Meeresspiegelanstieg gefährdet Internet

Unterirdische Infrastruktur könnte bald ausfallen

Tausende Kilometer erdverlegter Glasfaserkabel in den dicht besiedelten Küstenregionen der Vereinigten Staaten könnten bald unter Wasser stehen, befürchtet eine neue Studie von Forschern der Universitäten von Oregon und Wisconsin-Madison – schrieb Terry Devitt am 16.07.2018 auf deren Webseiten. Die Studie wurde bei einem Treffen von Internet-Netzwerkforschern präsentiert und nennt kritische Bereiche der Kommunikationsinfrastruktur, die schon in 15 Jahren von der steigenden See überflutet werden könnten, so Informatik-Professor Paul Barford, leitender Autor der Studie.

Vom Meeresspiegelanstieg bedroht – New York, Süd-Manhattan – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Die meisten Schäden, die in den nächsten 100 Jahren auftreten werden, werden eher früher als später geschehen“, sagt Barford, eine Autorität im „physischen Internet“ – die verlegten Glasfaserkabel, Rechenzentren, Verkehrsaustausch- und Endpunkte, welche die Nervenzentren, Hauptadern und Knotenpunkte des riesigen globalen Informationsnetzes sind. „Das hat uns überrascht. Wir erwarteten, dass wir 50 Jahre Zeit haben würden, es zu planen. Wir haben keine 50 Jahre.“

Die Studie, die mit Barfords ehemaligem Studenten Ramakrishnan Durairajan (jetzt Universität von Oregon), und Carol Barford (Leiterin des UW-Madison’s Center for Sustainability and the Global Environment) durchgeführt wurde, ist die erste Bewertung des Risikos des Klimawandels im Internet. Es deutet darauf hin, dass bis zum Jahr 2033 mehr als 4.000 Meilen erdverlegte Glasfaserleitungen unter Wasser liegen und mehr als 1.100 Verkehrsknotenpunkte wasserumspült sein werden. Die anfälligsten US-Städte sind laut dem Bericht New York, Miami und Seattle, aber die Auswirkungen wären nicht auf diese Gebiete beschränkt, sondern würden sich über das Internet ausbreiten, sagt Barford – das könnte die globale Kommunikation stören.

Die Peer-Review-Studie kombinierte Daten aus dem Internet-Atlas, einer umfassenden globalen Karte der physischen Struktur des Internets und Projektionen des Eindringens des Meeresspiegels durch die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Ein Großteil dieser Infrastruktur liegt unter der Erde und folgt etablierten Wegerechten, typischerweise parallel zu Autobahnen und Küstenlinien, sagt Barford. „Als sie vor 20 bis 25 Jahren gebaut wurde, wurde nicht an den Klimawandel gedacht.“

Viele der gefährdeten Leitungen befänden sich bereits auf Meereshöhe und es bedürfe nur eines leichten Anstiegs des Meeresspiegels aufgrund von schmelzendem Polareis und thermischer Ausdehnung infolge des Klimawandels, um unterirdische Glasfaserkabel dem Meerwasser auszusetzen. Hinweise auf die kommenden Probleme, sagt Barford, können in den katastrophalen Sturmfluten und Überschwemmungen gesehen werden, welche die Hurrikane Sandy und Katrina begleiteten. Erdverlegte Glasfaserkabel sind zwar wasserresistent, aber im Gegensatz zu den Seekabeln, die Daten unter den Ozeanen von Kontinent zu Kontinent transportieren, sind sie nicht wasserdicht.

Vor allem die  großen Ballungszentren an den Küsten sind laut Barford gefährdet, die gleichen Orte, an denen die transozeanischen Seekabel an Land gehen. „Die Landepunkte werden in kurzer Zeit alle unter Wasser sein“, bemerkt er. Darüber hinaus konzentrieren sich viele Daten auf eine kleine Anzahl von Glasfasersträngen in großen Ballungszentren wie Miami oder New York, einer der laut Studie verwundbarsten Städte.

Die Auswirkungen von Schutzmaßnahmen wie z.B. Deiche seien schwer vorherzusagen. „Die erste Spontanreaktion wird sein, die Infrastruktur zu sichern“, sagt Barford. „Aber das Meer in Schach zu halten, ist schwer. Wir können wahrscheinlich ein wenig Zeit gewinnen, aber auf lange Sicht wird es einfach nicht effektiv sein.“

Neben der Gefährdung der Nah- und Fernverkehrs-Infrastruktur in den Küstengebieten des Landes wurde in der Studie auch die Gefährdung der unterirdischen Vermögenswerte einzelner Internet Service Provider untersucht. Die Netzwerke von CenturyLink, Inteliquent und AT&T sind demnach am stärksten gefährdet. Die Ergebnisse der Studie, argumentiert der Informatiker aus Wisconsin, sollen der Industrie und der Regierung dienen. „Das ist ein Weckruf. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir dieses Problem angehen können.“

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