Auf dem Weg zur COP24 in Polen alles anders?
Bei internationalen Klimakonferenzen wird im Normalfall viel geredet, einiges vereinbart, aber hinterher wenig umgesetzt. Es scheint, die Welt hangelt sich von Gipfel zu Gipfel in den Klimakollaps. Doch auf dem Weg zur COP24 in Polen soll alles anders werden. Steffen Stierle hat sich für EURACTIV.de den zweiwöchigen Talanoa-Dialog genauer angeschaut.
Immer dringlicher warnen Klimaexperten, immer größere Anstrengungen brauche es in immer kürzerer Zeit, soll der Kollaps verhindert werden. Zum globalen Benchmark wurde das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015. Nichtregierungsorganisationen beklagen jedoch beständig das Fehlen von Konsequenzen der nationalen Regierungen.
„Wir haben das Pariser Abkommen vor zweieinhalb Jahren unterzeichnet und uns darauf verständigt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Aber wir sehen nichts von der massiven Transformation und dem verstärkten Handeln, das notwendig wäre, um dieses Ziel zu erreichen“, sagte etwa Teresa Anderson von der britischen NGO Action Aid gegenüber EURACTIV.
Bei der Konferenz des UN-Klimasekretariates, die in den vergangenen beiden Wochen in Bonn stattfand, sollte ein neues Format zu besseren Resultaten führen: Talanoa. Durch das Erzählen von Geschichten und die Pflicht zum Zuhören, den Verzicht auf Tische und weitere atmosphärische Kniffe sollte Vertrauen und Verständnis aufgebaut werden.
In der Sache ging es in Bonn vor allem um das so genannte rulebook, ein verbindliches Regelwerk, das im Dezember beschlossen werden soll – auch damit die Verpflichtungen klarer werden und künftig den wohlwollenden Worten auf den Konferenzen mehr konkrete Taten folgen.
Das Talanoa-Format stieß auf viel Zustimmung. Der Dialog „war erfolgreich darin, Barrieren zwischen verschiedenen Stakeholdern abzubauen. In einem Umfeld des Vertrauens und der Offenheit war klar, dass Freiwilligkeit uns alle zusammenbindet. Es war evident, dass die gegenwärtigen nationalen Zugeständnisse absolut unangemessen sind. Der Talanoa-Dialog legt den Grundstein für die politischen Diskussionen, die für ein ambitioniertes Ergebnis der COP24-Konferenz gebraucht werden“, sagte etwa Juan Pablo Osornio von Greenpeace International nach dem Dialog gegenüber EURACTIV.
Natürlich bleibt die Skepsis, ob sich das positive und inspirierende Feeling tatsächlich in politische Praxis übertragen lässt. Der Erfolg des Formates lässt sich nicht daran messen, dass die Teilnehmenden einen schönen Nachmittag hatten. Erst wenn die nationalen Klimapläne bis 2020 tatsächlich sichtbar und messbar aufgewertet wurden und für vereinbarte Maßnahmen auch das nötige Kleingeld bereitgestellt ist, kann man von einem Erfolg sprechen.
Der polnische COP24-Präsident, Michal Kurtyka, gab sich ambitioniert: „Es ist jetzt Zeit, die nächsten Schritte in der Vorbereitung des Talaona-Dialogs in der politischen Phase des COP24 zu gehen“, sagte er. Will heißen: Der von der COP23-Präsidentschaft der Fidschi-Inseln eingeführte Dialog soll auf der nächsten Konferenz fortgesetzt werden. Damit wäre eine wichtige Forderung vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen erfüllt, die sich durch das neue Format erstmals angemessen eingebunden sehen.
Auch mit den Fortschritten beim rulebook zeigten sich viele Teilnehmer zufrieden. Es seien gute Fortschritte erzielt worden, aber es gibt noch viel zu tun, war der allgemeine Tenor. Insbesondere in Fragen der Bestandsaufnahme und der Bewertung der nationalen Aktionen der letzten fünf Jahre wurden weitreichende Einigungen erzielt. Diese Analysen sollen eine Basis sein um neue, ambitioniertere Handlungen auszulösen.
„Die Fortschritte bei den technischen Verhandlungen zum rulebook entsprechen im Großen und Ganzen den Erwartungen. Was aber klar wurde ist, dass ärmere Länder viel stärkere Signale brauchen, dass die zugesagten Finanzmittel zur Umsetzung ihrer Pläne zur Emissionsminderung auch tatsächlich fließen werden“, wies etwa Mohamed Adow, der bei Christian Aid für Klimafragen zuständig ist, auf die große Bedeutung von mehr Verbindlichkeit hin.
NGOs haben die Europäische Kommission aufgefordert, bei der Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie eine deutliche Trennlinie zwischen nachhaltigerem Ethanol und ölbasierten Kraftstoffen mit hohem Treibhausgasausstoß zu ziehen.
Gino Van Begin, Generalsekretär der Organisation ICLEI, sagte mit Blick auf den weiteren Prozess: „Entscheidend ist, dass die Nationen in Bangkok substanzielle Fortschritte machen und bei der COP24-Konferenz in Katowice ein robustes und inklusives rulebook liefern, mit dem die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden können.“
Bangkok, Katowice – das sind die nächsten Stationen der globalen Klimadiplomatie. In Bangkok findet im September die nächste Verhandlungsrunde auf dem Weg zur COP24 statt. Diese wiederum steigt dann im Dezember im polnischen Katowice. Dann soll das Regelwerk beschlossen werden. Danach weiß man vielleicht besser, ob die Zuversicht nach der Bonner Konferenz berechtigt war, oder ob Talanoa bloß für bessere Laune auf dem Weg zum Kollaps sorgt.
->Quelle: Euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/von-cop-zu-cop-in-den-klimakollaps