Zankapfel für Jamaika?
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) fordert „die kommende Bundesregierung auf, den Kohleausstieg unverzüglich einzuleiten“. In einem Gutachten wird vorgeschlagen, zunächst alle Braunkohlekraftwerke zu schließen, die vor 1990 gebaut worden sind – etwa die Hälfte der aktuell laufenden Kraftwerke. Es hat den Anschein, als ob die Zukunft der Kohleindustrie eines der großen Streitthemen zwischen Grünen, FDP und Union wird.
„Die bevorstehende Legislaturperiode bietet die letzte Chance, die Weichen für eine angemessene Umsetzung der Pariser Klimaziele in Deutschland zu stellen,“ so eine Medienmitteilung des SRU. Eine Kommission soll laut dem Gutachten den Pfad festlegen, wie die restlichen Meiler sozialverträglich vom Netz genommen werden können. Anstelle eines festen Datums für den Kohleausstieg wird eine Obergrenze für den gesamten Ausstoß an Treibhausgasen, den Kohlekraftwerke in Deutschland überhaupt noch produzieren dürfen, ins Spiel gebracht. Grundlage des Kohleausstiegs sollte ein Budget der Gesamtmenge an Treibhausgasen sein, die durch Kohlekraftwerke bis zur endgültigen Abschaltung noch ausgestoßen werden dürfen. Diese Menge sollte gesetzlich festgeschrieben werden. Dafür schlägt der Rat vor, dass Kohlekraftwerke in Deutschland maximal noch zwei Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen dürfen. Etwa so viel würde von den heute noch aktiven deutschen Kraftwerken in zehn Jahren emittiert, wenn sie am Netz blieben. „Aus wissenschaftlicher Sicht sollte das verbleibende Emissionsbudget für die Kohleverstromung in Deutschland 2.000 Megatonnen CO2 nicht überschreiten“, konkretisiert Prof. Wolfgang Lucht.
In seinem Gutachten schlägt der SRU drei Phasen für den Ausstieg vor: Bis 2020 sollen die schmutzigsten Kraftwerke vom Netz gehen. Modernere Anlagen könnten dann zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und zur Erhaltung von Arbeitsplätzen bis etwa 2030 mit verminderter Auslastung weiterlaufen. In den 2030er-Jahren sollten dann auch diese Kraftwerke stillgelegt werden. Hierfür müsse die Regierung jetzt den Rahmen festlegen.
SRU-Mitglied Claudia Kemfert vom DIW: „Das letzte Kraftwerk muss in spätestens 20 Jahren vom Netz gehen. Die Konzerne können sich darüber verständigen, welche Anlagen dieses Budget aufbrauchen werden. Je länger wir warten, Treibhausgase zu reduzieren, desto radikaler müssen wir später raus aus der Kohle.“
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