Umwelt-Staatsekretär pocht auf Klimaschutz „Müssen eine Brandmauer gegen die USA errichten“
Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth warnte in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel vor Wettbewerbsverzerrungen durch Senkungen von Umweltstandards in den USA. Dennoch will er das Land im Klimaabkommen halten – und hofft auf einen Gipfel in Hamburg. Mit freundlicher Genehmigung von Dagmar Dehmer.
Am 10.04.2017 ist in Rom eine Erklärung der G-7-Energieminister zum Klima an den USA gescheitert. Haben Sie noch Hoffnung, in der G-20-Gipfelerklärung einen Passus zum Klima unterzubringen?
Deutschland diskutiert mit den G-20-Staaten derzeit einen Klima- und Energie-Aktionsplan. Da sind wir noch nicht am Ende. Es wird noch einige Anstrengung brauchen, um einen gemeinsamen Plan zu vereinbaren. Die Bundesregierung steht jedenfalls geschlossen für eine ambitionierte Klimapolitik im Sinne des Pariser Weltklima-Abkommens. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dies bei ihrem Besuch beim amerikanischen Präsidenten Donald Trump angesprochen, Außenminister Sigmar Gabriel hat es beim G-20-Außenministertreffen angesprochen, und auch Finanzminister Wolfgang Schäuble beim G-20-Finanzministertreffen. Dass das bei den G-20-Finanzminstern nicht geklappt hat, hat auch damit zu tun, dass die neue US-Regierung sich noch ordnet. Ein „Nein“ beim Finanzministertreffen heißt nicht unbedingt, dass es dabei auch bleibt. Beim G-20-Gipfel in Hamburg im Sommer werden wir mehr wissen.
Sie waren gerade in den USA und haben dort den neuen Chef der US-Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, kennengelernt. Wie ist er denn, der Herr Pruitt?
Wir haben ein gutes Gespräch geführt. Die Atmosphäre war locker. Wir haben uns ein bisschen kennengelernt.
Worüber haben Sie denn gesprochen?
Wir sind natürlich schnell zur Sache gekommen. Deshalb war ich ja auch da. Die erste Frage ist mir nicht schwer gefallen, weil der ursprüngliche Termin verschoben werden musste. Diesen hat ein anderer beansprucht: nämlich der Präsident. Donald Trump hat genau in dem Büro, in dem ich mit Pruitt gesessen hatte, die Exekutivanordnung zur Klima- und Kohlepolitik unterzeichnet und übergeben. Deshalb war meine erste Frage: Was denn da drin steht. Das hat er mir dann erklärt.
Wie wollen Sie mit der neuen US-Regierung über Klimaschutz reden?
Es gibt zu Gesprächen überhaupt keine Alternative. Unser Ehrgeiz ist es, die Arbeit mit den USA so eng wie möglich zu gestalten, um den Fundus gemeinsamer Überzeugungen zu erweitern und nicht zu schmälern. Ich glaube, dass das auch möglich ist.
Wo sehen Sie da Ansatzpunkte?
Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir unsere Überzeugungen und unsere Art, Klimapolitik zu machen, erläutern. Übrigens auch da, wo wir noch nicht so gut sind. Mir war es wichtig, Scott Pruitt deutlich zu machen, dass wir nicht nur eine Verpflichtung zum Klimaschutz verspüren, sondern dass wir auch glauben, dass dies die beste Strategie für uns ist, eine der erfolgreichsten Volkswirtschaften der Welt zu bleiben. Das ist wichtig, weil es dazu auch gar keine klimapolitische Grundüberzeugung braucht. Ich habe ihm auch unser Problem erläutert: Wir kommen von unseren hohen Kohle-Überkapazitäten nicht weg. Das ist ein großes regionalwirtschaftliches und ein soziales Problem. Das habe ich ihm in aller Offenheit geschildert. Ich glaube, dass das eine gute Basis ist, wenn man nicht als Besserwisser rüberkommt und auch offen ist zuzuhören, wie andere das sehen.
Wie sieht Scott Pruitt die Kohlefrage?
Es gibt ein starkes Bedürfnis, sich von der so empfundenen Anti-Kohle-Politik der Regierung von Barack Obama abzugrenzen. „Wir werden den Krieg gegen die Kohle beenden“, hat Trump gesagt, und Scott Pruitt im Gespräch mit mir dann auch. Auf meine Frage, ob er glaubt, dass mit den Entscheidungen seiner Regierung die Kohle wieder wettbewerbsfähig werde und Kohlejobs zurückkommen könnten, hat er sich nicht festgelegt. Ganz anders verliefen meine Gespräche mit Unternehmern – von Bergbau über Energieerzeugung bis zum Anlagenbau: Da hat kein einziger gesagt, dass sie von einer Renaissance der Kohle ausgingen. Egal, welche Regulierungen ausgesetzt, ergänzt oder ersetzt werden.