Weiterentwicklung der Förderinstrumente muss Verschiebung der Risiken Rechnung tragen
Schon fordert die FDP als „Rote Linie“ für die Koalitionsverhandlungen die Abschaffung der EEG-Umlage. Eine Studie des DIW Berlin geht nun der Frage nach, welches Förderregime für Erneuerbare Energien wirklich am meisten dafür geeignet ist, die Kosten der Energiewende niedrig zu halten. Denn – so eine DIW-Medienmitteilung – die Risiken und der Fokus der Förderung haben sich inzwischen verschoben. Die Diskussion um die Weiterentwicklung der Förderinstrumente in den deutschen Koalitionsverhandlungen und in der EU muss diese Verlagerung berücksichtigen.
Deutschland hat sich den Klimazielen des Pariser Abkommens verpflichtet. Zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien nach festgeschriebenen Ausbaupfaden eine maßgebliche Rolle spielen. Die Kosten für Windkraft und Photovoltaik sind unter anderem dank technologischem Fortschritt stark gefallen. Damit kommt der Förderung der Erneuerbaren Energien, deren Weiterentwicklung voraussichtlich ein kontroverser Punkt in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen sein wird, eine neue Bedeutung zu: Die Hauptaufgabe der staatlichen Förderung ist es immer weniger, die Kosten neuer und teurer Technologien abzudecken, sondern zunehmend die Absicherung von Preisrisiken zu ermöglichen, um die Finanzierungskosten von Investitionen gering zu halten. So können Investitionen angeregt werden, die für das Erreichen der Klimaziele notwendig sind, und gleichzeitig die Kosten der Energiewende verträglich bleiben, vor allem für EndkundInnen – also Haushalte und Industriekunden.
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) untersucht die Risiken, denen ProjektentwicklerInnen im Bereich Erneuerbare Energien ausgesetzt sind, und die Auswirkungen bestimmter Förderinstrumente auf die Vermeidung und Allokation dieser Risiken.
2017: Kosten für 1 MWh Solarstrom sechs Mal geringer als 2007
In Deutschland sind die Kosten für eine Megawattstunde Solarstrom im Jahr 2017 etwa sechs Mal geringer als noch im Jahr 2007. Deckte die Förderung damals noch 90 Prozent der Kosten, so ist dieser Anteil auf nunmehr die Hälfte gesunken. Dementsprechend haben sich auch die Risiken verschoben. „Früher ergaben sich für ProjektentwicklerInnen aus einer eventuellen nachträglichen Änderung der Förderhöhen die größten Risiken für die Finanzierung. Jetzt wird die Unsicherheit über die zukünftigen Strompreise immer wichtiger, nicht nur für Produzenten sondern auch für EndkundInnen. Beide Seiten profitieren von Förderinstrumenten, die eine gegenseitige Absicherung ermöglichen“, so Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin und gemeinsam mit Nils May und Ingmar Jürgens Autor der Studie.
Mehrkosten für EndkundInnen vermeiden
Der öffentlichen Hand stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, um Erneuerbare Energien zu fördern und das Marktpreisrisiko für Produzenten und gegebenenfalls auch für EndkundInnen abzumildern sowie regulatorische Risiken zu minimieren: Einspeisevergütungen, gleitende oder fixe Marktprämien, ein Handel mit grünen Zertifikaten. Oder aber es wird kein Förderinstrument eingesetzt, und lediglich auf hohe CO2-Preise gesetzt.
Die Autoren haben anhand von empirischen Daten untersucht, wie sich diese einzelnen Förderregime auf die Finanzierungskosten von Investitionen in Erneuerbare Energien auswirken. Systeme mit grünen Zertifikaten – wie aus dem Vereinigten Königreich, Schweden und Polen bekannt -, mit fixen Marktprämien oder ohne Förderung führen demnach zu höheren Kosten für ProjektentwicklerInnen als die anderen Alternativen.
Zur Absicherung gegen das Marktpreisrisiko werden zudem in einem System mit grünen Zertifikaten, fixer Marktprämie und in Abwesenheit jeglicher Förderung Langzeitverträge eingesetzt. Hierbei schließen ProjektentwicklerInnen zum Beispiel 20-Jahres-Verträge mit Energieversorgungsunternehmen ab. Damit garantieren die Abnehmer einen Preis für den produzierten Strom, den sie dann an EndkundInnen weiterverkaufen. Die DIW-Ökonomen haben untersucht, welche zusätzlichen Kosten und Risiken diese Langzeitverträge mit sich bringen. Da Versorger ihrerseits keine solchen Verträge mit ihren EndkundInnen eingehen können, weil sich kein Haushalt oder Unternehmen auf eine so lange Laufzeit einlassen würde, lastet das Risiko auf die Energieversorgungsunternehemen. Für diese Unternehmen – beispielsweise in Deutschland EON und RWE -, erhöhen sich dadurch die Kosten, zu denen sie sich auf dem Kapitalmarkt refinanzieren können.
Diese Mehrkosten – bei den ProjektentwicklerInnen einerseits und bei den Energieversorgungsunternehmen andererseits – werden an EndkundInnen weitergegeben, deren Stromrechnung sich dadurch erhöht. Für Strom aus einer beispielhaften Windkraftanlage ergibt sich ein Aufschlag von 30 Prozent, so die Studie.
Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens muss Verlagerung der Risiken stärker berücksichtigen
Die Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens für Erneuerbare Energien wird sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene diskutiert. Die Verlagerung der Risiken und der Rolle der Förderinstrumente muss hierbei stärker berücksichtigt werden. Die Instrumente müssen dabei zum einen die Finanzierungskosten, und somit die Gesamtkosten der Energiewende, minimieren, und zum anderen soweit es geht VerbraucherInnen und Industriekunden absichern gegen Preisanstiege, die sich in den kommenden Jahren auf den globalen Energiemärkte ergeben könnten.
In Deutschland wird derzeit eine Kombination aus fixer Einspeisevergütung für kleine Anlagen und gleitender Marktprämie für große Anlagen praktiziert. „Vor dem Hintergrund bevorstehender Koalitionsverhandlungen sollten sich EntscheidungsträgerInnen bewusst werden, dass eine Umstellung hin zu grünen Zertifikaten oder einer fixen Marktprämie, oder sogar zu einer Abschaffung jedweder Förderung, erhebliche zusätzliche Kosten für die EndkundInnen verursachen würde“, so Studienautor Nils May.
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