„Deutschland von oben“ – von den Gondeldächern der Windgeneratoren
Zehn Jahre lang hat der Fotokünstler Ulrich Mertens von den Gondeln moderner Windkraftanlagen in Deutschland Landschaften und urbane Räume fotografiert. Die Bilder in seinem Buch „Wind in Sicht“ aus einzigartigen Perspektiven erzählen von einem Land im Wandel. In der Weite großer Panoramen wie in Nahaufnahmen von Mensch und Technik wird die Wende von der fossilen und atomaren Energiegewinnung hin zur Windenergie spannungsreich vor Augen geführt.
Die Energiewende ist für viele mit dem Namen „Angela Merkel“ verbunden. Die Anerkennung dafür gebührt aber weniger der Bundeskanzlerin als den Menschen, die jahrzehntelang für den Wechsel zur Energieversorgung aus regenerativen Quellen gekämpft haben. Einer dieser Pioniere ist der Realschullehrer Dietrich Koch. Am 16. September 1982 erhielt er als erster Bundesbürger eine Einspeisevergütung für Strom, den er mit einem privaten Windrad erzeugte. Zwei Pfennig zahlte RWE ihm pro Kilowattstunde. Verglichen mit den Windgiganten von heute war seine Lagerwey-Anlage ein Zwerg .
Seither hat sich die Energieversorgung in Deutschland – und mit ihr die Landschaft der Bundesrepublik – verändert. Verschiedene Ereignisse, wie der Ölpreisschock von 1973, die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 und schließlich die Kernschmelze in Fukushima 2011, erschütterten das Vertrauen der Bürger in die Atomenergie und bereiteten den Weg für die Windparks, die heute in allen 16 Bundesländern emissionsfreien Strom erzeugen .
Den historischen Übergang von der nuklear-fossilen zur regenerativen Energiegewinnung dokumentiert Mertens in seinem Bildband. Mit seiner Panoramakamera ist er auf die Gondeldächer von Windkraftanlagen in ganz Deutschland gestiegen und hat die „Rückkehr der Windmühlen“ festgehalten.
Geleitwort von Prof. Olav Hohmeyer
„Mit der Abkehr von Kernenergie, Kohle, Öl und Gas als Energiequellen und der Hinwendung zu regenerativen Energien befinden wir uns mitten in einem weitgreifenden Paradigmenwechsel. Herbeigeführt haben ihn der vom Menschen verursachte Klimawandel, die Endlichkeit der fossilen Energieträger und katastrophale Unfälle im Bereich der Atomenergie.
Ulrich Mertens betrachtet diesen historischen Moment aus Perspektive der Windenergie. Sein Fotoprojekt Wind in Sicht – Landscape in Transition dokumentiert seit 2010 den Wandel der deutschen Landschaft mit beeindruckenden Bildern von den Dächern moderner Windkraftanlagen aus bis zu 150 Meter Höhe.
Formal knüpft Mertens mit seinen Landschaftspanoramen an die Malerei der Renaissance an, einer Zeit, als es noch über 200.000 Windmühlen in Europa gab. Besonders in der niederländischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts finden sich Windmühlen als immer wiederkehrendes Motiv. Die Energiegewinnung aus fossilen und atomaren Brennstoffen verdrängte sie fast vollkommen aus der Landschaft – und aus unserem Bewusstsein. Mit der Energiewende kehrt die Windkraft nach Deutschland zurück und gewinnt eine neue Bedeutung für unsere zukünftige Energieversorgung .
Neben der Sonnenenergie gilt die Windenergie heute als Vorbildtechnologie für die Entwicklung erneuerbarer Energien – in Deutschland und weltweit. Sie ist das Rückgrat einer zukunftsfähigen regenerativen Stromversorgung. Die fast vierzigjährige Geschichte der modernen Windenergie in Deutschland zeitigt für Windkraftunternehmen, Maschinen- und Anlagenbauer einen großen Erfahrungsschatz, der sie weltweit zum Erfolgsmodell macht. Gute Aussichten also für Windtechnologie aus Deutschland. Und gute Aussichten für das Weltklima, dessen zunehmende Erwärmung es in Grenzen zu halten gilt.“
Ulrich Mertens setzt sich seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn mit dem Verhältnis von Mensch und Natur auseinander. Neben seiner Auftragsfotografie entwickelt er komplexe Kunstprojekte, die dem Marketing neue Impulse geben. 2013 wurde er mit dem Journalistenpreis der Agentur für Erneuerbare Energien ausgezeichnet. Ulrich Mertens ist Mitglied der Deutschen Fotografischen Akademie und des Berufsverbands freelens und wird von der Bildagentur plainpicture vertreten.
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