Bundesregierung öffnet den Steuersäckel immer weiter
Die Bundesregierung verschenkt immer mehr Steuergelder, gemeint sind Subventionen: Dem am 10.04.2018 veröffentlichten Subventionsbericht des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) zufolge haben sich die Finanzhilfen des Bundes, Steuervergünstigungen und weitere Einnahmenverzichte 2017 auf insgesamt rund 118 Mrd. Euro summiert – das seien 10 Prozent mehr als 2016.
Die Finanzhilfen des Bundes seien 2017 auf zusammen 55 Mrd. Euro gestiegen, Steuervergünstigungen in Höhe von 62 Mrd. Euro gewährt worden. Größte Subventionsposten seien Ausgaben für den Verkehrssektor und Zuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung. Subventionen in Höhe von knapp 18 Mrd. Euro könnten sofort ersatzlos gestrichen werden, größter Posten hier seien diverse Zuschüsse und Vergünstigungen für die Landwirtschaft. Im neuen Kieler Subventionsbericht („Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik: Kieler Subventionsbericht und die Kieler Subventionsampel: Finanzhilfen des Bundes und Steuervergünstigungen bis 2017 – eine Aktualisierung“) werde der Subventionsbegriff sehr viel weiter definiert als im amtlichen Subventionsbericht der Bundesregierung, der insgesamt nur rund 25 Mrd. Euro an Subventionen ausweise.
Subventionsfreude zugenommen
Die Medienmitteilung aus Kiel wörtlich: „Demnach stiegen die Finanzhilfen des Bundes, einschließlich der Sonderhaushalte und Zahlungen an die Länder für Subventionszwecke seit 2015 um über 10 Milliarden Euro an, von 44,8 Mrd. Euro auf 50 Mrd. Euro im Jahr 2016 und 55,3 Mrd. Euro im Jahr 2017. Dies entspricht einem Plus von insgesamt 23 Prozent. Steuervergünstigungen wurden 2017 in Höhe von 62,1 Mrd. Euro gewährt. Diese Summe sank gegenüber den Vorjahren leicht (2015: 62,4 Mrd. €; 2016: 62,2 Mrd. €), ist allerdings durch Effekte der Erbschaftssteuerreform verzerrt, die zu vorgezogenen Erbübergängen und Schenkungen führte. Um diesen Effekt bereinigt ist auch bei den Steuervergünstigungen ein kontinuierlicher Anstieg zu beobachten.“
Claus-Friedrich Laaser, Mitautor des Subventionsberichtes: „Die Subventionsfreude hat in den vergangenen Jahren bedauerlicherweise immer weiter zugenommen, obwohl mittlerweile zentrale Gründe entfallen sind, die etwa während der Finanzkrise eine Ausweitung der Finanzhilfen nahelegten. Die gegenwärtig günstige Kassenlage der öffentlichen Haushalte darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Finanzpolitik aufgrund des demografischen Wandels bald wieder ein rauerer Wind entgegenblasen dürfte. Die Politik wäre gut beraten, ihre Subventionen deutlich zurückzufahren und stattdessen Vorsorge für künftige Finanzierungsengpässe zu treffen sowie Herausforderungen wie die Integration von Flüchtlingen, die Bildungspolitik in Zeiten fortschreitender Digitalisierung oder die Verstärkung der inneren und äußeren Sicherheit auf die Tagesordnung zu setzen. Auch die Modernisierung der Infrastruktur dürfte mehr Mittel beanspruchen, als derzeit dafür aufgewendet werden.“
Verkehrs- und Gesundheitssektor am stärksten subventioniert
Profiteur der Staatsgelder ist laut dem Kieler Bericht vor allem der Verkehrssektor mit mehr als 20 Mrd. Euro, hierzu zählten etwa die Regionalisierungsmittel für die Länder zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs (8 Mrd. €), Infrastrukturbeihilfen für Schienenwege der Bahn (5,2 Mrd. €) oder Entgelt- und Pensionszahlungen für ehemalige Beamte der Bundesbahn (5,2 Mrd. €). Größter Einzelposten sei der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 14,5 Mrd. Euro. Er sei in den letzten Jahren besonders stark gestiegen und habe bei seiner Einführung 2004 lediglich 1 Mrd. Euro betragen.
Kohlebergbau, CO2-Gebäudesanierungsprogramm und E-Mobilitäts-Förderung
Laut Bericht haben in den vergangenen beiden Jahren verschiedene Posten der Umwelt- und Energiepolitik stark an Bedeutung gewonnen, die im Jahr 2017 Finanzhilfen von insgesamt 3,8 Mrd. Euro erhalten hätten: Etwa das CO2-Gebäudesanierungsprogramm (0,9 Mrd. €) oder die Förderung von Elektromobilität (0,4 Mrd. €). Immer noch subventioniert werde der Kohlebergbau, der 1,5 Mrd. € bekommen habe.
Traditionell hoch seien die Finanzhilfen für den Sektor Land-/Forstwirtschaft und Fischerei, der vom Bund mit 2,7 Mrd. Euro unterstützt worden sei und von der Europäischen Union weitere 5 Mrd. Euro erhalten habe. In den Breitbandausbau flossen 0,8 Mrd. Euro.
Rot, gelb, grün – welche Subventionen gestrichen werden können – E-Mob-Förderung: „Anmaßung von Wissen durch staatliche Stellen“
Wieder im Bericht enthalten ist die Kieler Subventionsampel, mit der alle Subventionen über einem Gesamtbetrag von 100 Millionen Euro klassifiziert werden. Ziel der Ampel ist es, Kürzungspotenziale bei Subventionen aufzuzeigen. „Rot“ bedeutet, dass die Subvention sofort ersatzlos gestrichen werden kann. Dies betraf 15,5 Prozent aller Subventionen und entspricht einem Volumen von 17,8 Mrd. Euro.
Hierunter fällt etwa Klientelpolitik wie die Umsatzsteuerermäßigung für Hoteliers (1,3 Mrd. €) oder die Zuschüsse zur Kranken- und Unfallversicherung bei Landwirten (1,5 Mrd. €). Auch werden Subventionen als rot klassifiziert, denen eine „Anmaßung von Wissen durch staatliche Stellen“ zugrunde liegt, wenn also beispielsweise bestimmte Lösungen für die Zukunft als subventionswürdig betrachtet werden, andere aber nicht. Dies betrifft die Förderung von Elektromobilität (0,4 Mrd. €), aber auch beispielsweise das Innovationsprogramm für den Mittelstand (0,5 Mrd. €).
Fünf Mal kommt allein in den Punkten 30 bis 41 der Subventionsampel der Begriff „Anmaßung“ vor: Von der „Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung“ über „Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität“, „Zuschüsse zum Kauf elektrisch betriebener Fahrzeuge“, „Förderung innovativer Regionen in den neuen Ländern“ bis hin zu „Forschungsförderung von Technologievorhaben der zivilen Luftfahrtindustrie“.
„Gelb“ signalisiere, dass die Subvention durchaus einen gesellschaftlichen Nutzen erfülle, die Ausgestaltung aber verbessert werden könne und/oder Kürzungspotenziale bestehen. Dieser Kategorie seien mit 65 Prozent die Mehrzahl der Subventionen zugeordnet worden, was einem Volumen von 74,9 Mrd. Euro entspricht. Hierzu zählen die Autoren etwa die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV (8 Mrd. €), dessen Förderung sie zwar für richtig halten, aber kritisieren, dass nicht alle Strecken per Ausschreibung vergeben werden. Ebenfalls als gelb klassifiziert wird die Subventionierung des Breitbandausbaus in ländlichen Regionen (0,8 Mrd. euro;), weil private Unternehmen damit von vornherein aus der Verantwortung genommen würden.
Ein „grünes“ Ampelsignal zeigt an, dass ein Abbau der Subvention nicht vorgenommen werden soll oder kann. Lediglich sieben Prozent der Subventionen mit einem Volumen von 8 Mrd. Euro sind im Kieler Subventionsbericht als grün gekennzeichnet.
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