Nur 32 Prozent EE in EU

Minimalkompromiss nach Trilog

„Unerwarteter Durchbruch bei Erneuerbare-Energien-Richtlinie“, überschreibt EURACTIV.com einen Artikel von Dave Keating and Frédéric Simon (übersetzt von Tim Steins). Die Verhandlungsführer des EU-Parlaments und der EU-Mitgliedstaaten hätten sich in der Nacht zum 14.06.2018 gegen 3:30 Uhr auf einen Kompromiss über ein 32-prozentiges Anteilsziel für Erneuerbare Energien in Europa und einen vollständigen Ausstieg aus Palmöl im Verkehrssektor bis 2030 geeinigt, „mit einer Aufwärtsrevisionsklausel bis spätestens 2023“, so der Grünen-MdEP Claude Turmes.

Turmes erinnerte nach dem Abschluss der Gespräche daran, dass Deutschland bei einem Ministertreffen am 11.o6.2018 klar gemacht hatte, mehr als 32 Prozent werde man nicht unterstützen.

PV und Wind – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Verkehrsziel: Palmöl-Ausstieg bis 2030

Ein Schlüsselaspekt des Kompromisses ist das 14-Prozent-Ziel für Erneuerbare Energien im Verkehrssektor bis 2030 – ein Schritt, der einen weiteren Anreiz für die Einführung von Elektrofahrzeugen bieten könnte. Ein Teil des Verkehrsziels sei der Ausstieg aus der Nutzung von Palmöl bis 2030. Dabei sollten zunächst die bestehenden Mengen der Importe beibehalten und dann schrittweise abgebaut werden, so Turmes gegenüber EURACTIV.

Dieser Plan dürfte vor allem Malaysia und Indonesien, die beiden größten Palmölproduzenten der Welt, treffen. Die beiden Staaten hatten bereits mit Vergeltungsmaßnahmen für den Fall eines Verbots gedroht.

Auch die Herstellung sogenannter Biokraftstoffe der ersten Generation wie Ethanol, die auch in EU-Staaten produziert werden, soll auf dem Produktionsniveau der einzelnen EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2020 eingefroren werden und nicht weiter steigen. Für Biokraftstoffe der zweiten Generation, die aus nicht-essbaren Pflanzenkulturen wie Holzresten gewonnen werden, wurde ein entsprechendes Anteils-Ziel von 3,5 Prozent festgelegt.

Ein weiterer heiß diskutierter Punkt in den Gesprächen betraf den sogenannten Eigenverbrauch bei Erneuerbaren Energien – ein Begriff, der sich hauptsächlich auf Solarzellen auf Wohnhausdächern und in kleinen Fabriken bezieht. Anlagen mit einer Leistung bis 25 Megawatt werden dabei von Netzentgelten freigestellt.

Kein Fortschritt bei der Energieeffizienz

Die Verhandlungen seien schlecht gestartet, so EURACTIV weiter: Die separaten Gespräche über die Energieeffizienz-Richtlinie scheiterten am frühen Abend gegen 18 Uhr. Die entscheidende Meinungsverschiedenheit gab es dabei über das endgültige Planziel. Die Vertreter des EU-Parlaments waren nicht bereit, ein Ziel von 32,5 Prozent Energieeinsparung bis 2030 und mindestens 0,84 Prozent jährlich zu unterschreiten. Die bulgarische Ratspräsidentschaft war jedoch der Ansicht, sie habe von den übrigen Mitgliedstaaten kein Mandat, derart hohe Ziele abzusegnen.

Tatsächlich gab es Verwirrung darüber, wie flexibel das Mandat Bulgariens ist, seit bei einem Treffen der Energieminister am Montag in Luxemburg klar geworden war, dass sich die Positionen von Spanien und Italien mit ihren neuen Regierungen geändert haben. Die beiden neuen Führungen wollen höhere Ambitionen in Bezug auf Erneuerbare Energien und Energieeffizienz unterstützten. Turmes zeigte sich jedoch optimistisch und betonte, dass es jetzt eine echte Chance gebe, eine Einigung über die Energieeffizienz-Richtlinie bei einem Botschaftertreffen und einer letzten Runde von Triloggesprächen zu erzielen.

Das Fazit des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy fällt durchwachsen aus:

„Der vereinbarte EU-weite Erneuerbaren-Anteil von 32 Prozent im Jahr 2030 ist zu gering, um klimaschädliche fossile Energieträger in der gebotenen Geschwindigkeit zu ersetzen“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy in einer ersten Einschätzung. „Positiv immerhin: Die Ziele sollen bereits 2023 überprüft und könnten dann möglicherweise nach oben hin nachgebessert werden.“ Zudem sollen Kommission und Mitgliedsstaaten korrigierende Maßnahmen ergreifen, wenn das 32-Prozent-Ziel nicht eingehalten werden kann. „Ein großer Wurf ist das Ausbauziel dennoch nicht – und es ist beschämend, dass vor allem die deutsche Bundesregierung hier offenbar als Bremser aufgetreten ist“, kritisiert Keiffenheim.

Hans-Josef Fell: „EU-Einigung für 32% Erneuerbare Energien bis 2030 bedeutet weiteres beschleunigtes Aufheizen der Erde“

In den Augen des EE-Experten Hans-Josef Fell bedeutet die Einigung „nichts anderes, als dass die Nutzung der klimaschädlichen, schmutzigen und gefährlichen fossilen und atomaren Energien in der EU auch 2030 noch 68% betragen soll“. Ungeheure Mengen Kohlendioxid und Methan würden dann weiter in die Atmosphäre emittiert. Die Energiekunden würden viel zu hohe Energiekosten zahlen, da der Anteil der inzwischen billigeren Erneuerbaren Energien immer noch auf nur auf 32% kommen soll.

Fell: „Die EU verabschiedet sich damit endgültig als offensiver Klimaschutzakteur. Notwendig für einen wirksamen Klimaschutz wäre ein Beschluss von 100% Erneuerbaren Energien gewesen, wie ihn bereits einige Länder in der Welt gefasst haben. Doch auf der politischen EU-Ebene wurde ein solches Ziel nicht einmal diskutiert.“

Wer die Einigung als Erfolg oder ambitioniert ansehe, da der heutige geringe Anteil von 17% Erneuerbare Energien in der EU als Maßstab gelte, (nicht einmal eine Verdopplung in 12 Jahren) übersehe, „dass industrielle Wachstumsprozesse vor allem dann, wenn die ökonomischen Grundlagen gegeben sind, disruptiv exponentiell sind, mit Verdopplungszeiträumen von 6 bis 8 Jahren. Die ökonomische Grundlage ist gegeben, da heute die Erneuerbaren Energien die wesentlich billigere Energieoption gegenüber den fossilen und atomaren sind.“

Deutsche Regierung treibende/bremsende Kraft

Treibende Kraft sei die deutsche Regierung mit Verhandlungsführer Altmaier gewesen. Der habe das (zwar immer noch sehr schwache aber doch in Greifweite gelegene) Ziel von 35% verhindert. „Insgesamt wird die Einigung des Trilogs den Herausforderungen der Erdüberhitzung nicht gerecht und hat auch nichts mit ökonomischer Vernunft angesichts billiger Erneuerbaren Energien zu tun. Es bleibt nun den EU-Bürgern und EU-Firmen überlassen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der EU bis 2030 weit über 32% hinaus in Richtung 100% zu steigern.“

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