Kritische Reaktionen auf Koalitions-Papier

CDU-SPD-CSU „kneifen beim Klimaschutz“ – Diesel wird dilatorisch behandelt

Das deutsche Klimaziel 2020 wird laut Papier der Großen Koalition offiziell aufgegeben und statt dessen  2030 angepeilt – mit gesetzlichen Zielen für Energie, Verkehr und Landwirtschaft. Eine Kommission aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Umweltverbänden soll bis Ende 2018 einen Masterplan für Kohleausstieg und damit einhergehenden Strukturwandel entwickeln. Wenig kommt zum Thema Dieselgate. Dennoch soll Deutschland „Klimaschutzpionier bleiben und wieder werden“, so Umweltministerin Barbara Hendricks.

Kohlehalde der Maionva Frankfurt am Main – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Ein verbindliches „Abschlussdatum“ soll es für den Kohleausstieg und einen Vorschlag für einen Bundesfonds zur Finanzierung des Strukturwandels in den betroffenen Regionen geben – und einen Fonds mit 1,5 Milliarden Euro bis 2021. Parallele Kommissionen sind für den Bau- und Verkehrssektor vorgesehen. Alles soll in einem Gesetz münden, „das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleistet“.

Drohende Diesel-Fahrverbote in Städten will eine mögliche große Koalition verhindern und Hardware-Nachrüstungen bei Diesel-Fahrzeugen direkt am Motor sollen „geprüft“ werden*), falls diese sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar seien. Die Autobranche lehnt solche Hardware-Nachrüstungen vor allem aus Kostengründen bisher ab – weil eine Umsetzung lange dauern würde, aber die Auswirkungen nicht sicher seien.

Schließlich soll der lahme Ausbau der Elektromobilität beschleunigt werden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks räumte aber ein: „Wir wissen nicht, ob wir Fahrverbote werden vermeiden können.“ Eine vor allem von Umweltverbänden geforderte Einführung einer blauen Plakette sei in den Koalitionsverhandlungen kein Thema gewesen. NRW-Ministerpräsident und CDU-Vize Armin Laschet verwies auf das Milliarden-Programm für saubere Luft in Städten.

65 % EE bis 2030 – Voraussetzung Netzausbau

Bis 2030 sollen 65 Prozent Erneuerbare-Energie-Anteil am Strommix erreicht werden. Dafür wird der Ausbaudeckel angehoben – und: Eine Voraussetzung muss erfüllt sein – die „Aufnahmefähigkeit der entsprechenden Netze“. Eine Novelle des Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetzes, mehr Erdverkabelung und ökonomische Anreize für die Netzoptimierung sollen den Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze vorantreiben. Unverzüglich soll die Verordnung für bundeseinheitliche Übertragungsnetzentgelte erarbeitet werden. 2019 und 2020 sollen Sonderausschreibungen von insgesamt 4 GW Onshore-Windenergie und Photovoltaik erfolgen – mit einem Mindestanteil in Süddeutschland.

Fehlanzeige: CO2-Bepreisung und Reform der EEG-Umlage

Waren in den Vorentwürfen noch 1 Mrd. Euro Steueranreize zur energetischen Gebäudesanierung vorgesehen, so sind die nun völlig gestrichen worden. Ebenso die Reform der Strom-Abgaben und -Steuern, von den Branchenverbänden für dringend nötig angesehen, vor allem um die Sektorkopplung voranzubringen. Entsprechend enttäuscht kritisierte BDEW-Chef Stefan Kapferer denn auch: „So bleibt das Bekenntnis zur Sektorkopplung heiße Luft“.

Beim CO2-Preis verstecken sich die Schwarz-Roten hinter G20 oder der ganzen Welt, obwohl das im Vorentwurf noch als gemeinsamer Vorstoß mit Frankreich geplant war. Kaum Erwähnung findet die Förderung von Energiespeichern: sie sollen lediglich „mehrere Dienstleistungen gleichzeitig erbringen, etwa Regelenergie und Mieterstrom“ können. Allerdings will die Große Koalition große Innovationsprojekte auflegen – eine deutsche Batterieproduktion etwa, flankiert von einem neuen Fraunhofer-Institut für Speichertechnologien. Wasserstoff-Elektrolyse soll mit einem eigens dafür gebauten Offshore-Windpark erprobt werden.

Greenpeace stellte fest, dass das Klimaziel aufgegeben werde; Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU)hätten das  im Rahmen einer Pressekonferenz am 03.02.2018 in Berlin eingeräumt, bei der die Unterhändler die klimapolitischen Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen präsentierten. Energieexperte Tobias Münchmeyer kommentiert: „Die GroKo kneift beim Klimaschutz. Langfristige Versprechungen und vage Kommissionen sollen verschleiern, dass dem Koalitionsvertrag die Zähne fehlen. Ihr Versprechen zum Klimaziel 2020 hat die Kanzlerin heute verraten. Nach zwölf verlorenen Jahren für den Klimaschutz, will Merkel weitere kostbare Zeit verschenken. Der Koalitionsvertrag muss eindeutig festschreiben, dass schon in den kommenden beiden Jahren die schmutzigsten Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Sonst wird diese große Koalition zu einem verlogenen Zwerg im Klimaschutz.“ 

[note *) Solarify fragt sich erstaunt: Ist das nicht schon längst zu Ende geprüft – mit oder ohne Affen und Menschen? Heißt hier „prüfen“ nicht eher „aufschieben“?]

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