Forschungsprojekt REGEES untersucht Marktdesign und Netzbetriebsführung für künftige Stromnetze
Für die vollständige Netzintegration Erneuerbarer Energien müssen alle Synergien zwischen den Marktteilnehmern erkannt und genutzt werden. Dann lässt sich die Stromerzeugung weitestgehend auf erneuerbare Energien umstellen. Zu diesem Ergebnis kommt das Projekt REGEES. Im Zuge dieses Projekts hat das Fraunhofer IOSB gemeinsam mit dem Fraunhofer IFF, der TU Ilmenau, der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Siemens AG nach neuen und innovativen Wege gesucht, wie ein solches erneuerbares und dezentrales Energiesystem betrieben werden muss.
Im Forschungsprojekt REGEES – der Name steht für Regeneratives Elektrisches EnergieSystem – geht es um die Entwicklung optimaler Betriebs- und Regelungsstrategien für das zuverlässige elektrische Energieversorgungssystem in Deutschland. Dabei soll die bis zum Jahr 2030 bestehende Einspeisung aus erneuerbaren Energien vollständig integriert werden. In REGEES hat ein Konsortium des Fraunhofer IFF, der TU Ilmenau, der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der SIEMENS AG unter der Leitung des Fraunhofer IOSB-AST Ilmenau erfolgreich nach Antworten zu diesen Problemfeldern geforscht.
Bisher behandelt der liberalisierte Strommarkt das elektrische Netz als sogenannte „Kupferplatte“. Das heißt, der Markt lässt alle Strommengen weitestgehend frei gehandelt werden, obwohl das dahinterliegende elektrische Netz physikalischen Grenzen unterliegt. In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt „REGEES“ hat sich ein Konsortium aus Forschung und Industrie zusammengefunden, um neue und innovative Wege zu finden, wie ein solches erneuerbares und dezentrales Energiesystem betrieben werden muss.
Allein im gesamten Jahr 2017 wurden laut Bundesnetzagentur über 20 Milliarden Kilowattstunden an Redispatch-Maßnahmen, das heißt ungeplante Eingriffe der zuständigen Übertragungsnetzbetreiber in die Stromproduktion von Kraftwerken, durchgeführt. Das entspricht in etwa dem Jahresbedarf von 5,7 Millionen Haushalten. Gleichzeitig wurden über 5,5 Milliarden Kilowattstunden erneuerbarer Strom aufgrund fehlender Netzkapazitäten im Rahmen des so genannten Einspeisemanagements (Einsman) heruntergeregelt.
Kernstück der Arbeiten waren die koordinierte ÜNB-VNB-Netzbetriebsführung, also das Zusammenspiel zwischen Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber. Dabei wird eine Eigenschaft des erneuerbaren Energiesystems berücksichtigt: Der Großteil der dezentralen Erzeuger ist in Verteiler-Netzebenen angeschlossen und stehen dem Übertragungsnetzbetreiber nicht direkt für die Regelung zur Verfügung. Bei den Arbeiten in REGEES ging es daher zum Beispiel um den koordinierten Einsatz vorhandener Flexibilitäten wie Energiespeicher oder schaltbare Lasten zum Nutzen der Übertragungs- und Verteilernetze. Mit den in REGEES entwickelten Methoden kann ein Übertragungsnetzbetreiber die Flexibilität von Anlagen in einem unterlagerten Verteilernetz nutzen, ohne dass es dadurch zu kritischen Zuständen im unterlagerten Netz kommt. Selbst bei hohen Anteilen von erneuerbaren Energien kann das Gesamtsystem zukünftig sicher betrieben werden.
Die dabei im Rahmen von REGEES neu entwickelten Betriebsführungsstrategien sind einerseits die optimale Koordination von Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber sowie die horizontale Netzführung innerhalb einer Spannungsebene. Dabei steht die Nutzbarmachung von netzdienlichen Freiheitsgraden in allen Netzebenen im Fokus. Der zweite Forschungsschwerpunkt lag auf der koordinierten Markt-Netz-Betriebsführung: Hierzu werden die Kapazitäten relevanter Netzverknüpfungspunkte bereits vom Handel bei der Strombeschaffung berücksichtigt. Der Bilanzkreis eines Stromhändlers deckt dabei nicht nur den Bedarf seiner Kunden ab, sondern beachtet auch netzdienliche Aspekte. Ein Ergebnis von REGESS war allerdings auch, dass Eingriffe bzw. das Abschalten von Erneuerbaren-Energien-Anlagen nicht immer vermeidbar sind.
Projektleiter Prof. Peter Bretschneider: „Das Projekt REGEES zeigt, wie wir unser ambitioniertes Ziel, die Stromerzeugung in Deutschland weitestgehend auf Erneuerbare Energien umzustellen, erreichen können. Das gelingt jedoch nur, wenn alle Synergien zwischen den beteiligten Akteuren, seien es Netzbetreiber, virtuelle Kraftwerke oder Stromhändler, erkannt und genutzt werden.“ Als weiterer Baustein für die Koordination eines optimalen Gesamtsystems kamen virtuelle Kraftwerke zum Einsatz. Mit den passenden netzdienlichen und netzbetreiberunterstützenden Konzepten können sie ebenfalls dazu beitragen, den Anteil von Windkraft und Photovoltaik im bundesweiten Strommix zu erhöhen.
Die entwickelten innovativen Betriebskonzepte müssen auch in den Leitwarten der Zukunft intelligent umgesetzt werden. Dabei geht es um die Berechnung und Verwendung von Potenzialen aus verteilten Erzeugungseinheiten, Lasten oder Speichern, die netzdienlich abgerufen werden können ohne die Kapazität der Netze zu überlasten. Die dafür entwickelten Leittechnikapplikationen sind prototypisch im Leitsystem „Spectrum Power“ der SIEMENS AG integriert und können demonstriert werden.
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