Ökostrom-Streit in der Bundesregierung eskaliert
Seit Monaten blockiere die Union den im Koalitionsvertrag vereinbarten Ökostrom-Ausbau. Nun schieße die CDU erneut gegen die Windenergie: Ohne größere Abstände von Windrädern zu Häusern gehe nichts, auch die Privilegierung im Baurecht müsse fallen, schrieb Clemens Weiß am 14.08.2018 im Portal energiezukunft.
„Die Forderungen aus der CDU haben das Potenzial, die Windenergie in Deutschland in ein tiefes Tal zu befördern. Denn was geschehen kann, wenn die Abstandsregelungen zu Wohngebäuden erhöht werden, lässt sich eindrucksvoll in Bayern beobachten. Dort hatte die CSU gegen großen Widerstand die sogenannte 10H-Regelung durchgedrückt. Seitdem müssen neue Windräder mindestens den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zu Wohnhäusern einhalten, in der Regel sind das 2.000 Meter. Die Folge: Seit 2013 gingen die Anträge für neue Windräder um 99 Prozent zurück, im vergangenen Jahr waren es lediglich vier.
Entsprechende Forderungen hatte Carsten Linnemann zuvor erhoben, Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag und Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Partei. Und er ging noch weiter: ‚Meines Erachtens sollten wir auch die im Baugesetzbuch verankerte Privilegierung von Windrädern abschaffen‘, sagte er nach Angaben der Rheinischen Post. Ihm gehe es darum, den Kommunen wieder die Planungshoheit für den Windkraftausbau zu überlassen.
Ausgang ungewiss
Damit befeuert Linnemann erneut einen ohnehin festgefahrenen Streit innerhalb der Großen Koalition. Das Brisante: Union und SPD konnten sich noch nicht einmal einigen, das umzusetzen, was sie im Koalitionsvertrag beschlossen hatten. Die neuen Forderungen erschweren nun den gesamten Prozess, Ausgang ungewiss. Zumal die CDU/CSU-Fraktion offenbar wenig Wert auf gemeinsame Beschlüsse legt.
Im Kern ging es bislang um Sonderausschreibungen für neue Solaranlagen und Windkraft an Land im Umfang von je 4.000 Megawatt, sowie einen noch nicht benannten Beitrag für die Offshore-Windenergie, verteilt auf die Jahre 2019 und 2020. Damit sollte die gewaltige Lücke zum Erreichen des Klimaziels 2020 ein wenig geschlossen und die heimische Windindustrie vor einem zu großen Einbruch geschützt werden. Die Union blockiert die Umsetzung allerdings mit Verweis auf den schleppenden Netzausbau, zudem will sie die Ausschreibungen – wenn überhaupt – dem Vernehmen nach über einen längeren Zeitraum strecken.
Die SPD versteht die Welt nicht mehr
Es wäre fahrlässig, jetzt Flächen für die Windkraft herauszunehmen. In der SPD herrscht Unverständnis und das nicht erst seit den neuesten Äußerungen des Koalitionspartners. Bernd Westphal, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der Fraktion, sagte laut der Zeitung, man werde die von der CDU geforderten größeren Abstände für Windräder zur Wohnbebauung nicht mittragen. ‚Wir müssen bei den Erneuerbaren rund fünf Gigawatt ab 2020 jährlich zubauen, um den Kohleausstieg zu kompensieren. Unser Ziel sind 65 Prozent Erneuerbare am Stromverbrauch bis 2030. Es wäre fahrlässig, jetzt Flächen für die Windkraft herauszunehmen‘.
Damit spielt Westphal auf ein weiteres gemeinsames Ziel der Großen Koalition an, ohne das sämtliche Klimaziele nicht zu erreichen sind: Bis 2030 sollen die Erneuerbaren Energien 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs abdecken. Derzeit sieht es so aus, als ob CDU und CSU alles dafür tun, dieses Ziel nicht zu erreichen.“ cw
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