EE-Finanzierung aus Steuern kann Verbraucher entlasten

enervis Studie für den vzbv analysiert Effekte eines steuerfinanzierten Fonds

Verbraucherschützer, Experten und Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen forderten am 28.03.2017 in Berlin neue Wege zur Finanzierung der Energiewende. So zeigt eine vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bei der auf Energiefragen spezialisierten Unternehmensberatung enervis energy advisors GmbH in Auftrag gegebene Studie: Ein steuerfinanzierter Energiewendefonds könnte einen Großteil der Verbraucher finanziell entlasten, Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen würden profitieren. Immerhin unterstützten 79 Prozent der Verbraucher die Ziele der Energiewende.

70 Millionen Verbraucher könnten um 250 Euro im Jahr entlastet werden

Durch die steigende EEG-Umlage werden Haushalte zunehmend belastet. Der vzbv hat daher die die Effekte einer EEG-Finanzierung aus Steuermitteln („Energiewendefonds“) analysieren lassen – das notwendige Volumen eines solchen Fonds, die Optionen zur steuerlichen Gegenfinanzierung und ihre Verteilungseffekte. Dabei zeigte sich, dass rund 70 Millionen Verbraucher um bis zu 250 Euro im Jahr entlastet werden könnten. Haushalte mit Einkommen mehr als 90.000 Euro würden mehr zahlen müssen.

Im Ergebnis ist der Energiewendefonds ein effektives Instrument zur leistungsgerechteren Verteilung der EEG-Kosten. Eine massive Erhöhung einzelner Steuersätze kann vermieden werden, wenn die steuerliche Gegenfinanzierung breit auf unterschiedliche Steuerarten verteilt wird. Unternehmenssteuern ermöglichen eine zielgerichtete Abschöpfung der durch eine Absenkung der EEG-Umlage ansteigenden Gewinne von Unternehmen. Über die Einkommensteuer lässt sich die Verteilungswirkung lenken.

Experten-Diskussion

Diese Thematik erörterten am 28.03.2017 die MdB Eva Bulling-Schröter (Linke), Joachim Pfeiffer (CDU/CSU), Johann Saathoff (SPD) und Julia Verlinden (Grüne) mit Prof. Klaus Töpfer, Klaus Müller (vzbv) und Vertretern von Wirtschaft, Umwelt und Wissenschaft. „Die Kosten für den Umstieg auf erneuerbare Energien müssen neu geordnet und gerechter verteilt werden“, fordert Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). „Ein Baustein könnte ein steuerfinanzierter Energiewendefonds sein, der einen Großteil der Verbraucher und besonders die einkommensschwachen Haushalte entlastet“.

„Die Einrichtung eines Energiewendefonds ist nach wie vor richtig und dringlicher denn je“, erklärte der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU), einer der Väter des Energiewendefonds. „Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Dialog und eine Entscheidung über die Neuverteilung der Energiewendekosten und dies zügig“.

Bislang seien Verbraucher die Zahlmeister der Energiewende, so der vzbv Eine finanzielle Entlastung der Verbraucher sei deshalb überfällig. Der vzbv fordert neben der Gesamtentlastung der Verbraucher auch, deren individuelle Einkommenssituation stärker zu berücksichtigen. Bisher zahlen alle privaten Stromkunden über die EEG-Umlage knapp sieben Cent pro Kilowattstunde Strom für den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Energiewendefonds für mehr Gerechtigkeit

„Die Studie ist ein guter Anlass, die Diskussion um den Energiewendefonds wieder aufleben zu lassen und die Finanzierung der Energiewende neu zu denken“, waren sich die Diskutanten einig. Unterschiedliche Auffassungen bestanden in der Form der Gegenfinanzierung. Möglich wären beispielsweise steuer- oder kreditfinanzierte Modelle, eine Beteiligung abgeschriebener Anlagen, eine Absenkung der Stromsteuer oder ein Mix mehrerer Maßnahmen. Eine aktuelle repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag des vzbv zeigt, dass 79 Prozent der Befragten die Energiewende nach wie vor unterstützen.

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv): „Die Kosten für den Umstieg auf erneuerbare Energien müssen neu geordnet und gerechter verteilt werden. Ein Baustein könnte ein steuerfinanzierter Energiewendefonds sein, der einen Großteil der Verbraucher und besonders die einkommensschwachen Haushalte entlastet.“

Julius Ecke von enervis erklärte: „Der in der Studie angesetzte Steuermix zur Gegenfinanzierung ist trennscharf in dem Sinne, dass einkommensschwache Haushalte gezielt entlastet werden können. Ein steuerfinanzierter Fonds ist damit ein wirksames Mittel, um die Kosten der Energiewende fairer zu verteilen. Im Kontext der Diskussion zur Sektorenkopplung ist die verteilungspolitische Dimension unbedingt integriert mitzudenken.“

Sandra Enkhardt schreibt auf pv magazine: „Der Vorschlag einer Steuerfinanzierung zumindest der Anlaufkosten für den Ausbau von Photovoltaik, Windkraft, Biomasse und Co. ist nicht neu. Bereits Mitte 2013 forderten die Verbraucherschützer eine Art ‚Bad Bank für Ökoststrom‘. ‚Kosten für die Technologieentwicklung sollten nicht die Stromverbraucher zahlen, sondern aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Das gilt in der Vergangenheit für die Solarenergie und in der Zukunft für Offshore-Windenergie‘, sagte der damalige vzbv-Energieexperte Holger Krawinkel. Auch Politiker wie die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) griffen  damals den Vorschlag auf. Allerdings fand der Vorschlag damals kein größeres Echo im politischen Berlin.“

[note Das Potsdam-Institute for Advanced Sustainable Studies (IASS) stellte schon im Herbst 2013 einen ursprünglich von Klaus Töpfer und Günther Bachmann erarbeiteten Vorschlag in einer Studie vor, die einen EEG-Fonds und seine mögliche Ausgestaltungen beschrieb. Siehe: iass-potsdam.de/eeg-fonds; solarify.eu/noch-einmal-bachmann-topfer-vorschlag]

Noch einmal Sandra Enkhardt: „Neben der Diskussion über einen Fonds für die Energiewende-Kosten gibt es auch vermehrt Forderungen nach einer Absenkung oder Abschaffung der Stromsteuer in Deutschland. Diese liegt derzeit bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde. So hat der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil Mitte März 2017 in einem Tagesspiegel-Interview angekündigt, dass die Stromsteuer nach der Bundestagswahl im Herbst gesenkt werden sollte. ‚Wenn der Strom aber immer grüner wird, ist es widersinnig, auf diesen Ökostrom eine Ökosteuer zu erheben. Wenn der Strompreis weiter steigt, sollten wir nach und nach die Stromsteuer senken‘, erklärte Heil. Unterstützung bekam er nun dafür von verschiedenen Seiten. So forderten der kommissarische BEE-Geschäftsführer Harald Uphoff, BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer und Achim Dercks von DIHK ebenfalls die Senkung, wenn nicht sogar Abschaffung der Stromsteuer in Deutschland. Der VDMA plädierte für einen Umbau des gesamten Steuern- und Abgabensystems für Energieträger, das sich künftig am CO2-Ausstoß orientieren solle. Der Wirtschaftsflügel der CDU/CSU plädiert dagegen weiterhin für die Abschaffung der Förderung Erneuerbarer Energien. Das Streichen der Stromsteuer reiche nicht aus, erklärte deren energiepolitischer Sprecher, Thomas Bareiß, dem Tagesspiegel.“

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