremser mehr beim Klimaschutz. Um die 900 Firmen haben Trump nach seiner Wahl öffentlich aufgefordert, sich an den Klimavertrag zu halten. Sogar Ölkonzerne wie BP, Shell, Statoil oder Total befürworten inzwischen eine Steuer auf fossile Brennstoffe. Auch ExxonMobil, DuPont und Unilever befürworten das Abkommen von Paris – auch weil es Planungssicherheit für zukünftige Geschäfte in Milliardenhöhe bietet.
- Eine klare Mehrheit der US-Wähler spricht sich für ein starkes US-Engagement fürs Klima aus. Bei einer Umfrage des Yale Program on Climate Change Communication hatten sich zuletzt 70 Prozent der Befragten für einen Verbleib im Paris-Vertrag ausgesprochen, selbst 50 Prozent der Republikaner.
Trump wird diese Dinge nicht ändern können. Er kann nur ein Signal senden. Ein Signal an die ewig Gestrigen. Und für alle anderen da draußen, denen der Klimaschutz am Herzen liegt, für die gilt: Weitermachen!“
Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)
„Donald Trumps Versuch, die USA in einen mit Dinosaurier-Energie betriebenen Jurassic Park zu verwandeln, wird letztlich scheitern. Dennoch wird das die nationalen Emissionsreduktionen eine Zeit lang erschweren. Auf internationaler Ebene jedoch werden sich dadurch jetzt wahrscheinlich die Reihen der Akteure für den Klimaschutz schließen, die Trumps Intervention als Weckruf für die Transformation begreifen. Nicht zuletzt wird das Dekret im Hinblick auf die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft nach hinten losgehen.“
Germanwatch: „Zehn US-Bundesstaaten, 71 Städte und über 600 Unternehmen treiben Klimaschutz auch gegen Trump voran“
Während sich die US-Regierung vom Klimaschutz weitgehend zurückziehe, handelten andere: Zehn Bundesstaaten und 71 Städte, darunter die größten des Landes, haben sich laut Germanwatch zu ambitionierter Klimapolitik verpflichtet. Mehr als 600 Unternehmen – darunter Weltkonzerne wie HP, DuPont, Levi’s oder Kellogg’s – fordern die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. „Die Regierungen vieler Bundesstaaten, Bürgermeister und Unternehmenslenker haben die Zeichen der Zeit erkannt und setzen auf Klimaschutz. Sie haben offensichtlich große Sorge, ansonsten von der technologischen Entwicklung abgehängt zu werden“, kommentiert Bals.
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