Jacksons Wohlstand ohne Wachstum neu

„Mehr Spaß mit weniger Zeug“

Als Tim Jacksons Buch Wohlstand ohne Wachstum vor sechs Jahren zum ersten Mal erschien, entwickelte es sich schnell zum Standardwerk, zur „Bibel der Wachstumskritik“. Jacksons brisante Diagnose lautete: „Unsere gesamte Wirtschaftsordnung baut auf ewigem Wachstum auf – aber nun brauchen wir einen anderen Motor“ – und daran hat sich bis heute nichts geändert – so der Einladungstext der Heinrich-Böll-Stiftung, die das Buch am 19.07.2017 in Berlin präsentierte.

Das Buch bietet eine aktuelle Analyse der Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrisen, des ungebrochenen Strebens nach Wachstum und schildert Chancen und Herausforderungen einer Postwachstumsgesellschaft, welche die ökologischen Grenzen unseres Planeten nicht überschreitet und trotzdem im Wohlstand lebt.

Barbara Unmüßig und Tim Jackson bei Buchpräsentation – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Wohlergehen, Armut und Ungleichheit

Jackson, studierter Mathematiker, Philosoph und Physiker, will „verstehen, was Wohlstand eigentlich heißt“.  Er nennt zum besseren Verständnis das englische Wort „prosperity“. Damit sei Wohlergehen gemeint. Die Wurzeln des Begriffs lägen im lateinischen Wort für Hoffnung. Das nur in Geld zu übersetzen, sei „eine sehr moderne Konstruktion“.  Besser sei Wohlstand mit den Gegenbegriffen Armut und Ungleichheit zu verstehen. „To be able to appear in public without shame“ (so Andreas Novy später: in der Öffentlichkeit aufzutreten, ohne sich zu schämen,  bedeute, nicht arm zu sein). Innerhalb der natürlich Grenzen aufzublühen, „more fun with less stuff“ (mehr Spaß mit weniger Zeug) – das sei Wohlergehen – „ein gutes Leben für alle.“ Wie Trump zu erklären, „ihr könnt alle Milliardäre werden, und ins Weiße Haus einziehen, haut nicht hin.“

[note Deshalb machen wir uns … auf die Suche nach einer anderen Vorstellung von Wohlstand, einem Wohlstand, der es den Menschen ermöglicht, ein gutes Leben zu führen, mehr Zusammenarbeit in der Gesellschaft zu erreichen, eine höhere Ebene des Wohlbefindens zu finden und dabei trotzdem die materiellen Umweltbelastungen zu reduzieren.“]

Konsumismus

Hart ging der ehemalige Regierungsberater und Bühnenautor mit dem Konsumismus ins Gericht, der habe uns in die Konsumfalle gelockt. „Vor 100, 200 Jahren waren wir nach heutigen Vorstellungen unfassbar arm. Der materielle Fortschritt begann, aber funktioniert das heute noch?“ fragte er. Aus der Wachstumsfalle sei ein Wachstumsdilemma geworden: „Wann immer Wachstum fehlt, verlieren Menschen ihre Arbeit, geschehen schlimme Dinge.“ Als Beispiel nannte er den Zusammenbruch der Sowjetunion.

Ausführlich setzte sich Jackson während der Vorstellung und im Buch mit dem Begriff „Degrowth“ auseinander: Degrowth sei nicht nachhaltig, ja instabil, könne aber dennoch eine neue Option, zu einer neuen Art des Wirtschaftens werden.

[note „Wachstum ist nicht nachhaltig -… Ausufernder Ressourcenverbrauch und steigende Umweltkosten verschärfen fundamentale Ungleichheiten beim sozialen Wohlergehen. Degrowth ist instabil -… Verringerte Verbrauchernachfrage führt zu steigender Arbeitslosigkeit, nachlassender Wettbewerbsfähigkeit und damit in eine Rezessionsspirale.“]

Folgt: Nachhaltiges Wachstum