Greenpeace und andere zum Koalitionsvertrag
Greenpeace beklagte in einer Medienmitteilung unbeantwortete Fragen im K-Vertrag zum Kohleausstieg und zum Verbrenner-Aus. Indem sie das deutsche Klimaziel für 2020 aufgäben, verzögerten die Koalitionäre den überfälligen Kohleausstieg. Die Grünen vermissen konsequenten Klimaschutz, ein festes Kohleausstiegsdatum, den Einstieg in den grünen Verkehr der Zukunft: „Frickelwerk“. Der BUND beklagt, die Große Koalition verschleppe „die dringend notwendige sozial-ökologische Wende“. DUH und Germanwatch kritisieren, die Koalitionspartner zementieren den umweltpolitischen Stillstand und sehen ein riskantes Spiel mit der eigenen Glaubwürdigkeit. Solarify mit einer ersten, unvollständigen Sammlung von Reaktionen in Bezug auf die Themen „Umwelt“, „Klima“ und „Kohleausstieg“.
Das Portal energate bemängelte, die Verkehrswende sei eher ein „Lippenbekenntnis“ – obwohl es im K-Vertrag heiße, die Mobilitätspolitik sei dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung verpflichtet, und die Automobilwirtschaft stehe vor enormen Herausforderungen, wie „Klimaschutz, Luftreinhaltung, neue Mobilitäts- und Geschäftsmodelle sowie sich stark divergent entwickelnde Weltmärkte“. Eine Kommission soll dazu bis Anfang 2019 ein „Bündel an Maßnahmen“, eine Strategie für die „Zukunft der bezahlbaren und nachhaltigen Mobilität“ mit „verlässlicher“ Zeitschiene erarbeiten. Die bisherigen Pläne sehen vor, die Elektromobilität, sowohl batterieelektrisch als auch basierend auf Wasserstoff und Brennstoffzelle, „deutlich voranzubringen“.
„Regierung schon jetzt international blamiert“
„Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne. Der GroKo fehlten Mut und Weitsicht, Klima und Umwelt konsequent zu schützen“, sagte Geschäftsführerin Sweelin Heuss. Ebenso fehlten konkrete Schritte, wie der Verkehr künftig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Luftbelastung in deutschen Städten rasch sinken solle. Das vor allem durch die industrielle Landwirtschaft verursachte Artensterben wollen die Koalitionäre zwar eindämmen, drücken sich jedoch vor klaren Schritten, um den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln zu senken. Heuss: „Die Menschen und die Wirtschaft in Deutschland brauchen Klarheit darüber, wie die ökologische Modernisierung weg von fossilen Brennstoffen, Verkehrschaos und einer naturzerstörenden Landwirtschaft gestaltet wird. Eine große Koalition darf nicht nur kleine Schritte gehen, sondern muss große Herausforderungen bewältigen.“
Zwar hätten sich die GroKo-Parteien auf den Ausstieg aus der Kohle geeinigt. Zeitplan und Maßnahmen dafür sollen jedoch erst Ende 2018 von einer Kommission vorgeschlagen werden. Damit werden Schlüsselentscheidungen vertagt und ausgelagert. „In dem sie das Klimaziel 2020 aufgibt, ist die künftige Regierung schon jetzt international blamiert“, so Heuss. „Weil Deutschland unter Merkel seit Jahren im Klimaschutz auf der Stelle tritt, lässt sich auch das 2030er Ziel nur erreichen, wenn die schmutzigsten Kohlemeiler sofort abgeschaltet werden. Alles andere bedeutet mehr Emissionen, mehr Schäden, mehr Opfer und mehr Kosten durch den Klimawandel – auch in Deutschland.“
Greenpeace: GroKo ohne Idee eines klimaneutralen Verkehrs
Greenpeace begrüßt, dass die SPD Klimaziele für Bereiche wie die Energiewirtschaft, den Verkehr und die Landwirtschaft gegen Widerstände in der Union festschreiben konnte. Positiv ist auch der Beschluss, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 65 Prozent auszubauen, verglichen mit heute 38 Prozent. „Deutschlands seit 2009 stagnierende CO2-Emissionen zeigen: Erneuerbare Energien auszubauen bringt nur dann etwas für das Klima, wenn gleichzeitig überflüssige Kohlekraftwerke abgeschaltet werden“, sagt Stefan Krug, Leiter der politischen Vertretung von Greenpeace.
Offen lassen Union und SPD, wie der seit 1990 stagnierende CO2-Ausstoß des Verkehrs sinken soll. Eine Quote für Elektrofahrzeuge fehlt ebenso wie ein Enddatum für Verbrennungsmotoren, wie es Frankreich oder die Niederlande bereits beschlossen haben. Abgelehnt wurde eine blaue Plakette, die schmutzige Dieselfahrzeuge aus Innenstädten fernhalten soll. Diesel-PKW nachrüsten lassen will die Koalition nur, wenn es „wirtschaftlich vertretbar“ ist. In mehreren Städten drohen wegen zu schlechter Luft gerichtliche Fahrverbote. „In Deutschland müssen Richter die Arbeit von Politikern erledigen und Bürger vor giftigen Abgasen schützen“, so Krug.
Grüne: „Frickelwerk mit zu großen Leerstellen“
Die grünen Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck lobten die geplante bessere Finanzierung der Bildung. Der Koalitionsvertrag sei aber ein „Frickelwerk“ (Habeck) und hinterlasse zu große Leerstellen. „Der Klimaschutz als die zentrale Zukunftsaufgabe kommt faktisch nicht vor.“ Außenpolitisch sei fatal, wenn Rüstungsexporte weiter an Kriegsakteure im Jemen geliefert würden. „Die großen Fragen der Zukunft werden nicht angegangen“, sagte Habeck im ZDF. „Diese Leerstellen müssen wir Grüne füllen: Deutschland braucht Bewegung, Zusammenalt und Zukunftslust. Wenn nicht aus der Regierung, dann machen wir das halt aus der Opposition heraus. Wir stehen bereit.“
Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem SPIEGEL, dass es in einzelnen Maßnahmen gute Schritte gebe, aber: „Im Großen fehlt aber jedes Aufbruchssignal“. Union und SPD hätten sich auf ein lustloses Durchwursteln geeinigt. „Die großen Herausforderungen unserer Zeit werden nicht angegangen: kein konsequenter Klimaschutz, kein fixer Kohleausstieg, kein Einstieg in den grünen Verkehr der Zukunft, bei der Landwirtschaft ein einfaches Weiter-So des Schlechten“.
Folgt: BUND: „GroKo verschleppt dringend notwendige sozial-ökologische Wende“