Neues Institut soll Abgase messen
Verkehrsminister Alexander Dobrindt will einer Medienmitteilung zufolge noch 2017 ein „Deutsches Institut für Verbrauchs- und Emissionsmessungen (DIVEM)“ gründen. Mit Tests unter realen Fahrbedingungen soll mehr Transparenz geschaffen werden. Der CSU-Politiker teilte im Rahmen einer Pressekonferenz an 27.06.2017 in Berlin mit, die Einrichtung solle von den deutschen Autoherstellern finanziert werden. Dobrindt reagiert damit auf Kritik an fehlender Transparenz bei den Abgasmessungen, die im Zuge des Diesel-Skandals um manipulierte Werte laut wurde.
Das neue Institut soll laut Dobrindt als Verein die Emissionen von Autos auf einer festgelegten Strecke im realen Straßenbetrieb messen.
[note Die Begründung des Ministeriums: „Unterschiede zwischen den bei den bisher international verbindlich vorgegebenen Messungen auf dem Prüfstand ermittelten Verbrauchs- und Emissionsangaben und den tatsächlichen Ergebnissen im Realverkehr sorgen für Verunsicherung bei Verbrauchern und in der Öffentlichkeit. Faktoren wie die Nutzung von Klimaanlagen, Radio und weiterer Nebenaggregate, Streckenprofil, die Fahrweise oder das Wetter beeinflussen den Kraftstoffverbrauch. Die Bandbreite dieser Faktoren kann nicht in einem repräsentativen Wert aus dem WLTP-Messverfahren berücksichtigt werden. Deswegen soll eine Angabe zu einer Verbrauchsspanne den Kunden mehr Transparenz über Kraftstoffverbräuche bieten. Bundesminister Dobrindt hat dazu mit den Automobilherstellern ein Verfahren entwickelt, das für mehr Klarheit und Transparenz im Sinne der Verbraucher und der Öffentlichkeit sorgt. Ziel ist es, belastbare realitätsnahe Verbrauchs- und Emissionsangaben zu ermitteln und öffentlich zugänglich zu machen.“]Die Messungen des CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr sollen die Autohersteller bezahlen, die Messergebnisse in einem Internet-Portal veröffentlicht werden. Damit bekämen Autokäufer bessere Vergleichsmöglichkeiten, hieß es aus dem BMVI. In einem Beirat sollen Kommunen, Verbraucherverbände, gesellschaftliche Organisationen und das BUMB an dem Institut beteiligt werden.
[note Allein 2015 sind rund 38.000 Menschen wegen überschrittener Abgasgrenzwerte vorzeitig verstorben, 11.400 in der EU. Diese Zahlen hat ein Team um Susan Anenberg von der Organisation Environmental Health Analytics (LLC) in Washington berechnet. Im Jahr 2015 habe der Gesamtausstoß bei 13,1 Millionen Tonnen gelegen, schreiben die Forscher im Fachmagazin Natur: „Gegenwärtige Dieselfahrzeuge stoßen unter realen Betriebsbedingungen weit mehr NOx aus als bei Laborzertifizierungstests10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20. Hier zeigen wir über elf Märkte, die etwa 80 Prozent des weltweiten Diesel-Vertriebs ausmachen, dass im Straßenverkehr fast ein Drittel der Emissionen aus Schwerlastverkehrs-Dieseln und mehr als die Hälfte von leichteren Dieseln die Grenzwerte überschreiten. Diese unerlaubten Emissionen (in Höhe von insgesamt 4,6 Mio. Tonnen) mit einer Partikelgröße PM2.5 (siehe solarify.eu/partikelgroesse-pm25/) und Ozon werden etwa 38.000 vorzeitigen Todesfällen im Jahr 2015 zugeordnet. (Nach nature – Anenberg et al., 2017).]
Ausgelaufene Modelle aufgefallen
Wie das BMVI zudem mitteilte, sei laut einem Bericht der von Dobrindt installierten Untersuchungskommission bei zwei weiteren Diesel-Modellen – einem Opel und einem Smart – ein zu hoher CO2-Ausstoß festgestellt worden. Beide würden jedoch nicht mehr gebaut. Bei dem Opel Zafira mit 1,6-Liter-Motor hätten die Emissionen höher als die zulässige Toleranzschwelle von vier Prozent über dem genehmigten Wert gelegen. Opel sei vom Kraftfahrt-Bundesamt zu einer Umrüstung mit einer Software zur Motorsteuerung aufgefordert worden. Als zweites Modell habe ein nicht mehr produziertes Modell eines Smart For Two mit einem 0,8-Liter-Dieselmotor die Schwelle überschritten. Für eine gesicherte Bewertung seien aber noch weitere Messungen an anderen Fahrzeugen des Typs nötig, heißt es in dem Bericht.
DUH: „Branche betrügt und kontrolliert sich selbst“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) kommentiert: „Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt präsentiert sich einmal mehr als Vertreter der Autokonzerne innerhalb der Bundesregierung. Anstatt schonungslos die Wirkungsweise von Abschalteinrichtungen auch zur Vortäuschung niedriger CO2-Werte aufzudecken, verteidigt er mit einem Gefälligkeitsgutachten die trügerischen Herstellerangaben. Nur bei zwei der getesteten Pkw, die die DUH bereits 2015 und 2016 als Problem-Fahrzeuge benannt hat, dem Opel Zafira Diesel 1.6 und dem Smart Diesel, sind die Abweichungen so hoch, dass auch Rechentricks und der Verzicht auf die Ermittlung korrekter Ausrollwerte nicht halfen, die Werte zu beschönigen. Beeindruckend ist auch der Vorschlag des Bundesverkehrsministeriums, zukünftig die Spritverbrauchs- und Abgasmessungen durch einen von der Automobilindustrie finanzierten, neu zu gründenden Verein durchführen zu lassen. Das ist der Offenbarungseid im Verbraucherschutz. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung einer Branche, die seit Jahren bei Abgas- und Verbrauchswerten betrügt, die Selbstkontrolle überträgt. Was wir brauchen, ist ein industrieunabhängiges behördliches Prüfinstitut, idealerweise am Umweltbundesamt angegliedert. Die amerikanische Umweltbehörde EPA ist dafür ein Vorbild.“
Noch zehn Modelle kommen auf den Prüfstand
In der Reihe wurde der CO2-Ausstoß bei 19 von deutschen Herstellern stammenden oder als Typ hierzulande genehmigten Fahrzeugen gemessen. 17 davon wurden nicht beanstandet. Bei den meisten Modellen blieb der CO2-Ausstoß – und parallel dazu der Spritverbrauch – auf dem Prüfstand unter den angegebenen Werten. Für weitere zehn Autos ausländischer Marken oder mit Typgenehmigung im Ausland laufen noch Prüfungen. Das Ministerium hatte die gesonderte Untersuchung im Mai 2016 angekündigt, nachdem rund 30 Autos verschiedener Marken bei Messungen in Sachen CO2 auffällig waren, bei denen es aber in erster Linie um den Stickoxid-Ausstoß (NOx) ging. Wegen überhöhter NOx-Werte hat das Kraftfahrt-Bundesamt bereits einen verpflichtenden Rückruf für 2,4 Millionen VW-Diesel angeordnet, bei dem eine verbotene Manipulationssoftware entfernt werden muss. Für weitere 630.000 Fahrzeuge mehrerer deutscher Marken haben die Hersteller freiwillige Umrüstungen zugesagt. Bei ihnen bestehen Zweifel, ob Abschaltungen der Abgasreinigung zulässig sind.
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