Sonderausschreibungen verzögern sich – Altmaier schuld?
„Die besten Jahre für die Erbauer von Windparks in Deutschland sind vielleicht schon wieder vorbei,“ unkte dpa-Autor Eckart Gienke zu Beginn eines am 09.07.2018 von zahlreichen Publikationen in unterschiedlicher Länge nachgedruckten Artikels über die plötzliche Ernüchterung der Windbranche nach dem Höhenflug des vergangenen Jahres. Als Ursachen hat die Branche politische Vorgaben und Regelungen ausgemacht.
2017 wurden 1792 neue Windräder (mit 5,2 GW Leistung) aufgestellt; dieses Jahr rechnet der Bundesverband Windenergie mit einem Drittel Zubau weniger (<3,5 GW), dessen Geschäftsführer Strategie und Politik Wolfram Axthelm fürchtet, 2019 würden „noch weniger neue Anlagen gebaut, die Pipeline ist weitgehend leer“.
Offshore gingen 2017 nach dpa-Angaben 222 Windgeneratoren (1,25 GW) in Betrieb; aber auch hier nehme das Tempo ab. Aktuell seien zwei Windparks (780 MW) im Bau und fünf weitere Projekte mit rund 1,5 GW geplant. Mehr sei bis Ende 2020 gesetzlich nicht möglich.
Schuld am rückläufigen Ausbautrend sind nach Verbandsmeinung politische Vorgaben und Regelungen. Mit der jüngsten EEG-Reform wurden Ausschreibungsverfahren für neue Windkraftanlagen eingeführt und das Volumen begrenzt. An Land seien Bürgerwindparks privilegiert behandelt wurden; sie erhielten dadurch fast alle Zuschläge. Doch lange Fristen bis zur Umsetzung der Bauvorhaben machen es unklar, wann die Windparks – wenn überhaupt – gebaut werden.
Weil der Offshore-Ausbau gedeckelt wurde und vom Netzausbau an Land abhängt, an Land errichtet werden, fordert die Branche, unterstützt von den norddeutschen Bundesländern und den Gewerkschaften, den Ausbaudeckel bis 2030 von 15 auf 20 GW anzuheben. Gegenwärtig laufen in Nord- und Ostsee 1169 Anlagen mit 5,4 Gigawatt Leistung.
Die Koalitionsparteien haben vereinbart, dass bis 2030 mindestens 65 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energien stammen sollen – ein Prozentsatz, der ohne massiven Ausbau der Windkraft und der Stromnetze nicht erreichbar sein dürfte. Für die Windkraft an Land stehen deshalb Sonderausschreibungen von 4 GW für 2019 und 2020 im Vertrag, für die Offshore-Windenergie keine konkrete Zahl. Diese Sonderausschreibungen haben aber noch nicht einmal angefangen. Noch am 04.07.2018 schrieb Sandra Enkhardt in pv magazine: „In einer Bundestagsdebatte forderten Vertreter von SPD und Grünen den Bundeswirtschaftsminister erneut auf, endlich die versprochenen Sonderausschreibungen für Photovoltaik-Anlagen und Windparks an Land auf den Weg zu bringen. Altmaier wollte sich darauf aber nicht festnageln lassen und will sich lieber erst um die Netze kümmern. ‚Wir müssen die Lücke zu unseren Klimaschutzzielen schnellstmöglich schließen. Ein ganz wichtiger Beitrag dazu wären die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Sonderausschreibungen für Windkraft- und Solaranlagen‘, erklärte SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Und ihr Fraktionskollege Matthias Miersch ergänzte in Richtung der Union: ‚Die SPD steht komplett, wenn es um Sonderausschreibungen oder Klimaschutz geht. Und wir haben als ersten sehr konkreten Schritt Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Onshoreenergie vereinbart. Das, was wir in den bisherigen 100 Tagen erlebt haben, ist nicht die Einlösung des Koalitionsvertrages‘. Die SPD hatte die kurzfristige EEG-Novelle blockiert, die Altmaier noch vor der Sommerpause durchs Parlament bringen wollte, weil dort die Sonderausschreibungen nicht enthalten sind.“
Obwohl die Zeit drängt, ist immer noch nichts passiert: „Die gesetzliche Konkretisierung fehlt“, so Axthelm fast verständnisvoll zu dpa, „die Parteien hatten andere Herausforderungen, und da ist wohl einiges liegen geblieben….“
->Quellen:
- augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/Windenergie-steht-vor-deutlichem-Rueckgang
- greenpeace-magazin.de/windenergie-ausbau-kommt-ins-stocken
- neues-deutschland.de/windenergie-droht-die-puste-auszugehen
- handelsblatt.com/experten-erwarten-gebremsten-ausbau-von-windenergie
- pv-magazine.de/altmaier-kein-termin-fuer-sonderausschreibungen
- spiegel.de/windkraft-ausbau-in-deutschland-verlangsamt