Energie-Disunion

Der Zickzack-Kurs Richtung Energie-Union

„Ein Viertel der Europaabgeordneten hat am 14.03.2018 überraschend gegen die Liste der Gas- und Stromprojekte der Europäischen Kommission gestimmt“, schreiben Sam Morgan und Ben Fox in EURACTIV The Brief. Die jüngste Uneinigkeit zeige wieder einmal, dass der Traum von einem kohlenstofffreien Europa ein Hirngespinst bleiben könnte.

Zum ersten Mal seit der Erstellung der Liste mit Projekten von gemeinsamem Interesse (PCI-Liste) durch die Kommission hätten die Abgeordneten Einwände gegen die darin enthaltene Infrastruktur und dagegen erhoben, dass auch Gaspipelines und -terminals für eine EU-Förderung in Frage kommen sollten.

Kohlekraftwerk und Müllverbrennung NW Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Die Augenbrauen waren zum ersten Mal Ende letzten Jahres hochgegangen, als grüne Abgeordnete und NGOs behaupteten, die Zahl der Gasprojekte habe seit der letzten Ausgabe der Liste ernsthaft zugenommen und die EU-Exekutive habe sich einer Fälschung schuldig gemacht, um den Vorgang zu vertuschen. Die offizielle EU-Politik besteht darin, dem Stromverbund Vorrang einzuräumen. Die Kommission bestand aber darauf, dass die Zahl in Wirklichkeit  zurückgegangen sei und dass sich ihre Berechnungsmethode gegenüber der letzten Bewertung der PCIs nicht geändert habe.“

Deshalb hat eine Gruppe von Europaabgeordneten, angeführt von Xabier Benito von der GUE/NGL(Grün-Linke) und Michèle Rivasi von den Grünen, im Energieausschuss einen Antrag auf Ablehnung der Liste gestellt. Diese Bemühungen sind gescheitert, aber es entstand genug Lärm, um sie auf der Plenartagung in Straßburg in dieser Woche wieder aufleben zu lassen.

Die Tatsache, dass ein Viertel der Europaabgeordneten dafür gestimmt hat, die gesamte Liste wieder auf den Tisch zu legen (nach EU-Recht können einzelne Projekte nicht abgelehnt werden), zeigt, wie gespalten wir in der Energiepolitik bleiben. Der EVP-Parlamentarier und Sprecher für die Energiemarktreform Krisjanis Karins prangerte „die populistischen Grünen und ihre Anhänger“ für einen Akt des „Wahnsinns“ an. In einer Pressemitteilung zitierte der Europaabgeordnete zwei Stromtrassen, die hätten gestrichen werden können, wenn die Liste abgelehnt worden wäre (aber keines der Gasprojekte).

Wir können die Energieunion und das Einhalten der Ziele des Pariser Abkommens vergessen, wenn wir uns nicht auf einen grundlegenden Punkt einigen: Wie können wir von der schmutzigen zur sauberen Energie übergehen? Alle scheinen sich darüber einig zu sein, dass die Kohle am Auslaufen ist, aber es gibt keine Einigung darüber, ob wir direkt auf Erneuerbare Energien umsteigen, Gas umgehen oder es als Brückenkraftstoff nutzen sollten, während wir mehr Windparks bauen, mehr Sonnenkollektoren installieren und die Kraft der Meere nutzen. Gas ist schließlich ein fossiler Brennstoff. Es ist zwar weniger schmutzig als Kohle, setzt aber bei der Verbrennung immer noch Kohlenstoff frei. Aber unsere Energiemarkt- und Speicherlösungen befinden sich noch nicht in einem Stadium, in dem Wind, Sonne und Co. voll ausgeschöpft werden können. Auch die Unfähigkeit der EU, sich auf ein robustes erneuerbares Ziel für 2030 zu einigen, hilft kaum weiter.

Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer: Geld bewegt die Welt, man bedenke nur, dass saubere Energie immer billiger wird, und damit bald genug Menschen an der Macht davon überzeugt werden können, dass fossile Brennstoffe ein Überbleibsel aus dem vorigen Jahrhundert sind. Energie ist der Rest der EU-eigenen Version von Brexit: Wir wissen nicht, welche Art von Übergang wir wollen, es dauert viel zu lange, und die Entscheidungen, die wir treffen, könnten langfristig und sogar kurzfristig destruktiv sein. Hoffentlich kriegen wir unsere Sache in den Griff, wenn erst die Finanzleute überzeugt sind.

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